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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 31.1913

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Sulzmann, J.: Die alte Kirche zu Garmisch und ihre 1913 aufgedeckten Fresken
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https://doi.org/10.11588/diglit.16253#0131
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118

Bild folgt eine Doppeldarstellnng, in zwei
übereinander gelegene Zimmer verteilt:
oben Christ ns vor Pilatus, der
sich die Hände wäscht, nnten die ziem-
lich selten in solchen Zyklen angeführte
Szene: Christas vor Herodes,

der in einem roten, Art Narrenkleid
dasitzt, vielleicht eine überdachte, köstliche
Ironie des Malers. Höchst eigenartig ist
auch das dritte Bild anfgesaßt: wieder
zwei übereinander gelegene Orte, nnr führt
vonr oberen Nanm, woselbst Christ ns
an der Geißelsäule steht, mit den
Peinigern links und rechts, eine Treppe
nach nnten. Ans dieser Treppe sehen
wir wieder den gebundenen Heiland, von
Soldaten geführt, während sich das Volk
herzudrängt: Darstellung vor bent
Volke. Nach diesem Bilde schließt ein
Fenster die obere Reihe ab. Das nächstfol-
gende des Zyklus ist unter den: zweiten Fen-
ster und vielleicht das originellste von allen.
In der Mitte sitzt Christus im weißen
Spottkleide auf einem von einem Bal-
dachin überspannten Throne, während
zwei halb so große Gestalten von beiden
Seiten sich bemühen, mit einem Stabe
die Dornenkrone einzudrücken. Zwei ebenso
halbgroße Gestalten bemerkt man anch im
Vordergrund. Links und rechts sitzen
gleichfalls unter Baldachinen ans erhöhten
Thronen Kaiphas, das Gewand zer-
reißend, imb Annas. Darunter findet
sich noch höchst naiv Petri Verleugnung
dargestellt; der krähende Hahn reicht bis
ins obere Bild herein. So sind in diesem
einen Bilde vier Szenen vereinigt:
Christi Dornenkrönung rrnd Ver-
höh n n n y, C h r i st u s vor Annas
n it b Kaiphas und Petri Verleng-
n uit g. Das nächstfolgende ist der schon an-
geführte Kreuzigrtngszng mit den
Mauern Jerusalems im Hintergrund, das
figürlich und zeichnerisch wohl am besten
ansgeführte Bild. Dieses Bild und das
nächste sind jedoch durch früheren Anbau
der Kanzel, die aber heute wieder ab-
gebrochen ist, beschädigt. Nach der
K r e n z i g n n g s g r n p p e folgt die
Kreuzabnahme, bei welcher zugleich
noch die G r a b l e g u n g höchst schlicht dar-
geslellt ist. Christi Leichnam ruht in einer
Art Steinsarg, über welchen sich schmerz-
ersüllt die Gottesmutter beugt. Ueberhaupt

ist der Ausdruck der Mieueu und meist auch
iu derjKörperhaltuug die lebeusvolle Dar-
stellung dem Meister sehr gut gelungen.
Den Abschluß unter dem ersten Fenster
bildet Christi Auferstehung, wobei
die anderen Figuren auch nur das halbe
Maß der Gestalt Christi haben. Da auf
allen andern Bildern, am gewandtesten
beim Krenzigungszuge, das richtige Ver-
hältnis eingehalten wurde, muß mau für
das Fehlen desselben bei der Dornen-
krönung und Auferstehung wohl einen
ideellen Grund annehmen. Tatsächlich er-
innern diese beiden Ereignisse am meisten
an die Gottessohnschaft Christi, und wollte
der Künstler dies vielleicht durch Ver-
größerung der Gestalt, wie dies oft im
Mittelalter geschah, ansdrücken. Man
sieht, daß der Meister mit viel Liebe und
Sorgfalt und, wie schon gesagt, höchst
origineller Realistik sein Werk durchgeführt
hat.

Die gleiche Originalität kann man
den Bildern, die zwischem diesem Zyklus
und der s.Christophorusdarstelluug als
Streifen übernommen gemalt und ums
Jahr 1446 entstanden sind, nicht zuspre-
chen. Die Figuren, stehen frei im Raum,
jede architektonische Umrahmung ist ver-
schmäht. Im oberen Bildfelde sehen wir
den hl. Erhard. Durch das untere reckt
sich das Kreuz Christi; unter den Kreuz-
balken die hl. Maria und Johannes.
Unter diesen beiden Figuren sitzen die
hl. Päpste Urban V. und Gregor, welche
die Heiligtümer von St. Peter und La-
teran halten.

Noch geringere Bedeutung haben die
Bilder, die im Jahre 1893 in einem
Schildbogeu des Chores freigelegt und
von Kunstmaler L. v. Kramer restau-
riert worden.waren,'und deren Entstehung
noch ins Ende des 15. Jahrhunderts
fällt. In der unteren Mitte befindet sich
ein gotisches Sakramentshänschen mit
zwei Engeln zu Seiten, die das Weih-
ranchfaß und den Weihwedel schwingen.
Darüber lesen wir: 0 veneranda Tri-
nitas deus. Diese selbst ist dargestellt
in der Milte, indem Gott Vater, der ans
einem Thron sitzt, mit beiden Händen die
Kreuzbalken hält, während der Hl. Geist.in
Gestalt einer Taube darüber schwebt. Zu
beiden Seiten sind die hl. Corbiuiau und
 
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