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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 31.1913

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Nr. 7
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Reiter, Joseph: Schlußsteinlese
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https://doi.org/10.11588/diglit.16253#0083

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72

In den Stiften oder Klosterkirchen stand
ehedem unter deni Triumphkreuz der
Kreuzaltar, an welchem der Gottesdienst
für die Pfarrangehörigen abgehalten wurde.
Mit Rücksicht auf diesen Krenzaltar und
das Triumphkreuz sind vielfach die Schlnß-
steine in der westlichen Hälfte des Mittel-
schiffs der Kirche mit den Waffen oder
Wappen Christi geziert (Zusammenhang
mit der Gregorianischen Messe?). So
finden wir eine solche Gewölbedekoration
in der Kirche des hl. Mathias zu Trier,
wo der Steinmetz in die mittleren Schluß-
steine des Mittelschiffs sechs Engel ein-
genreißelt hat. Sie tragen Wappenfchilde
mit den Darstellungen der Leidenswerk-
zenge, durch welche Christus im blutigen
Kampfe den Teufel besiegt und uns den
Himmel erobert hat. Zn den sechs Engeln
kommt an siebter Stelle Veronika, welche
das Schweißtuch emporhält. Als Haupt-
wappen oder Herzschild dient ein Nahmen
mit bent durchbohrten Herzen und den
verwundeten Händen unb Füßen des
Heilandes.

Aehnlich treffen wir es in der St. Vik-
torskirche zil Tanten. „In die acht Schluß-
steine der Mittellinie stellte der Meister
von Westen nach Osten gehend Engel mit
den chronologisch angeordneten Waffen oder
Wappen Christi. Der erste Engel trägt
das Schweißtuch Christi, der zweite die
Geißelrute, der dritte die Säule der
Geißelung, der vierte zeigt die Dornen-
krone, der fünfte breitet den ungeuähten
Rock Christi aus, der sechste hält Hammer
und Zange, der siebte Speer und den
Rohrstab mit dein Schwamm. Auf dem
achteri unb letzten Schlußstein erblickt Ulan
zwei Engel neben einem Helm, auf dem
Christus, vor feinem Kreuze stehend, die
fünf Wunden zeigt. Dann folgt das
Triumphkreuz. Schallte mau nach Osteil,
so führten die Schlußsteine gum Triumph-
krenz, und die auf ihnen dargestellten
Gegenstände erscheiiien dann als Leidens-
werkzeiige. Waildte der Blick sich nach
Westeil, so traf er ehenials das Bild des
Weltrichters, der im Westfenster thronte.
Die Leidenswerkzeuge manbetteu sich also
in Siegeszeichen des Richters. Es sind
inithin in Tanten die Eiigel so angeordnet,
daß sie bem Gekreuzigten und Weltrichter
dienen unb in einfachster Weise die tief-

steil Gedanken verkörperil, die Idee des
Leideils unb die Idee des Sieges durch
das Leiden."

Eine verwaiidte Ailffassnilg sehen wir
in der Kirche des hl. Servatills zil
Maestericht zur Darstellung gebracht. „Dort
gruppieren sich im südlichen Querarnr in
vier konzentrischen Kreiseil nicht weniger
als 28 Schlußsteine mit einen mittleren,
worin das Bild des Weltrichters thront.
Die beiden Schlußsteine zur Rechten und
Linken enthalten die Bilder des hl. Jo-
hannes des Täufers und des hl. Petrus,
welcher die Stelle einnimmt, auf der sich
sonst Maria befindet. Der Apostelfürst
ist durch einen Hahn als reuiger Sünder
kenntlich gemacht. Zwischen ihm und bem
Richter ist in einem Kreise mit der Um-
schrist Misericordia — Barmherzigkeit ein
Lamm gemalt. Der Küirstler zeigt dadurch,
daß er das Weltgericht als Motiv zur
Bekehrilllg im Sinne des Dies irae
schildern wollte. Den Richter unb seine
beiden Begleiter umgibt ein Kreis von
sechs Schlußsteinen. Jil vier derselben
halten Engel Leidenswerkzenge: die Dor-
nenkrone, den Hammer, die Zange und
die Lanze; im fünften befindet sich ein
anbetender Engel; im sechsten kniet die
hl. Magdalena vor einem auf bem Fel-
senboden liegenden Kreuze. Wie Petrus
erinnert sie hier all Christi Liebe gegeil
die Sünder. Eilt zweiter weiterer Kreis
von vier Schlußsteinen zeigt ebensoviele
anbetende Engel.

Der dritte Kreis ist der reichste. In
feinen acht Schlußsteinen erscheinen sechs
Engel nlit Musikinstrumenten, während
zwei die Spruchbänder halten, von denen
sie den Text zu der Melodie abfingen,
welche die übrigen Engel ailgeben. Der
letzte Kreis endlich ist ails den Konsolen
der vier Ecken gebildet. Er enthält vier
Propheten, welche über beit Heiland und
feilt Gericht weissagten. Die nördliche
Verlängerung zweier Rippell läßt dann
noch allßerhatb des eigentlicheil Gewölbes,
aber im Bogen, auf den es sich stützt, in
zwei Schlußsteineil die Veranlasser oes
Weltgerichts erkennen, Avant und Eva,
die Stammeltern der sündigen Mensch-
heit." (Nach Beissel, „Geschichte der Aus-
stattung der Kirche des hl. Viktor.)

In Schwabeil haben wir noch keine
 
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