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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 30.1912

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Nr. 12
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Neuere Entdeckungen auf dem Gebiete der syrischen Kirchenarchitektur, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.16252#0123

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ii4

Merkwürdig ist auch, daß das Schiff der
Kirche kein Fenster aufweist. Nur im ge-
radlinigen Chorraum sind zwei Fenster
angebracht. Auch liier weist die Türurn-
rahinung dieselben Voluten oder Schnecken
an ihrer unteren Endigung auf, welche
wir vorhin erwähnten und auch bei der
Fensterumrahmung und bei der Portal-
konftruktion von KokanLya finden.

6. HLß hat eine der größten Basiliken
der ganzen Gegend. Leider ist uns von
bem ganzen schönen Ban nur noch das
Diakoniknin mit der Mauer des südlichen
Flügels erhalten. Der Grundriß dagegen
ist deutlich erkennbar. Die Kirche war
eine große und hellräumige Basilika. Die
Chorfassade schloß geradlinig ab. Aber
der eigentliche Chorrailin war in Form
eines Halbkreises eingebaut. Prothesis
und Diakonikum reichen seitwärts um ein
Drittel ihrer eigenen Breite über das
Langhaus hervor. Es findet sich hier
das ungewöhnliche Proportionsschema von
5:3 wieder, das eine syrische Kirche des

4. Jahrhunderts zu Midjleyia aufweist.
Ferister und Tore waren reich versehen
mit Leisten und Stäben. lieber bem
Türsturz ist einfach aus dem gewaltigen
Stein heransgeschnitten ein Entlastungs-
bogen. Während De Vogue den Bau
in die früheste christliche Zeit, nänrlich in
das 4. Jahrhundert verlegte, nimrnt
Butler an, daß er erst im Anfang des
6. Jahrhunderts entstanden sei. Er be-
ruft sich für seine Meinrrng auf stilkritische
Gründe, nämlich auf die Gesimse, die
kannelierten Pilaster, die Lage und Ge-
stalt der Fenster, deren Details mit den
Formen des 6. Jahrhunderts überein-
stimmen.

7. Eine Gruppe von syrischen Kirchen
läßt sich noch feststellen, die mit den
übrigen den basilikalen Charakter teilt,
aber einige charakteristische Baueigentüm-
lichkeiten aufweist. Diese letzteren bestehen
darin, daß die Säulen ersetzt sind durch
rechtwinklige große Pfeiler mit ungewöhn-
lich großen Bogenweiten. Schon De Vogue
hat zwei derselben veröffentlicht: Kalb
Lanzeh und Nuweha im Djebel Nlha.
Sie lind dem 6. Jahrhundert zuzuweisen.

Kalb Lauzeh gehört §u den archi-
tektonisch interessantesten Bauten Syriens

und zu den vollendetsten Kirchenbauteil
des christlichen Altertums überhaupt. Ihre
Größenverhältnisse sind die folgenden: die
Bodeilfläche des Jnnereil mißt rund 25
auf 15 Meter, ivas bem Modulus 5:3
entspricht (vgl. Hnß). Interessant ist hier
die Apsiskonstruktion. Die Apsis ist im
Halbkreis über die Westwand hinaus-
gebaut. Vor der Apsis ist durch Mauer-
werk ein Chorraum gebildet, neben dem
links und rechts die beiden Kammern, die
Prothesis und das Diakonikon angebracht
sind, so daß wir also einen vollständig
durchgebildeten Chor haben, wie ihn die
spätere abendländische Knlist kenrit. Die
Fenster sind geradlinig abgeschlossen, das
Dach mit Stein, gedeckt, auf die Deko-
ration ist die größte Sorgfalt verwendet.
Die Außenseite der Apsis war mit einer
doppelteil Reihe von Säulen geschmückt,
die besollders schöne Kapitäle aufweisen,
wie wir sie alls bem späteren 12. Jahr-
hundert in der Jsle de France erst wie-
der finden. Obwohl die Fenster selbst
nicht im Halbkreis geschlossen sind, so sind
doch die Fensterumrahnlungen im Halb-
kreis nach oben geschlossen. Imposant
war die Ostfassade mit zwei turmartigeu
Pylonen. Die Kirche gehört der Mitte
des 6. Jahrhlinderts an.

8. Rllweha, die sogeilannte Kirche
des „Bizzos Sohn des Pardos" nach
einer Portalinschrift. Drei enorme Ar-
kadell, ähnlich denen in Kalb Lauzeh,
bilden das Langschiff. Sie rllhen aus
ulächtigell Pfeilern in T-Form. Die
Choranlage weicht, von außen betrachtet,
insofern von bem Vau in Kalb Lauzeh
ab, als die Westwaud geradlinig ab-
schließt, die Apsis also in das Rechteck
eingebaut ist. Von innen betrachtet, kom-
men sie sich ziemlich nahe. Der Chor ist
lies und im Halbkreis geschlossen. Der
ganze Raunl iit hell belichtet dilrch Fen-
ster, die im Halbrund nach oben geschlossen
sind. Das Schiff ist 31,10 rn lang und
17,76 m breit, was einem Verhältnis
von 7:3 entspricht. Auch das ist be-
achtenswert, daß Fenster zu je vier auf
jedes Jnterkolnmnium zusammengruppiert
sind.

Noch drei andere Kirchen, die nach bem
Schema von Kalb Lauzeh gebaut sind,
wurden gefunden, die wir nur noch kurz
 
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