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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 30.1912

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Nr. 10
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Escherich, Mela: Zur Geschichte der Paramentik
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Literatur
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Mitteilung
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https://doi.org/10.11588/diglit.16252#0113

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104

Q Einen dritten Meister endlich lernen wir in
der Kasula und den beiden Dalmatiken
— sie scheinen von einer Hand sein — kennen.
Aus den einfarbigen Abbildungen ist die Ueber-
arbeitung späterer Zeit, auf die Schlosser auf-
merksam macht, technisch nicht zu sehen; wohl
aber spricht der Charakter der Zeichnung dafür.
Trotz einiger Derbheit ist auch in diesen Dar-
stellungen erstaunlich viel gegeben. Ein leiden-
schaftlicher Realismus steht im Kampf mit einer
von einem starken Schönheitsgefühl beherrschten
Tradition. Wir sehen uns am Wege von dem
Meister von Flamalle zu Hugo van der Goer.
Die weitausgreifenden Gebärden der Apostel
auf Tabor und des taufenden Johannes haben
schon etwas von den hereinstürmenden Hirten
auf der „Geburt Christi" des van der Goer,
der den Mantel haltende Engel bei der Taufe
Christi gleicht der sanften, schwermütigen Madonna
des Portinarialtares. Aus den übrigen Engeln
spricht der liebliche, neckische Typus, wie ihn
Memllng seinerzeit schuf. Es ist unmöglich, mit
Waagen hier noch Eyck anzunehmen.

Der „burgundische Paramentenschatz", der
uns wieder einmal beweist, wie wichtig es für
die Beurteilung der nordischen Kunst ist, die
außer der Wand- und Tafelmalerei liegenden
Gebiete zu durchforschen, wird nun hoffentlich
das Interesse der Kunstgelehrten in stärkerem
Maße, als es bisher möglich war, auf sich ziehen.
Die Publikation Schlossers, die in der Qualität
der Wiedergaben auf der Höhe moderner Technik
steht, ist daher mit aufrichtigem Danke zu be-
grüßen.

Literatur.

B e r n i s ch e Kirchen. Ein Beitrag git ihrer
Geschichte von Eduard v. Rodt, Archi-
tekt. Mit 100 Jllustr. Bern, Verlag von
A. Francke 1912. Preis drosch. 6.40 M.,
ged. 8 Al. 232 S. Lex.-Okt.

Der Verfasser dieser Schrift ist in der Ge-
schichte des Kantons Bern und der Stadt Bern
zu Hause. „Berns Bürgerschaft und Gesell-
schaften", „Das alte Bern", „Bernische Burgen",
sodann die Bände: Bern im 13. und 14. Jahr-
hundert, Bern im 15., 16., 17., 18., 19. Jahr-
hundert -— diese 9 Bände sind die Vorgänger
des oben angezeigten Werkes „Bernische Kirchen".
Das Buch ist ohne).Vorwort) und eigentlichen
Index, doch findet sich S. 220—228 wenigstens
ein Verzeichnis der Kirchen. In 8 Kapiteln
spricht der Verfasser 1. von den Anfängen des
Christentums in der Schweiz bis zur Entstehung
der ersten Klöster im späteren berauschen Gebiet;
2. von der Entstehung der Kirchen und Klöster
unter weltlichem Protektorat; 3. über kirch-
liche Einkünfte vor der Reformation; 4. von
der Kirchengeschichte bis zur Reformation;
5. von der Reformation und dem Schicksal der
Gotteshäuser; 6. von der Kirchenorganisation
nach der Reformation; 7. vom Kirchenbau vor
der Reformation; 8. vom Kirchenbau^und kirch-
liche Kunst nach der Reformation. In diesen
Abschnitten ist ein reicher Stoff bernischer Kirchen-

geschichte verarbeitet und,bei der ausgezeichneten
Quellen- und Liternturkunde des Verfassers wohl
einwandfrei zur Darstellung gebracht. Auch die
Stellungnahme zu der katholischen Geschichte der
besprochenen Landesteile ist seitens des
reformierten Verfassers im allgemeinen
eine ruhige und leidenschaftslose. Doch der
Satz S. 52: „Eine spezielle Art von Boden-
zinsen war kirchlichen Ursprungs, indem Gläu-
bige zur Erlangung von Sündenver-
gebung ewige jährliche Leistungen in Form
sog. Seelgerät-Zinsen auf ihr Grunreigentum
übernahmen" bezeugt eine bedauerliche schiefe und
unrichtige Auffassung des Verfassers. Es kann sich
bei solchen Stiftungen nicht um Sündenverge-
bung handeln, sondern es handelt sich um die
Hoffnung auf Erlaß von Sünden st ras en.

Den Hauptwert des Werkes sehen wir in den
100 Jllustrationeir und besonders in den Zeich-
nungen und Photographien der einzelnen Kirchen,
deren nicht weniger als 47 ausgenommen sind.
Zu vielen davoir hat der Verfasser selbst die
Zeichnung gemacht. Diese Bilder zeigen uns
ganz interessante Formen von Türmen, Kirchen-
dächern und einzelnen Kirchenteilen. Besonders
charakteristisch erscheinen für das Berner Land
die vielen auf verhältnismäßig niedrigem Stein-
bau überaus lang und spitz zulaufenden Turm-
helme wie in Kerzers, Zweisimmen, Frutigen,
Gsteig, Jegenstorf, Würzbrunnen, Einigen und
vielen andern Orten. Ganz eigenartig sind die
neben betürmten Kirchen stehenden Glockenstühle
von Oberwil und Balin: vollstäirdig frei auf dem
Kirchhof steht das Holzgerüst, das mit einem Zie-
geldach überdeckt ist zum Schutze der Glocken.
Bei den Illustrationen kommt aber nicht bloß
der Architekt zum Wort, sondern auch der Bild-
hauer und Maler, dieser mit Glasscheiben (Wappen-
scheiben, Stifterscheiben, Glasfenster) und einem
Bild des Manuelschen Totentanzes, jener mit
Sakramentshäuschen von Neuenegg, Taufstein
von Amsoldingen, Lettner in Burgdorf usw.
Das Werk wird dadurch in der Tat zu einer-
wahren Denkmälersammlung des Kantons Bern,
die auch für Nichtangehörige dieses Landes des
Wissenswerten und Sehenswerten, des Beleh-
renden und Interessanten überaus vieles bietet.
Und wer vielleicht gar in Bern und im Berner-
Oberland einst weilte, der wird mit Freuden das
Btich des heimatkundigeil Verfassers zur Hand
nehmen, die Reiseerinirerungen auffrischen und
seine Kenntnis des schönen Landes vertiefen.

G m ü n d. Wese r.

irUlteilimg.

Bei der am 23. Okt. abgehaltenen Ausschuß-
sitzung des Diözesankunstvereins wurde u. a. der
Beschluß gefaßt, die nächste Generalversammlung
; 1913) in Sigmaringen abzuhalten. Für die
Ablieferung der Vereinsgabe (Registerband zu
Kuhn) sind noch genaue Personalfeststellungen
zu macheit. Es häirgt von der Exaktheit und
Promptheit, womit diese Feststellungeir durch die
Agenten erfolgen, ab, ob die Verteilung der will-
kommenen Vereinsgabe bald, sicher und glatt
vonstatten gehen kann.

StuttLart, Buchdruckeret der Akt.-Ges. „Deutsches Volksblatt".
 
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