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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 31.1913

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Nr. 9
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Schermann, Max: Volkstümliche religiöse Kunst, [1]
DOI Artikel:
Reiter, Joseph: Ein Beitrag zur Ikonographie
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https://doi.org/10.11588/diglit.16253#0101

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spur erkennbar. Die Farben sind eben
zusammengeslossen.

In mancher Beziehung heben sich ans
bem Kreise der übrigen die Heiligen
z u P f e r d e ab. Es sind Typen St. Georgs
oder Maitinus, dem Bettler den Mantel
teilend, u. a. ans weißein Zelter in allen
erdenklichen Uniformen aller Zeiten und
Völker. Hier tritt der Anachronismus
teilweise in heiterster Forrn in die Er-
scheinung. Besonders aber fallt ans, daß
es sich hier nur Freilandschaften handelt,
bei denen Himmel und Wolken und Gegend
dargestellt werden. Der Reiter galoppiert
durch die heitere, sonnige, grüne Landschaft,
über die sich ein azurblauer Himmel wölbt.

Nicht zu übersehen sind die Nahmen.
Das Rahmenwerk ist meist einfach, schmal,
leicht längsgeiisft, wenn es sich nicht um
reizende Biedermaierrähmchen handelt.
Der Farbton ist eine Nüance von Rot,
Braun, Grün oder Schwarz. Minder
alle Bilder haben bessere Uinrahmungen.

Heute finden sich die Bilder noch in
Bauernhäusern. Interessant ist, daß fast
stets ein Paar gesunden wird, und wo
bloß ein einzelnes vorhanden ist, läßt sich
fast regelmäßig feststellen, daß das Gegen-
stück tu Brüche ging.

lieber die Maler selbst dürfte sich
folgendes etwa seststellen lassen. Wie es
in verschiedenen Orten mancher Gegenden
heule noch einen Bergolder gibt, so mag
in früheren Jahren ein solcher Landmaler
seinen Heimatort und die nähere Um-
gebung mit Bildern versehen haben.
Vielleicht haben auch fahrende Maler —
mir wurde erzählt, viatizierende Franzis-
kaner — hernmziehende, nebenbei malende
Handwerksgesellen das Bilderbedürfnis
des Volkes befriedigt. Dies scheint mir
daraus hervoizugehen, daß in weit ent-
fernten Gegenden, z. B. in Franken und
in der Gegend von Landsberg am Lech,
nicht nur die gleichen Motive, sondern
auch die gleiche Ausführung angelroffen
wird. Sicher kommen für die Erwerbung
dieser Bilder Märkte und besonders Wall-
fahrtsorte in Betracht, da Votivbilder mit
Unterschriften von bestimmten Gnaden-
orten häufig gefunden werden. So gab
vor einigen Jahren im badischen Franken-
land ein 84jähriger Mann ans die Frage
nach der Herkunft einiger in seinem Besitz

vorhandener Glasbilder an, die Mutter habe
ihm in jungen Jahren einmal gesagt,
daß diese Bilder von Walldürn (ba-
discher Amtsbezirk Buchen) mitgebracht wor-
den seien.

Bezüglich der Herstellungszeit läßt sich
aus dem Stil der Darstellungen erkennen,
daß sie, darunter namentlich hübsche Kostüm-
bilder, in der Zeit des „Empire" ent-
standen sind. Viele weisen auch ans die
Biedermaierzeit hin. Meinen Erfahrungen
nach dürfte die Zeit um 1790 die Blüte-
zeit dieser Art von Glasmalerei gewesen
sein. Doch scheint sich diese Kunstart bis
in die neueste Zeit fortgepflanzt zu haben.
Wenigstens las ich vor wenigen Wochen
in der Münchener-Augsburger Abendzeitung
(Nr. 37) eine kurze Notiz ans dem Böhmer-
wald, daß dort das Handwerk der „Han-
tierer", jener Maler, welche Heiligenbilder
auf Glas herstellten, in Anßergefield bei
Bergreichenstein nunmehr gänzlich ans-
gestorben sei. Es handelt sich also um
einen Erwerbszweig, wie ihn etwa die
Krenzschnitzerei in Bayern und eben auch
im Böhmerwald darstellte.

Für uns sind diese einfachen Erzeugnisse
einer schlichten Kunst Zeugnisse von einem
jahrhundertalten reichen Volksempfinden.
Sie erfreuen trotz ihrer mangelhaften
Technik durch ihren Stimmniigsgehalt
und ihre Farbensrendigkeit und ver-
dienen unsere rettende Fürsorge.

Lin Beitrag zur Ikonographie.

Non Deüm Reiter.

Die Pfarrgemeinde Weilingen, Ober-
amts Horb, besitzt eine im Jahre 1770
erbaute Kapelle, von welcher die Ober-
amtsbeschreibnng sagt, daß ihr Inneres
nichts Bemerkenswertes habe. Wir haben
in derselben etwas Bemerkenswertes ge-
sehen, es ist dies ein etwa einen Meter-
hohes Kreuzbild beim Hochaltar, und wir
möchten mit diesen Zeilen den Lesern des „Ar-
chivs" zurnfen: „Ecce lignum crucis."

Das Kreuz, ein grüner Baum mit
Blättern und Wurzeln. Zwischen den
Wurzeln das Skelett des Stammvaters
Adam. Uni die Wurzeln des Baumes
die Schlange mit dem Apfel. Am Kreuze
der Sohn Gottes, über dem Querbalken
desselben, rechts vom Beschauer, auf
 
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