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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 31.1913

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Nr. 11
DOI Artikel:
Nusser, Ludwig: Die Arbeiten eines Pfarrers zur Vorbereitung eines Kirchenbaues, [1]
DOI Artikel:
Baur, Ludwig: Unsere Aufgaben gegenüber der kirchlichen Kunst, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.16253#0119

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106

Wahl der Person getroffen, so fragt man
bei derselben an, ob sie den durch hohen
Ordinariatserlaß (Kirchl. Amtsbl. 1909,
Nr. 13) vorgeschriebenen Vorentwurf (ein-
fache Bleistiftskizze) bis zur gewünschten
Zeit unter Zugrnndlegung der gegebenen
Wünsche zu fertigen bereit sei. Ferner
ist anzufragen, in welcher Banklasse der
Architekt den Entwurf machen würde, und
welches Architektenhonorar (in Prozenten
ausgedrückt) er beanspruche; ob er unter
Umständen geneigt wäre, eine Ermäßigung
der gesetzlichen Gebührenordnung zu ge-
währen. Gewöhnlich kommen 5—6 Pro-
zent in Anrechnung. Es kann auch die
Vereinbarung getroffen werden, daß nur
der Vorentwurf bezahlt werde, welcher
Annahme findet. Ein gut dnrchgearbei-
teter Vorentwurf ist vielen eilfertig ge-
arbeiteten vorzuziehen. Der obige Ordi-
nariatserlaß verlangt sodann einen Dienst-
vertrag mit dem Architekten, der der hohen
Genehmigung bedarf. (Wir wünschten
mit Altarbauern und Kirchenmalern einen
ähnlichen Vertrag.) Dieser Vertrag muß
enthalten, daß der Architekt die volle Ver-
antwortung für die Konstruktion, Belastung,
Baumaterial und für die Ausführung allein
trage, ferner fein Honorar, die Art der
Abschlagszahlungen (25 Prozent sind vor-
zubehalteu bis zur definitiven Abrechnung).
Provisionen seitens der Unternehmer und
vor allem seitens der Lieferanten sind ab-
solut ausgeschlossen (auch sog. Weihnachts-
geschenke, welche im Wert von 300 Mark
vielfach angeboten werden). Der Architekt
haftet für geleistete Abschlagszahlungen an
die Unternehmer und hat sich verbindlich
zu erklären, daß, abgesehen von der Fuuda-
mentiernng, keine wesentliche Kostenüber-
schreitungen Vorkommen. Die Zeichnungen
und Verträge erhält die Bauherrschaft in
Abschrift zu den Akten. Während der
Architekt an dem Voreutwurf arbeitet,
sollte er der Bauherrschaft Gelegenheit
geben, ihre Wünsche zu äußern. In
diesenr ersten Stadium der Unterhand-
lungen ist auch der Diözesankunstvereins-
vorstand beizuzieheu, was vor allenr des-
wegen von größtem Vorteil ist, weil die
Bauherrschaft nicht von Anfang an in zu
große Abhängigkeit von Architekt und
Unternehmer gerät. Zu diesem Vorent-
wurf ist ein summarischer Kosteuvorau-

schlag (ca. 18—22 Mark pro Kubikmeter)
beizulegen. (Schluß folgt.)

Unsere Aufgaben
gegenüber der kirchlichen Runst.

Von Prof. Dr. L. Bnur.

(Schluß.)

Aber schon da beginnt das Fragezeichen.
Haben wir denn überhaupt einen irgendwie
einheitlich und gleichartig sich auswirken-
den „Zeitgeist"? (Von einer „Weltan-
schauung" wollen wir lieber gleich gar
nicht reden bei der völligen Anarchie und
Zuchtlosigkeit des Denkens in unserer Zeit.)
Sollte diese Anarchie des Denkens nicht
auch übergreifen auf das Gebiet des Emp-
fiudens? — Ich wenigstens kann mich
nicht von der Gleichartigkeit dieses „Zeit-
geistes" überzeugen. Mindestens wird mau
nicht daraus die Ausschließung der Nach-
ahmung der alten Stilarteu — selbstver-
ständlich unter Wahrung der persönlichen
und selbständigen Arbeit des Architekten —
und ihren Widerspruch gegen „das" mo-
derne Empfinden ableiten können. Die
romanischen und gotischen Kirchen, die das
Mittelaller aufsührte, wie die Renais-
sance- nnb Barockkirchen der späteren
Zeit entzücken heute noch unser Auge und
ftitb unserem Volk lieb und verständlich.
Der Zweck, bem sie dienten, ist heute
noch ganz genau derselbe. Die Liturgie,
die sich iu ihnen vollzog, ist nicht anders.
Warrun sollten sie denn nun dem Emp-
finden des katholischen Volkes nur iu dem
Falle entgegenkommen, wo wir wissen,
daß sie alt sind, und walum sollten sie
diesem Empfinden widersprechen, wenn
sie ein moderner Architekt aufführt? —
und wir haben Architekten, die ganz in
ben Geist dieser Stilarten eingedrungen
sind. Ich will dannt nicht sagen, daß
die heutigen Architekten darauf festgelegt
werden sollen. Es soll nur gezeigt werden,
daß auch diese konservative Richtung (in
der Voraussetzung, daß sie nicht einfach
kopiert) ihr Recht har.

Dabei ist noch eine andere interessante
Beobachtung zu machen: Während man
immer von einem dem modernen Zeit-
geist entsprechenden „Stil" redet, machen
wir in der Malerei und Plastik die Wahr-
 
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