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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 30.1912

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Nr. 11
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Beßler, Josef: Die Kanzeln Toskanas aus dem 12. und 13. Jahrhundert, [6]: kunstgeschichtliche Studie
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https://doi.org/10.11588/diglit.16252#0120

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111

Kreuzes sind die Felsen von Kalvaria itub
der Schädel Adams, über den das Blut
herabfließt. — Die Darstellung offenbart
im großen und ganzen nichts Neues gegen-
über früheren Darstellungen.

6. und 7. Relief: Jüngstes Ge-
richt. — Die Darstellung des Welt-
gerichtes verteilt sich auf zwei Platten.
Dieselben werden verbunden durch die auf
dem vorspringenden Pfeiler thronende
Gestalt des Weltenrichters. Diese Idee
ist sehr gut; denn so tritt derjenige, wel-
cher den Mitte l-
punkt des Ganzen
bildet, in markan-
ter Weise ganz er-
haben arrs der
Szene heraus. Un-
ter Christus sehen
wir das Kreuz mit
zweiEngeln.Rechts
von Christus (ans
dem sechsten Relief)
sind die Gerechten
dargestellt in fünf
übereinander ste-
henden Reihen.

Oben zunächst dem
Richter ist wohl
Maria; in der
zweiten Reihe die
Apostel. Besonders
schön ist die un-
tere Reihe der
Toten, die eben
vom Grab erstehen
lind voll heiligen
Erstaunens und
Freude zum Richter Kanzel in Fuori Ci
emporschauen. Die 311 d'llora von

Gesichter sind fast alle von großer
Schönheit. Mönche, Bischöfe und Könige
drängen sich, iitbem sie zu Christus
anfschailen und darin ihre Seligkeit ge-
nießen. Ein Engel trägt die Lanze und
das Myrrhengefäß. Der Engel auf der
linken Seite (siebtes Relief) hat die Dor-
nenkrone und den Isopstengel mit bem
Schwamm in der Hand. Das siebte Relief
ist aber nicht ganz der Darstellung der
Verdammteil gewidmet; vielmehr ist der
Reinigungsort auch allgedentet. In der
oberen Reihe sehen wir drei Engel, von
denen einer die Verdammten zurückweist.

Ganz oben neben bem ersten Engel ein
herrlicher Porträtkopf eines Gerechten.
In der zweiten Reihe haben wir noch
einige Gerechte, welche nicht verloren
gehen. In der dritten Reihe ist ein vor-
trefflich gelungener betender Mönch, der
inbrünstig unl Errettung von dem ewigen
Tode fleht, aber wohl von bem Engel
abgewiesen wird. Reben ihm ein anderer
Mönch und ein grinsender Teufel. In
! der vierten Reihe sind diejenigen darge-
stellt, welche eben auferstehen und voll
Schrecken gewah-
ren, daß sie ver-
dammt sind. Links
in der Ecke er-
blicken wir den
Teufel mit grin-
sender Maske und
den Gehilfen, wel-
che die Außen-
stehenden quälen
und in die Hölle
hinabziehen. Den
Satan mit feinem
häßlichen Gesicht
hält Flenry(S. 63)
eines Niccolo für-
unwürdig.

Die ganze Dar-
stellnng des Welt-
gerichtes ist von
hoher dramatischer
Kraft und macht
ans den Beschauer
einen gewaltigen
Eindruck. Sie weist
viele vortreffliche
vitos (S. Giovanni) Einzelzüge ans,
Fra Gttgiielmo. offenbart tiefen

Ausdruck und feine Durchbildung. —

Die einzelnen Reliefs sind durch Figuren
getrennt. An der Ecke des ersten Reliefs
steht, das Angesicht zum Aufgang der
Kanzel gekehrt, eine weibliche Figur. Zwi-
schen dem ersten und zweiten Relief steht
eine männliche Figur mit zwei Köpfen
über den Schultern und einem Buch in
der Hand; vielleicht soll diese Gestalt den
Propheten Jsaias darstellen, welcher die
Geburt des Erlösers ans der Jungfrau
voransgesagt hat. Die oben hereinschau-
enden Köpfe gehörten dann zwei anderen
Propheten an. Zwischen bem zweiten
 
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