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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 32.1914

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Nr. 2
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Baur, Ludwig: Einige Merksätze zur Frage der elektrischen Kirchenbeleuchtung
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21

L. B. Einige Merksätze zur Hrage
der elektrischen Rirchenbelenchtung.

1. Nicht wenige, und darunter sehr
wohlmeinende Berater sagen: Ueberhaupt
kein elektrisches Licht in unsere katho-
lischen Kirchen! Es jagt uns den letzten
Zauber des Romantischen aus unseren
Kirchen hinaus. Was liegt denn daran,
wenn die Kinder und Erwachsenen Wachs-
tropfen auf die Bänke bringen? — Was
bedeutet das gegen den unendlich poe-
tischen Reiz, den eine Kirche darbietet, in
der jeder Besucher sein Lichtstöckleiu au-
gezündet hat! Diese elektrische Allgemeiu-
beleuchtung verdirbt die Stimmung des
Kirchenranmes. Sie ist wieder ein Schritt
weiter vom Individuellen weg zum Kom-
munismus , zur Schablone, zum Pro-
saischen. Sie vermag niemals die Reize
der aus den natürlichen Mitteln des
Bienenwachses hergestelllen Beleuchtung
zu ersetzen, die die Kirche in ihren: Kar-
samstagshymnns „Exultet“, diesem Hym-
nus ans oas Licht, dem konzentrierten
Ausdruck der Lichtltturgie des Karsams-
tags, so herrlich besingt. Sie läßt die
liturgische Beleuchtung ganz zurücktreten,
ja schlägt sie völlig tot. Also lassen wir
das prosaische und profane elektrische Licht
aus der katholischen Kirche weg!

Diese Auffassung enthält sehr berech-
tigte Gedanken. Aber sie schießt sicher
über das Ziel hinaus, und die Erwägung
der praktischen Vorteile, welche die elek-
trische Beleuchtung in mehrfacher Hinsicht
bietet, wird sich wahrscheinlich mehr und
nrehr über die ästhetischen Bedenkerr hin-
wegsetzen. Daß dabei in der bezeichneten
Richtung ästhelrsche Werte verlöret! gehen,
ist unstreitig wahr.

2. Soll also in der Kirche elektrisches Licht
eingerichtet werden, so nrüssen wir min-
destens dararif sehen, daß die liturgischen
Vorschriften nicht rnißachtel werden, und
daß die ästhetischen Rücksichten soviel als
möglich gewahrt bleiben.

Vor allem: Das elektrische, künstliche
Licht darf nie dazu verwendet wer-
den, die liturgische Beleuchtung auf dem
Altäre zu ersehen. Das ist eigentlich ganz
selbstverständlich uub bedarf keiner wei-
teren Begründirng. Aber etwas anderes
wird manchnral übersehen, worauf hier

! aufmerksam geinacht sei: Zu der litur-
gisch e u, daher m 11 Bienenwachs
herzustelleuden u n d künstliches
Licht w i e G a s und Elektrizität
a u ssch ließen deit Beleuchtung ge-
hören auch die Lichter, die a it
den Kousekrationskreuzen a n g e-
b r a ch t sin d. Bekanntlich bestimiilt^das
Ponli6cale Romanum, daß an der ober-
sten Stelle der Weihekreuze (nicht irr der
Mitte derselben!) der Leuchterarm für
die Kerze angebracht werden solle. Ied-
jährlich am Kirchweihfeste sollerr diese
Kerzerr au gezündet werden tz. Die
Beleuchtung der Weihekreuze ist somit eine
liturgische Beleuchtung und hat deshalb
wie diese mit natürlichem Bienenwachs
zu erfolgen.

Elektrische Lichter au der Ewiglicht-
lampe aubringen, erscheint als wenig
empfehlenstvert. Das aufdringliche elek-
trische Licht schlägt das zarte Lichtleiu
der Ewigen Lampe tot. Am besten ist
dieses ganz für sich zu lassen — aller-
höchstens, wo die Ewige Lampe ent-
sprechend konstruiert ist, noch Kerzenlicht
daratl zu verwenden.

3. Was das Aesthetische angeht, so sei
hier zunächst nur folgendes benterkt:

Vor allem lasse mau sich keine alten
Ladenhüter und alteil Schund von fabrik-
mäßig Hergestellteil und en gros in Ver-
schleiß gebrachten Beleuchtungskörpern auf-
halsen. Es niöge gerade jetzt, wo die
Einführung des elektrischen Lichtes im
Oberland in größerem Umfang zu er-
warteil steht, gestattet sein, darauf hin-
zuweisen, daß es angebracht sein werde,
das Auge offen zu halten, ob iiicht der
Versuch gemacht werde, alle Ladenhüter
' an den Mann zil bringen. Die Leuchter
solleil wenigstens so sein, daß sie in eine
j Kirche passen. Sind gute alte Leuchter
da, so solleil sie selbstverständlich beibe-
halteil iverden. Sind neue zu beschaffen,
so strebe inan nach Möglichkeit danach,
sie dnrch eine Firma zu beziehen, die nach
künstlerischeil Prinzipien arbeitet. Wir
weisen insbesondere vorläufig einmal hin
aus Rudolf H a r r a ch in München und
M a u ch in Rottenbnrg.

\) Vgl. Hart >n a n n, Repertor. rituum.
7. A. Paderborn 1893, S. 594, und Linzer
Quartalschr. 1888, S. 149.
 
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