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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 30.1912

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Nr. 10
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Beßler, Josef: Die Kanzeln Toskanas aus dem 12. und 13. Jahrhundert, [5]: kunstgeschichtliche Studie
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https://doi.org/10.11588/diglit.16252#0106

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97

wattiges Aufsehen. Kaum waren fünf
Jahre vergangen seit der Vollendung, da
erhielt der Künstler den Auftrag, für die
herrliche Kathedrale zu Siena eine Kanzel
zu erstellen, welche an Glanz itub Pracht
die von Pisa noch übertreffen sollte. Am
1. März 1266 wurde das Werk von
Niccolo in Angriff genommen und unter
Beihilfe seines Sohnes Giovanni und
seiner Schüler Arnolso, Lapo und Donato

in 2 Vs Jahren, November 1268, voll-
endet.

Siena wollte Pisa überlreffen; deshalb
sollte die Sieneser Kanzel reicher ansge-
stattet sein, als die von Pisa. Das ver-
rät sich schon in der Anlage. Wohl ist
sie im Prinzip die gleiche wie bei der
Pisaner. Aber das Sechseck ist in das
Achteck erweitert, und so ist Nanm für
zwei weitere Tafeln gewonnen, ans denen
der bethlehemitische Kindermord und ein
Teil des Weltgerichts dargestellt ist. Wollen

wir zum voraus die Arbeiten dieser Kan-
zel betrachten im Vergleich mit der Pisa-
ner, so zeigt sich ein merklicher Fortschritt:
die Szenen werden dramatischer belebt;
die einzelnen Gestalten sind nach beni Vor-
bild der römischen Sarkophage fast frei
heransgearbeitet nnb zeigen einen gestei-
gerten geistigen Ausdruck. In der natura-
listischen Durchbildung und dramatischen
Belebung sehen wir gleichfalls einen Fort-

schritt. Auch ist die Anlehnung an die
Antike nicht mehr so eng und sklavisch,
wie in Pisa. Dazu treten aber auch
Mängel. Vor allem fällt eine gewisse
Flüchtigkeit und Ungleichmäßigkeit der Ar-
beit ans. Die Köpfe sind im allgemeinen
zu groß, die Gestalten zu kurz gemessen.

Die Kanzel ruht ans 8 Säulen, 7 Eck-
sänlen mtb einer mittleren. Von den
äußeren Säulen stehen je zwei auf schrei-
tenden Löwen und Löwinnen. Die Löwin
gegen Westen hat ein zerrissenes Schaf

Niccolo Pisano, Kanzelrelicf zu Siena. 1260.

(Alls Kehrer, Die hl. drei Königs in Lit. lind Kllnst II (l909) 73.
Mit gütiger Erlaubnis des Verlags von E. ?(. Seemann, Leipzig.)
 
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