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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 31.1913

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Sulzmann, J.: Die alte Kirche zu Garmisch und ihre 1913 aufgedeckten Fresken
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https://doi.org/10.11588/diglit.16253#0130
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117

denen aus der Mitte eine riesige Säule hin-
ausragt. Der gotische Chor war jedenfalls
auch nicht inl ursprünglichen Plan der Kirche.
Von außen schon konnte man gewahren,
daß die Firstlinie seines Daches etwas
höher ist als die des Langhauses. Unter
den gotischen Gewölben stehen Barock-
altäre — und ehe die Fresken aufgedeckt
wurden, konnte man sich wahrlich fragen,
wo eigentlich in diesem Gotteshause die
Neste aus der romanischen Zeit zu suchen
seien. In frischen Farbentönen leuchten
uns die alten Fresken von der einen
Seitemvand des Schiffes entgegen. Ihre
Freilegung wurde erst in diesen! Jahre
fertiggestellt nach Monate dauernder Ar-
beit durch den Kunstmaler Franz Haggen-
ruiller aus München und unter der Leitung
des Generalkonservatoriums. 16 Farb-
schichten halten müssen entfernt werden.

Vor allein springt ein riesiges Chri-
st o p h o r u s b i l d in die Augen, das man
aber zuerst für ein Muttergottesbild hal-
ten möchte. Nur der Stannn in der
rechten Hand des Heiligen deutet auf den
hl. Christophorus. Die Gewandung und
das wallende Haar würden auf eine
Frauengestalt schließen lassen. Die Falten
des hellroten, mit gelben Rosetten ge-
musterten Unterkleides werden über den Hüf-
ten durch einen Gürtel zusammengehalten,
dessen Ende vorn weit herabhängt. Der
Mantel ist dunkelrot, und ein breiter
weißer Kragen umgibt den Halsausschnitt.
Die Gestalt bietet voll Front und trägt
auf den: linken Arru den ebenfalls be-
kleideten Jesusknaben. Dabei bedeckt
dieses Bild in vertikaler Ausdehnung fast
die ganze Wandfläche bis hinauf in den
zweiten Schildbogen. Die Gestalt ist ganz
ausrecht in starrer Haltung, nicht schreitend
und gebückt wie bei sonstigen Christophorus-
darstellungen, und macht mit ihrer aus
Alte Testanlent erinnernden Gewandung
einen höchst merkwürdigen, inlposanten
Eindruck. Dieses Bild ist wohl das äl-
teste und dürfte bald nach Erbauung des
Turmes entstanden sein. Man muß sich
vorstellen, daß mit diesem Bilde damals
auch die Wand des Langhauses abschloß.
Es muß dann fast den Eindruck einer
die Decke tragenden Karyatide genracht
haben, zu was seine riesige Forin noch
wesentlich beiträgt. Nicht leicht dürfte

wieder eine solch seltsame Christophorus-
darstellung gefunden werden.

Nicht weniger interessant und originell
und ihm im Alter zunächststehend sind die
Darstellungen der Passion Christi, welche
in kleineren neben- und übereinander-
stehenden Bildern den größten Teil dieser
nördlichen Längswand bedecken. Dabei
sind sie durch Sänlenspirale oder durch
Oruamentstäbe, die vielfach von Rosetten
unterbrochen sind, getrennt. Darüber lau-
fen zierliche Spitz- und Kleeblattbögen.
Auch Achtpässe kommen als Einfassung
vor. Es muß ein sehr origineller Meister
gewesen sein, der Ende des 14. Jahrhun-
derts diese Bildergrnppe geschaffen hat
mit ihrer verblüffenden, naiven Realistik.
Von dunklen! Grunde heben sich die
szenischen Darstellungen höchst vorteilhaft
ab, deren, mit Ausnahme des Krenzigungs-
zuges und der Auferstehung, stets ver-
schiedene in einen! Bilde vereinigt sind.
Gleich hier nnlß gesagt werden, daß auch
die Leibungen der frühgotischen Schlitz-
fenster als Bildflächen benutzt sind, und
diese Bilder mit in die Reihenfolge des
Passionszyklus gehören. Es muß fast
virtuos genannt werden, wie der mittet*
alterliche Künstler seine Darstellungen und
gut abgestinunten Farbentöne in diese
zwei Leibungsflächen hineinkomponierte.
Sie machen einen ungemein zierlichen u"d
harmonischen Eindruck. Auf ornament-
artigem, dunklem, von farbigen Rauken
durchzogenem Grunde sind je drei Acht-
pässe verteilt, in welche die Miniatur-
bilder anfgenommeu sind. Dazwischen
sind noch, ohne daß dies stört. Köpfe
und Halbfiguren von Propheten mit
Spruchbändern eingestreut. Das nächste
Bild, rechts des zweiten Fensterchens, ist
gleich dem oberen seitlichen Teile des
Christophorusbildes stark beeinträchtigt
durch die bei der Einwölbung hier herein-
gezogenen und in einer Konsole mit Kopf
endigenden Gräten. Die dreifache Dar-
stellung ist kaum zu erkennen. Unten ge-
wahrt man vor allem einen Mann, der
über einen uiattenartigen Zaun steigt —
Gefangennahme n n d Heilung des
Malchus —; oben, in einer Art Stein-
bruck), die drei schlafenden Jünger, wäh-
rend der Christus der O e l b e r g s z e u e
wieder verdeckt ist. Als zweites großes
 
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