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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 32.1914

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Nr.3
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Maier, Bonifaz; Naegele, Anton: Eine Prachthandschrift des 17. Jahrhunderts, [3]: kaiserlicher Wappenbrief für Altheim, O.A. Riedlingen
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https://doi.org/10.11588/diglit.16254#0038

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mische, karolingische, byzantinische, rus-
sische, irische Miniaturmalerei in dem
ersten Jahrtausend unserer Zeitrechnung
in raschem Flng hinmeggehen, die Stutt-
garter Landesbibliothek in einem Psal-
terinm ans deru Ende des 12. oder An-
sang des 13. Jahrhunderts.

Die Geschichte der Ornamentik ist die
Geschichte der Kunst znm guten, wenn
nicht znm besten Teil in manchen Län-
dern und Perioden. Ob geometrisch oder
vegetabilisch oder animalisch in seinen
Grundelementen, ob stilisiert oder na-
turalistisch behandelt, ob es durch Form
oder Farbe wirkt, plastisch oder poly-
chromisch, immer spiegelt das Ornament
in seiner geschichlichen Entwicklung die
Hanplepocheu der Kunst der einzelnen
Völker intb Zeiten wider. Die Rand-
und Milteizier der Altheinier Handschrift
ist in ihrem außergewöhnlichen Reichtum
an Formen und Farben ein Spiegelbild
der Buchmalerei der Spätreunissance bezw.
des Barock. Die antike Ornamentik, einfach
und stilgerecht in der italienischen Re-
naissance erneuert, wird in naturalisti-
scher, freierer Weise umgebildet und be-
sonders in jener Fortentwicklung ans
italienischem und dertschem Boden §u
höherer Pracht gesteigert, ja sie artet in
schwerfälligem Prunk bis zur Ueberladung
ans. Merkwürdig ist, daß auch nach Er-
findung der Buchdruckerkunst, die Holz-
schnitt und Kupferstich als hauptsächlichste
Bnchillnstration verwenden lehrte, die
eigentliche Miniaturmalerei nicht sogleich
aufhörte; ja selbst bei gedruckten Büchern,
z. B. dem berühmten Gebetbuch Kaiser
Maximilians, einem Kleinod der Mün-
chener Staatsbibliothek, wurde der Raum
für Initialen, Randzeichnuugen und Bil-
der offen gelassen, ums jedoch allmählich
im Verlauf des 16. Jahrhunderts außer
Hebung kam.

Trotz der zunehmenden Kunstfertigkeit
in verschiedenen Reproduktionstechniken
hielt ein konservativer Kanzleibrauch an
der kalligraphischen Gewohnheit fest, be-
sonders für Ausstellung von Privilegien.
Wie ein Blick in Archive, Bibliothekeri,
Kunst- und Altertumssammlungen in
Heimat und Fremde zeigt, blieb sowohl
bei kirchlichen als auch staatlichen Be-
hörden die künstlerische Ausstattung von

Urkunden in Uebnng. So sah ich kürz-
lich in Laningen eine miniatnrengeschmückle
päpstliche Urkunde (Ablaßbrief aus der
Zeit Alexanders VI.); im kleinen Stadt-
musennl zuLarringen a. D. und jüngst
am Oberrhein im historischen Muserrnr
von Basel ein ganz ähnlich dem Alt-
heimer, nur nicht so reich ornamentiertes
Dokument aus der kaiserlichen Kanzlei,
einen Wappenbries des 17. Jahrhunderts.

Auch nach der technischen Seite er-
öffnet ein Blick auf unser Prachtdokument
historische Entwicklungsreihen. Bestanden
die älteren Miniaturen durchweg und zum
Teil noch in späterer Zeit nur arrs Feder-
zeichnrrngen, die mit ungebrochenen Far-
ben ausgefüllt wurden, so trat seit der
zweiten Hälfte der gotischen Periode au
die Stelle der kolorierten Federzeichnung
selbständige Pinselmalerei. Richtigere
Auffassung und plastische Wirkung der
Formen, besonders ans Pflanzen- und
Tierwelt, wurde durch die neue Technik
erreicht. Die Verteilung von Licht und
Schatten, die Glut der Farben leuchtet
auch aus dem hier besprochenen Doku-
ment, trotzdem die Farben da und dort
etwas verblaßt sind. Unsere Reproduk-
tion auf Grund einer wohlgelungenen
Photographie von der geübten Meister-
band Joseph Ulrichs (Riedlingen) kann
leider diese reichen Farbenspiele und Far-
benreize der Pergament Handschrift nicht
wiedergeben. Um so schärfer treten die
Umrisse der Zeichnung von Raudzier
und Mittelbild hervor, die der Pinsel
fast wie mit der Feder Spitze erreicht
hat.

Ob der in der Urkunde unterzeichnende
Sekretär der Kalligraph ist, wird wohl
mit Fug und Recht zu bezweifeln sein;
der Meister der Miniaturen wird unter den
eigenen, von der kaiserlichen Kanzlei an-
gestellteu Miniatoren oder Jllnministen,
scriptores ac pictores zu suchen fein,
deren Namen, euuge wenigstens, vielleicht
dem eingeweihtesteil Kenner der öster-
reichischen Kanzleigeheimuisse bekannt sein
mögen. Aus jahrhundertelanger Tradition
haben sich, wenn überhaupt auf diesem
Gebiet in so später Zeit noch eine Schul-
überlieferung bestund, nur wenige Namen
stiller Meister der Schreibstube erhalten.
Für gute Verwahrung unb gütige Ver-
 
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