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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 30.1912

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Nr. 12
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Beßler, Josef: Die Kanzeln Toskanas aus dem 12. und 13. Jahrhundert, [7]: kunstgeschichtliche Studie
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https://doi.org/10.11588/diglit.16252#0127

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118

Felde ist noch Mariä Heimsuchung dar-
gestellt. Maria und Elisabeth (nicht Anna,
wie Semper in der Zeitschrift für bil-
dende Kunst VI p. 365 ff. sagt) geben
sich die Hand; hinter Elisabeth steht eine
Dienerin.

2. Relief: Anbetung der Könige.
— Auf dem gleichen zweiten Feld unten
ist dieses vortreffliche Relief dargestellt.
Besonders angenehm fällt uns Maria in
ihrer anmutigen Haltung auf. Der jüngste
der Magier hat auch hier keinen Bart;
die Kronen fehlen. Sie bringen voll An-
mut ihre Gaben dein göttlichen Kinde
dar. Statt des fehlenden Sternes er-
blicken wir den weisenden Engel. Unter
dieser Szene sehen wir zwei Mägde,
welche das Kind baden. St. Joseph sitzt
ähnlich znsammengekanert da wie in Siena,
doch ist feine Haltung etwas freier. Die
Darstellung des Engels, welcher den
schlafenden Joseph weckt, fehlt. lieber
St. Joseph sind drei Hirten dargestellt,
zu denen der Engel spricht, ihnen die
frohe Botschaft verkündet unb auf das
Kind hinweist. Das ganze Relief mit
diesen vielerlei Darstellungen zeichnet sich
aus durch eine wunderbare Symmetrie.
Als Brenn- und Mittelpunkt tritt aus
denl Ganzen heraus die Gottesmutter mit
dem Kind. Bon der einen Seite kommt
das Volk der Inden zur Anbetung, ver-
treten durch die drei Hirten, von der
anderen die Heidenvölker, uertreten durch
die drei Könige, 3)eit drei Hirteil ent-
sprechen die drei Magier, und beide
Gruppen werden durch einen Engel zum
Kinde gewiesen. Unter dem Triklinium
Mariä stehen drei Schafe. Die tradi-
tionelle Vadeszene ist wohl nur der
Spmnietrie lvegen angebracht worden.
Auffallend ist es, daß die Geburt selbst
nicht dargestellt ist wie an den andern
Kalizeln. Unten rechts in der Ecke steht
der Schäferhund. An der Ecke zwischen
Schmal- und Vorderseite drängen sich drei
männliche Figuren zusamnien, ans denen
Paulus (?) besonders heranstritt. Darüber
der Lesepult wohl für die Epistel.

Auf der Unterseite desselben ist wohl
Jesus in einer Mandorla mit zwei schönen
Engeln, die sie halten, dargestellt. Ans
der Vorderseite sind vier Reliefs aus beit
in je zwei Felder eingeleilten Platten an-

gebracht. In der Mitte zwischen den bei-
den Platten steht der Engel des Matthäus
init denr Ochsen, der Evangelist Lukas,
deiir Löivell des Evangekistell Markus §ur
rechten und linken Seite. Ueber feinem
Kopf steht der Adler Johannis mit dem
Lesepult.

3. Relief: Fußwaschnng. — Dieses
Relief ist nicht so gut gelungen wie die
übrigen ans der Vorderseite sich befin-
denden; es hat etwas Gleichförmiges und
Eintöniges an sich. Freilich ist diese
Szene auch schwer darznstellen. Die
meisten Apostel tragen einen Bart; einer
davon fällt durch feinen dicken Kopf auf.
Dagegen ist Christus sowie der Apostel,
denr er eben die Füße wäscht, sehr gut
gelungen. Es sind nur elf Apostel dar-
gestellt, Judas der Verräter fehlt wohl.
Die Bewegung, mit der sich einige
Apostel die Füße abtrocknen, ist ganz an-
mutig und natürlich. Ans derselben Platte
unten findet sich das

4. Relief: Christus am Kreuz.
— Der Gekreuzigte ist nicht mehr so steif
dargestellt wie an den früheren Kanzeln;
auch ist cs bem Künstler gelungen, den
Schmerz ordentlich anszudrücken. Wir
finden bei Johannes und Maria jenes
eigenartige Lächeln hier nicht mehr, das tins
bei der Kanzel Riccolos in Siena und
Pisa ausgefallen ist. Das Bild des Ge-
kreuzigten scheidet die dargestellten Per-
sonen in zwei Gruppen. Links vom Kreuz
stehen die Krieger, die beu Gekreuzigten
verspotten, rechts die Frauen und die
Jünger, die ihn beweinen. Es sind je
acht Figuren ans beiden Seiten. Auf
der linken Seite neben den Soldaten steht
zuletzt noch eine weibliche Figur. Soll
diese vielleicht die Synagoge darstellen?

Durch den Engel des Matthäus und
die Embleme der übrigen Evangelisten
wird die vordere große Platte in zwei
gleich große Felder zerlegt. Auf dein
zweiten Feld ist oben dargestellt als

5. Relief: B e w e i u im gnnd Grab-
legung Je sn. — Diese Szene ist sehr
geistvoll unb schön und atmet innige
Liebe und Zärtlichkeit. Magdalena er-
greift die linke Hand Jesu, Maria küßt
den toten Sohn ans den Mund, Johannes
voll inniger Liebe ans die Hand. Diese
Figtir ergreift ganz besonders, Drei
 
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