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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 30.1912

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Nr. 3
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Fischer, J.: Erziehung und religiöse Kunst, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.16252#0031

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24

sehen sie sonnenklar, so wie der allwissende
Gott sie sieht. Keines hat Ursache, den
Blick zu fürchten. Keinem bereitet der
Blick ans die Seele des andern eine Ent-
tänschung. Nein, noch viel schöner als
der verklärte Leib ist die heilige Seele.
Prächtiger als der Kranz ans km Haupte
ist der Kranz der Unschuld und der guten
Werke, der die Seele schmückt. Und diese
Schönheit, diese Freude, dieses Glück, dieser
Reichtum, sie dauern ewig. Hätten die
beiden glücklicher wählen können?"

Oder man steht vor dem Aschermittwoch
und will die Zeremonie der Aschenweihe
erklären. Man könnte das
zur Abwechslung im An-
schluß an das Bild im
„Sonntagsblatt" (1914
Nr. 10). Ihr seht hier
einen Priester die Asche
ansteilen. Was er spricht,
steht in großen Buchstaben
ans bem freien Raum in
der Mitte gedruckt. Ihr
seht es aber auch unten
im Bilde dargestellt. Da
trägt man einen Sarg
herbei. Wer war wohl
der Tote? Ich denke, er
war einmal ein reicher,
mächtiger Mann. Nebenan
liegen Stücke von Säulen
und schön behauenen Stei-
nen. Sie gehörten zu
dem stolzen Palaste, den
sich der Gestorbene zur
Wohnung erbaute. Ueber-
mütig mag er damals
das Haupt erhoben und
die Erde keines Blickes ge-
würdigt haben. Aber es kam ein Tag,
der den stolzen Ban in Asche legte. Die
Säulen zersprangen und die Mauern fielen
jämmerlich zur Erde. Arm stand der
Verstorbene da rvie ein Bettler. Wie
mochte das Unglück den gestürzten Großen
drücken und niederbengen! Vom König
Saul wissen wir, daß er nach seinem
Sturze nicht mehr leben konnte rrnd Selbst-
mord beging. Anders der Verstorbene.
Er sehnte sich trotz allem nicht nach dem
Tode. In den Ruinen seines Palastes
regte sich neues Leben. Wo zuvor die
prächtigsten Zierpflanzen prangten, sproß-

ten Dornen ans und trieben lebenslustige
Rosenblüten. So gewann auch der Heim-
gesuchte neue Freude am Lebeu. Aber
die stürzenden Ruinen knickten die Rosen-
dornen und begruben sie in ihrem Fall,
den ehemaligen Besitzer dieses Bodens
aber trägt man int Sarg daher. Schon
öffnet sich die Erde, unr ihn irr ihrem
Schoße aufzunehnren. Nur ein Kreuz
wird ihm bleiben von feinem Reichtum.
Und ich weiß auch eine Inschrift für
dasselbe:

,.Erde ging über die Erde,

Glänzend wie gleißend Gold.

Erde ging in die Erde,
Früher als sie gewollt.

Erde baute auf Erde
Türme und stolze Hallen.
Erde sprach zu der Erde:
„Mir ist alles verfallen!"
(Schottische Grabinschrift,
übersetzt v. Fr. W. Weber.)

Jawohl, der Mensch
ist Erde, ist Staub und
wird ivieder mit all sei-
nent Reichtum zu Staub
und Asche werden, wer
weiß, wie bald! Das will
der Priester mit seiner
Zeremonie und mit seinen
Worten beit Gläubigen
sagen. Einige haben das
nicht notwendig. Seht
den jungen Manu, der
die Asche schon empfangen
hat! Warum vergräbt
er denn sein Gesicht wei-
nend in den Händen? Ist
etwa sein jllnges Weib
weggestorben kllrz nach der
Hochzeit? Auch der Greis
mit dem weißen Bart und dem Kahlkopf,
der eben die Asche bekommt, weiß wohl,
warum er so ernst sein Haupt niedersenkt.
Und doch, das junge, blühende Mädchen
daneben zeigt nicht weniger Ernst. Es
denkt wohl: „Der Tod macht keilten Unter-
schied. Noch vor dem ältesten Greis kann
ich sterben. Ich will eine kluge Jnng-
frall seili ltnb mich bereit halten" usw.

Eine liebevolle Einführung in die von
der Kunst mit Vorliebe dargestellten Le-
genden wäre schon ans apologetischen
Rücksichten angezeigt. In einer Stadt
unseres Lalides erklärte der akademisch

Weihwasserkesselchen von I. Selb.
 
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