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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 32.1914

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Nr. 1
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Die neue Salvatorkirche in Aalen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.16254#0015

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10

Ueberaus lebendig und fein gegliedert
erscheint die Kirche von der Südseite aus,
wo inskünftig eine zweigeteilte Freitreppe
zum Eingang des südlichen Seitenschiffs
emporführen wird. Sehr leicht und ge-
fällig schmiegeil sich hier die leicht ge-
rundeten Eingänge an das Querschiff ail.
Dieses zusammen mit der Sakristei und
denr Turm vereinigt sich zu einer schönen,
wohltuend gegliederten Baugruppe.

Der Turm, 55 Meter hoch, steigt aus
denr quadratischen Gruridriß empor bis
zu einer rings herurugeführten steinernen
Galerie, bei welcher er dann ins Achteck
übergeht, unr mit einem kupfernen Zwie-
bel mit Laterne und Kreuz gekrönt zu
werden. Dieses Turmmoliv ist uns in
Süddeutschland wohl vertraut. Es klingt
zudem au Motive au, die in der Aalener
Gegend heimisch sind.

Das Innere der Kirche ist leicht und
frei. Das Mittelschiff hat eine Breite
von 12,80 Bieter und ebenso das Quer-
schiff, so daß die dasselbe tragenden Pfei-
ler ein Vierungsquadrat darstelleu, jedoch
ohne daß es den Proportiortsmodillus
abgegeben zu haben scheint. Das als
Zeutralraum so stark betonte Querschiff
hat eine Länge von 27 Bieter erhalten,
wozu dann noch der Chor in einer Länge
von rund 9 Bieter kommt. So vermag
die Kirche 1200 Sitzplätze und 1000
Stehplätze zil bieten.

Der gesamte Raumeindruck ist wesent-
lich beherrscht von diesem Aiittelbau.
Dieser wird dadurch hergestellt, daß sich
auf kannelierten Pilastern das weit ge-
spannte Tonnengewölbe erhebt. Es ist
ein Rabitzgewölbe, an der Dachkon-
struktion ansgehängt, lieber die Dauer-
haftigkeit und Haltbarkeit solcher Gewölbe
habe ich kein Urteil. Davon wird es wesent-
lich abhängen, ob das Rabitzgewölbe sich
dauernd die Kirchen erobern wird. Je-
denfalls, solange man darailf Wert legt,
ein Gotteshaus — auch die Decke —
wie es zu der freudigen Feierlichkeit der
katholischen Liturgie paßt — malerisch
zu behandeln, mit Bildern zu schmücken,
muß die erste Forderung an ein Ge-
wölbe die Solidität und Dauerhaftigkeit
sein. — Zwei Vorteile bezüglich der archi-
tektonischen Konstruktion bieten diese Ra-

bitzgewölbe: sie gestatten sehr große Spann-
weiten und sie fordern Pfeiler oder
Säulenkonstrnktion von mäßiger Stärke.
Sie schließen freilich auch die Gefahr in
sich, daß infolge zu weiter Spannung des
Gewölbes dieses flach und gedrückt er-
scheint und diesen Eindruck dann dein
ganzen Raum mitteilt. Der Architekt
hat iil dieser Kirche diese Gefahr eben
noch vermieden.

Run aber noch etwas, was als ein
Gedanke zur Erwägung, nicht etwa als
ein Tadel an der Kirche aufgefaßt sein
möge. Ich empfinde diesen stark beton-
ten Mittelranm als ein nicht genügend
motiviertes retardierendes Moment. Ich
will das durch zwei Gedanken erläutern:
In der katholischen Kirche ist die absolut
beherrschende Idee das Opfer ans dem
Altäre. Auf dieses als die absolute
Hauptsache ist daher die ganze Aufmerk-
samkeit der Gläubigen zu richten. Diese
Sachlage, diese liturgisch-dogmatische
Grundidee muß in der architektonischen
Raumidee zum Ausdruck kommen. Auch
hier muß die Hauptsache als Hauptsache
betont bleiben. Dies wird da erreicht,
wo die raumgebende Linienführung unauf-
haltsam, höchstens in rhythmischer Be-
wegung unterbrochen zunr Hochaltar, zunr
encharistischen Geheimnis, zur encharisti-
schen Opserstätte hinsührt. — Ein retar-
dierendes , die Raumbewegnng nach
vorwärts anfhaltendes Bioment ist die
Einfügung eines zentral betonten Rauines
zwischen Schiff und Chor. Eine solche
rechtfertigt sich durch einen besonderen
Zweck, den sie zu erfüllen hat: wo eine
bedeutungsvolle Sache vorhanden ist, die
sie zu umgeben hat. Sie umschließt daher
geschichtlich ursprünglich die Confessio
eines bedeutenden Heiligen oder Mär-
tyrers (St. Peter), oder ein sacellnrn,
ein Kapellchen, ein Haus, das in beion-
derer Verehrung steht (Loreto, Assisi,
Einsiedeln), d. h., sie ist begründet in
dem Vorhandensein eines latrentisch-knl-
tisch bedentsanlen Zwecks. Wo dieser fehlt,
erscheint die starke Hervorhebung eines
solchen zentralen Raumes ohne genügende
Motivierung, willkürlich. Es fehlt na-
türlich in der Geschichte der Architektur
nicht an solchen. Aber der zentrale
Raum wird dann wenigstens nachträglich
 
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