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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 30.1912

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Nr. 6
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Wunder, ...: Die Wiesensteiger Glocken, [2]: ein Beitrag zur vaterländischen Glockenkunde
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Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.16252#0068

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59

hatte'. Der damalige wieseusteigische
Kameralverwalter Friedrich Bauer hatte
die Sache bei der Negierung warm be-
fürwortet, weshalb sein Name auch auf
der ueugegosseueu Glocke angebracht wurde.
Die Inschrift tautet nämlich: In

honorem S. Josephi. Regnante Gui-
lielmo, augustissimo et clementissimo
rege Württembergiae auspice Fre-
derico Bauer, reg. cam. h. looi
praeposito, testantibus Joan. Ev.
Brander, civitatis parocho, Cyriaco
Baumeister, civitatis praefecto. Auf
der anderen Seite: Heinrich Kurz, Glocken-
gießer in Stuttgart 1884.

Gegossen wurde die Glocke am 23.Septem-
ber, fallt in Wiesensteig an am Samstag
den l8. Oktober abends 6 Uhr, wurde
geweiht am 19. Oktober, Kirchweihsouu-
tag, wurde am Dienstag den 21. Oktober
abends 5G Uhr aufgezogen, am darauf-
folgenden Mittwoch mittags 12 Uhr zum
erstenmal geläutet. Die Glocke hat einen
sehr schönen, runden und vollen Ton.

Die zweite Glocke von Röster hat
folgende Inschrift: A peste, tarne et
bello libera nos Domine. 1694. In
honorem sacrae familiae Jesu Mariae
et Josephi. Durch das Feuer sind wir
verflossen. Joh. Rosier und Jos. Jullien
haben uns vier gegossen1). Diese Glocke
ist noch urspuinglich erhalten, die einzige
von den vier Rosierschen Glocken von
1694, sie hat ebenfalls einen sehr schönen
Klang.

Die dritte Glocke batte folgende In-
schrift: ln hon. B. Mariae Virg. ch
Maria, Gottes Caelle — nimb in
dein Huth, was ich erschelle: A
subitanea et improvisa morte libera
nos domine. 1694. Sie zersprang im
Jahre 1891 und wurde im Jahre 1693
von Kourad Zoller in Biber ach
umgegossen. Jetzige Inschrift: Ave

Maria, gratia plena. Auf der andern
Seite Bild Mariä Verkündigung. Die
alte Glocke muß ebenfalls sehr schön
geklungen haben; die Wiesensteiger hatten
noch lange „Heimweh" nach ihr und
konnten sich für den Ton der neuen gar
nicht begeistern.

1j. Danach wären die Angaben in den „Kirch-
lichen Kunstaltertümern" zu korrigieren.

Die vierte Glocke hatte folgende In-
schrift: In honorem Z. Gyriaci Mart.
Collegiatam ecclesiam tuam conser-
vare, exaltare eique pacem et veram
concordiam impetrare dignare pa-
trone gloriosissime! anno 1694. Sie
zersprang im Jahre 1841 und wurde im
Jahre 1842 nmgegossen von Friedrich
Ktirz in Stuttgart, und zwar wie
die große Glocke ebenfalls auf Staats-
kosten. Die Pfarrchrouik bemerkt noch
hiezu: „Herr Kameralverwalter Frank nahm
sich sehr tätig an, diese hohe Begünstigung,
den Umguß der Glocke von der König-
lichen Regierung zu erhalten."

Literatur.

Bibel-Bilder. Gedanken zur religions-
pädagogischen Wertung biblischer Kunst
von Br. Alfons Heil mann. Kempten
und München 1911. Preis M. 3.50.

Das Erscheinen des Büchleins ist in doppel-
ter Hinsicht erfreulich. Noch vor wenigen Jahren
hätte diese zündende Werbeschrift entweder gar
nicht erscheinen können, oder sie wäre zur An-
klageschrift geworden. Die Zeiten haben sich in
mannigfacher Hinsicht etivas geändert. Wer sich
davon überzeugen will, der mustere nur die zahl-
reichen Proben und lese die beiden Abschnitte
„Das Angebot" ffür Kinder) und „Was man
uns bietet" (fürs Volk)!

Neben dem Reichtum erfreut uns die treff-
liche Art der Zusammenstellung. Heilmann ist
geschickter Essayist. Er darf sein Gutachten im Gegen-
satz zum Reklamezettel, bezeichnen als ein „unab-
hängiges, auf dem Gesamtmaterial des heutigen
Bilderangebotes gegründetes Urteil". Und gleich-
wohl, wie angenehm sticht dieses keck zugreisende
Lob aller positiven Leistungen ab von dem vor-
sichtig orakelhaften Beifall mancher Kritiker!

Der Beachtung wert ist vor allem der prin-
zipielle Teil der Schrift. Gleich die beiden ersten
Abschnitte „Bild und Seele", „Bild rnrd Religion"
liefern uns eine wirksame Apologie der christ-
lichen Offenbarung und ihrer Gestalt in der
katholischen Kirche. Sie machen das Werkchen
für jeden Gebildeten wertvoll, mag er auch deui
übrigen Inhalt kein aktuelles Interesse entgegen-
bringen. Einen Einwand möchte ich nur des-
halb erheben, weil diese Ausführungen die
Grundlage für die Stellung zur biblischen Kunst
bilden sollen. Mit vollem Recht betont der Ver-
fasser den anschaulichen Charakter der Offen-
barung. Aber die Anschaulichkeit ist kein Selbst-
zweck. Daneben darf man nicht vergessen, daß
das Ziel der Anschauung in den festen reli-
giösen Begriffen und Ueberzeugungen des reli-
giös erleuchteten Verstandes liegt. Man darf
auch nicht vergessen die Notwendigkeit des
steten vorbeugenden Kampfes gegen die Augen-
lust und Schau- und Neugierde, der sich durch
die Geschichte der Offenbarung zieht. „Der Tag
des Herrn" kommt über alles, was schön ist,
 
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