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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 30.1912

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Nr. 6
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Wunder, ...: Die Wiesensteiger Glocken, [2]: ein Beitrag zur vaterländischen Glockenkunde
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https://doi.org/10.11588/diglit.16252#0067

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58

ja kurz vorher (1693) das herrliche zwölf-
stimmige Obermarchtaler Geläute gefertigt,
milbestimmend war wohl auch der kon-
fefsionelle Gegensatz: die Nosier wareu
katholisch, Erust dagegen Lutheraner.
Kanonikus B u l l i n g wandte sich auch
wegen der zu gießenden Glocken unr Rat
ans Kloster Ober mar chtal und bekam
bis ins einzelste gehende Ratschläge betreffs
Zusammensetzung des Glockenmaterials,
Aufziehen der Glocken tlsw., und zwar von
?. Norbertus Thail. Dieser schreibt:

„Nehme man gemeines Zinn, so sei das Ver-
hältnis von Kupfer und Zinn — 75 : 25, nehme
man aber englisches Zinn, dann 80—20. Zuo
Marchthal scindt die Glockhen völlig inwendig
des Thurms hinaufgezogen worden. Die neuen
Seiler waren in doppelter Höhe des Thurmes
oder Länge gemacht worden. Durch diesen mo-
dum ist, Deo sint laudes, alles glücklich von
Statt gairgen. So ich euch nochmal von Hertzen
grundt wünsche und mich gehorsamblich befehle."

Die vier neuen Glocken, ein „musikalisch
Geläut in Seknudetl", ivogen zusammen
92 Zelitller, die große 38, die ziveite 25,
die dritte 17 und die vierte 12 Zentner.
Zll diesen 92 Zentnern lieferte das Stift
12 Zentner Metall durch Drangabe der
Nosierschen Glocke von 1655. Das übrige
Metall, 80 Zenlner, wllrde voul Stift in
Ulnl gekauft, so erhielt z. B. Johanlr
Jakob Holl in Ulm 1116 fl. 13 kr. für
2880 Pfund geliefertes Kupfers. Die
Mischung von Kupfer und Zinnwar 70:30.
sDas wäre auffallend viel Zinn; nach
Herders Konversationslexikon (s. v. Glocke)
werden heutzutage 77—80°,o Kupfer und
20—23°/o Zinn genommen; den hellsten
und reinsten Klang ergeben 78°/« Kupfer
und 22°,'o Zinn.) Das Glockenmetall
kostete znsalnmetl 3269 fl.; für das Gießen
bekamen Johann de Röster lutb Joseph
Jullian für den Zentner 6 fl. 15 kr.,
ztlsanllnen 575 fl. Gegossen wurden die
Glocken in JchetlHallse n bei Günzburg.
Die Klöppel verfertigte Hans Balthasar
Schleicher, sie wogell 310 Pfund nlid
kosteten 155 fl. 48 kr.; das Eisen hiezu
lieferte die Eisenhütte in Königsbronn;
12 fl. bekommt der Bürgermeister von
Boll für gelieferte Eichen §u den Glocken-

0 Vou Kirchheim u. Teck wurden 325 Pfund
Kupfer gekauft, dasselbe wurde aber nicht ver-
wendet und soll an den Magistrat in Backnang
verkauft werden. Das Langhaus der Kirchheimer
Stadtkirche wurde 1690 durch Brand zerstört,
dabei zerschmolzen auch die Glocken.

stühlen. Die Schlosferarbeitell hiezu fertigte
Johann Oltner, Schlosserliieister von
Gmünd. Jur ganzell mag das Stift
co. 4100—4200 fl. Auslagen gehabt haben.

Auch über die Tilgung dieser Kosten
geben die Akten Aufschluß. Erhalten ist
z. B. ein Zettel mit einem Koste n-
tit gnngsp tan, da heißt es:

80 Zenlner Glocken kosten das Metall 3260 fl.

Dazu bezahlt der Dekan allein . . 500 fl.

unter der Bedingung, daß ihm alle
Glocken bei seinem Absterben geläutet
werden.

Der Hospital leiht ohne Zins auf
drei Jahr. 300 fl.

Die Klosterfrauen leihen. 300 fl.

H. Propst Teil sollte betragen . , 500 fl.

Die Bruderschast.100 fl.

Item sollte doch auch der Spital app-

licieren. 60 fl.

Die Bürgerschaft und der Pfarrer . 100 fl.

zusammen 1860 fl.
restiert noch 1400 fl.

Diese 1400 ft. wurden durch Anleihen
gedeckt; so erhob das Stift im Jahre 1694
vvlll Kloster Urspring 1000 fl.

B o ll d i e s e n v i e r G l o cke ll ist u u r
mehrei n e, d i e z w e i t e, i m u r f p r ü ll g-
lichell Zustalld vorhall den, alle
übrigen mlißten umgegossen werden. Die
große Glocke mit tanger Inschrift zer-
sprang 1834 ilild wurde im selben Jahr
voll Heinrich Kilrz, Glockengießer in
Stuttgart, nlilgegosseli. Die alte
Inschrift lautete Z: „A fulgure et
tempestate — Libera nos Domine.
Anno salutis 1694 in honorem ssae
Trinitatis, Mariae magnae matris, Vir-
ginis, et S. Josephi, sponsi Deiparae
et S. Cyriaci Mart. Titularis et ali-
orum compatronorum Collegii Eccle-
siae Wiesensteig. Francisc. Frideric.,
com. a Wolkenstein, praepos., Joan.
Jacob. Sutor, lic. d.ecan., Francisc.
Ziegler lic. sen. can. Joan. Heberle,
lic. can. par. M. Joan. Scheicher,
Theologiae ex. can., M. Joan. Bulling,
can , M. Georg. Jacob can., M. Chri-
stoph. Willib. Schmid a Wellenburg,
can. Joan. Bapt. Rieger, lic. can.
fundi curarunt.

Wappen.

Der Umguß geschah auf Kosten des
württembergischen Staates, obwohl der-
selbe feilte Baupflicht an der Stiftskirche

>) Nach der Pfarrchronik Wiesensteig.
 
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