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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 31.1913

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Nr. 3
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Pfeffer, Albert: Die frühromanische Holzdecke von Balingen, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.16253#0034

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Lach, Kleincomburg und Reichenau-Nieder-
zell (Eginokapelle) in Betracht. Sie stam-
men alle aus dein 12. Jahrhundert. Alle
diese Malereien sind schon ausgesprochen
romanisch und gehören einer jüngeren
Eatwicklnngsstnfe an; sie haben mit der
Balinger Decke keine Verwandtschaft.

Noch wären die Balinger Deckenbilder
mit den Bilderhandschristen des 11. Jahr-
hunderts zu vergleichen. Gegenüber der
Blütezeit der Reichenauer Buchmalerei, die
um 1010 ihrem Ende zuneigt, bedeuten
die Balinger Bilder eine jüngere Stufe
der Entwicklung. Die übrigen Bilder-
handschriften des II. Jahrhunderts sind
zu weit zerstreut und noch nicht publiziert,
so daß eine rasche Vergleichung sich nicht
ermöglichen läßt.

Ebenso sind die romanischen Decken
von Zillis und Hildesheim, beide ans
der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts,
beträchtlich jünger und lassen sich darum
nicht unmittelbar vergleichen.

Bei der Zeitbestimmung ist ein an-
deres Moment besonders bemerkenswert.
In seiner Untersuchung der Burgselder
Kirchenmalereien findet der Hochwürdigste
Herr Bischof Dr. v. Keppler einen starken
Tropfen germanischen Blutes mehr in den
Adern als in den Oberzeller Bildern ft.
Paul Weber stimmt dieser Beurteilung
bei ilnd weist ihre Richtigkeit im einzelnen
nach; er findet in dem Bnrgfelder Zyklus
die Empfindung deutscher, als in den
älteren Reichenauer Bildern, einen ge-
waltigen Schritt vorivärts in nationaler
Richtung, den ersten Schritt zur Ausbil-
dung eines nationalen Stiles, wie er sich
im Lause der romanischen Epoche tveiler
entwickelt und in der Gotik den Höhe-
punkt erreicht halft. Auch Künstle gibt
zu, daß in den Bnrgfelder Gemälden
deutliche Spuren einer nationalen Kunst
sich bemerkbar machten ft. In den Ba-
linger Bildern ist die Bnrgfelder Stufe
weitergeführt imb entwickelt; die Los-
lösnng von der verknöcherteir spätantiken
Tradition ist weitergesührl; neues Leben

ft Bischof Paul Wilhelm v. Keppler, Aus
Kunst und Leben, I. 88.

2) Weber. 1 c. ötj.

3) Künstle, K., Die Kunst des Klosters Rei-
chenau (1806), 14.

voll kühner Bewegllng und unmittelbarer
Naturbeobachtung beginnt sich zu regen.

Während noch Bischof v. Keppler und
Paul Weber die Wandbilder in Burg-
felden in die Mitte des 11. Jahrhunderts
datieren, verweist sie Künstle mit triftigen
Gründen auf Grund der Entwicklung des
Weltgerichtsbildes und durch Vergleich
mit den gleichzeitigen Bilderhandschriften
in das Ende des 10. Jahrhunderts oder
um die Jahrtansendwende, während das
Niederzelker Apsidalbild in die Mitte des
11. Jahrhunderts verwiesen wird. Wir
dürfen auf Grund obiger Untersuchungen
die Balinger Decke in die zweite Hälfte
des 11. Jahrhunderts ansetzen.

Für diese Datierung spricht auch der
Stil der Ornamentik. Dürfte auf denr
Fragment des Gerichtsbildes das Orna-
nrent mit seinen kleinen Quadraten noch
beut Anfang des 11. Jahrhunderts zn-
gehören, so weist die Bordüre ans dem
andern Deckenstück in eine spätere Zeit.
Wohl findet sich das eingekerbte und um-
geschlagene Blattmotiv in seinen Anfängen
schon in Reichenauer Handschriften des

10. Jahrhunderts; reichliche Ausbildung
und Verwendung findet cs besonders im

11. Jahrhundert ft. Am Kronleuchter des
ehemaligen Klosters Groß-Combnrg, vor
1140 von Abt Hertwig gestiftet, ist das-
selbe Ornament schoir viel weiter ent-
wickelt und zum charakteristischen roma-
nischen Ornament geworden. Was hier
reif ansgebildet ist, findet sich in Balingen
nur knospenweise in den ersten schüch-
ternen Anfängen.

Ins 11. Jahrhundert weift auch die
baugeschichtliche Untersuchung. Vom alten
srühromanischen Bau sind mir noch we-
nige Reste erhalten: nämlich einige in den
gotischen Bau eingemanerte Fragmente
von Rundfenstern und ein ganz erhaltenes
Rnndbogensenster mit herumgezogenem
Wulst, die in die zweite Hälfte des
11. Jahrhunderts znrückgehen können.
Ein mit großen Majuskeln behauener
Stein mit der sehr verwitterten, schwer
lesbaren, zweifelhaften fragmentarischen
Inschrift ILLOVZ ft, dürste dem Duktns

ft Zahlreiche Belege bei W. Böge, eine deutsche
Malerschule um die Wende des 1. Jahrtausends,
Trier 1891.
 
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