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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 31.1913

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Nr. 2
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Beßler, Josef: Die Kanzeln Toskanas aus dem 12. und 13. Jahrhundert, [9]: kunstgeschichtliche Studie
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https://doi.org/10.11588/diglit.16253#0030

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Aufgabe in beit Jahren 1298—1301
glänzend löste.

Kanin war diese Kanzel fertiggestellk,
da hatte Giovanni schon einen neuen Auf-
trag, der ihm von seiner Vaterstadt Pisa
geworden war. Den ehrgeizigen Pisanern
genügte die Löwenkanzel Niccolos im Bap-
tisterium nicht. Auch der Dom sollte
eine prachtvolle Kanzel erhalten, und zwar
aus der Hand des Sohnes des großen
Niccolo.

5. Die Kanzel des Giovanni Pi-
sano im Nu8eo civico zn Pisa.

Diese Marmorkanzel, welche ursprüng-
lich im Dom zu Pisa stand, ist die reichste
Kanzel der Pisaner Schule. Leider steht
sie nicht mehr an ihrem ursprünglichen
Ort und hat vielleicht in der Rekonstruk-
tion auch nicht ganz ihre ursprüngliche
Gestalt gewonnen. Jedenfalls sind an der
jetzt im Museo civico aufgestellten frühe-
ren Domkanzel Giovannis nicht alle alten
Teile angebracht. Es finden sich vielmehr
einzelne Figuren und Ueberreste an der
Stiege der jetzigen Domkanzel und auch
im Campo santo. Trotz mehrerer Ver-
suche gelang es mir nicht, in den Saal
zu kommen, wo die Kanzel ansgestellt war.
Man war eben daran, diesen Saal zu
restaurieren, und so war der Zutritt streng
verboten. Rach den sehr guten Photo-
graphien, die ich beim Portier des Museo
in aller Eile besichtigen durfte, stellt sich
das Bild dieser Kanzel folgendermaßen
dar. Die Kanzel ruht auf sieben (?) äußeren
und einer Mittelsäule. Mur eine Säule steht
ans einem Löwen, zwei andere fallen durch
den Ueberreichtnin der Figuren, von denen
sie umgeben sind, auf. Bei den beiden
vorderen ist diese gar nicht mehr zu er-
kennen, vielmehr wird sie durch eine Fi-
gur, welche auf einer Gruppe von Figuren
steht, ersetzt. An der einen sehen mir
unten die vier Evangelisten mit ihren
Symbolen, und über ihnen, auf einer
Basis stehend, den edlen Christus, um-
geben von Engelsköpfchen. Die zweite
wird gebildet durch ihre Jungen säugende
allegorische Figur der Stadt Pisa, deren
Fuß durch die vier Kardinaltugenden von
einem fast beleidigenden Naturalismus
(Kuhn) flankiert wird. Zwei Adler über
ihren Schultern flüstern ihr weise Ge-

danken ein. Ihr Gürtel ist siebenfach ge-
knüpft zur Erinnerung an die sieben In-
seln, über welche ihre Herrschaft sich er-
streckte. — Die mittlere Säule wird durch
eine Gruppe von drei Frauen, den drei
Grazien, gebildet. Es erübrigen dann
noch zwei Figurensäulen, von denen die
eine den Erzengel Michael, die andere
den Herkules darstellt.

Die sieben Reliefs stellen folgende Be-
gebenheiten ans dem Leben Jesu dar:

1. Relief: Geburt als Hauptbild mit
Verkündigung Mariä, Verkündigung an
die Hirten und der Badeszene als Neben-
handlungen. Auch die üblichen Schafe
sind wieder da.

2. Relief: Die Anbetung der Weisen.
Diese Szene ist sehr realistisch gehalten,
sogar Kamele sind zu sehen (übrigens auch
an der Kanzel des Niccolo in Siena).
Als Nebenhandlung: die Magier erhalten
die Weisung im Traume, nicht mehr zu
Herodes zu gehen.

(Schluß folgt.)

Literatur.

W i l h e l m P i u d er. Mittelalterliche
Plastik Würzbnrgs. Versuch einer
lokalen Entwicklungsgeschichte vom Ende
des 13. bis zum Anfang des 15. Jahr-
hunderts. Cnrt Kobitzsch. Würzbnrg. 1911.
Brosch. M. 12.

Eilt verdienstvolles Unteruehiiien ist es ohne
Zweifel, ein so ivichtigcs und einflußreiches
Gebiet ivie das der Würzburger Plastik für die
Zeit ihrer reichsten Blüte in einer monographi-
schen Behandlung zti erschließen. Das Berständ-
nis der bildnerischen Ktntst des 14. Jahrhunderts
ist ein schwierig Diitg. Darum lösten neu er-
dings Bach (Mittelrheinische Kunst, Frankfurt a.M.
1910) und Lübbecke (Tie gotische Kölner Plastik,
Studien zur deutschen Kunstgeschichte, Hst. 133,
Straßburg 1911) wichtige Teile vont großen
Ganzen los. um ihrer eher Herr zu iverden.
Tie Zusammenhänge ergeben sich ja bei einer-
methodischen Behandlung voit selbst wieder. Diese
Arbeit hat W. Pinder für Würzburg geleistet,
und zwar, ivie ich ohne Bedenken ausspreche, mit
dem gewünschten Erfolg. Es ist ihm ohite Zwei-
fel gelungen, dttrch eine vorbildlich peinliche Ana-
lyse der immerhin reichlicheit Ueberreste aus ein
paar Jahrhunderten Würzburger Kunsttätigkeit
darzutun, daß Würzbnrg nicht nur geogra-
phisch, sondern auch kunstgeschichtlich und stilistisch
die Mitte zwischen Mainz und Nürnberg
! bildet, wobei ich nach meinen Erfahrungen der
Richtung nach Norden die größere Tendenz zubillige.
j Ohne die unbedingt vorhandenen, weint auch
' nicht auf dem geradesten Wege wirksamen fran-
 
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