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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 32.1914

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Nr. 5
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Reiter, Joseph: Die alten Wandgemälde in der Pfarrkirche zu Eutingen, [2]
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Gradmann, Gertrud: Ein Werk Hans Morincks
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https://doi.org/10.11588/diglit.16254#0052

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der Richtung gegen den Nebenaltar, über
der zweiten Apostelgruppe St. Franziskus,
St. Ambrosius und St. Hieronymus.
Franziskus mit den Wundmalen ist in
Verzückung; zu seinen Füßen erblickt man
das Nosengärtchen. St. Hieronymus, iit
dunklein Rot, jugendlich gehalten, ist wie
St. Franziskus eine sehr ansprechende
Gestalt; unten fehlt der Löwe nicht. Der
hl. Ambrosius in der Mitte hat den
Bischofsstab mit zwei Querbalken und eine
Geißel, welch letztere sich ans die Mai-
länder Legende bezieht, nach welcher der
Heilige im Jahre 1338 den Mailändern
in der Schlacht erschienen sein und die
Feinde mit der Geißel vertrieben haben
soll. Ans dem Postamente der Bienen-
koib. Die zwei anderen Kirchenlehrer,
Augustinus imb Gregorius, stehen über
der ersten Apostelgruppe. Ihre Attribute
das Knäblein mit Lösfelchen und die
Taube. Die schlecht sitzende Mitra bei
St. Gregor will etwas stören. Nebenan
ein Meisterschild mit einem Beil, welches
auf den Beins des Stifters Hans Augs-
burger Hinweisen dürfte.

Die jüngsten Gemälde im Schiff der
Kirche zu Eutingen sind die fünf Decken-
gemälde, im Jahre 1791 voll einem ge-
wissen Johannes Hörnmann gemalt. Vier
davon stellen die Evallgelisten dar, das
Hauptgeniälde will die Bekränznng oder
Krönung des hl. Stephanus verbildlichen
und zeigt unten den Ort Eutingen,
über ihm den Himmel mit der heiligen
Dreifaltigkeit, den Märtyrern Stephanus
und Laurentius und einer größeren An-
zahl von Engeln. Der Maler hatte die
Aufgabe, die schadhaften Geniälde zu re-
novieren und Zugleich die Decke mit or-
namentaler Stuckdekoration zu versehen.
Dieser Aufgabe unterzog sich der schon
genaliilte Knnstlnaler Stehle aus Rotten-
bnrg, welcher auch die Wiederinstand-
setznng der alten Wandlnalereien besorgte,
wobei er von Architekt Koch und Or.Grad-
mailn ails Stuttgart und Pfarrer Pfeffer
in Lantlingen beraten wurde.

Die Ausführung geschah unter Leitung
von Koch mit großer Sorgfalt und Ge-
wissenhaftigkeit, ohne Uebermalung. Das
Verfahren, welches bei der Auffrischung
der Bilder eingehalten wurde, haben wir
nicht näher zu schildern, nur so viel sei

von der Technik mitgeteilt, daß auch Ger-
hardsche Kasein- lind Keinische Mineral-
farben zur Anwendung kamen und daß,
um eine ruhige Wirkung zu erzielen, die
Wände in einem dunkleren, gelblichten Ton
getupft und in Abständen von zirka 40 cm
nach einem alten gotischen Wandmnster
(Form von Zweigchen) dekoriert wur-
den. —• Die Motive der Fensterleibungen
stammen von den alten Bildern der
St. Moritzkirche in Rottenburg-Ehingen.

Was die Entinger Gemälde für die
Kunstgeschichte bedeuten, wird so leicht
nicht zu sagen sein (Bebenhausen?); jeden-
falls unterstützen sie die Ansicht derjenigen,
welche behaupten, daß früher alle Kirchen
bemalt gewesen seien. „Die Wandmale-
reien im Innern der Kirche sollten eben
nicht bloß eine Zierde des Gotteshauses,
sondern zugleich eine geistliche Lektüre der
Gemeinde sein" (Katechismus). Wir laden
zum Besuche der Entinger Kirche ein und
beglückwünschen den Psarrherrn zu der
dnrchgesührten Kirchenrestauration und den
interessanten Bildern, zu deren Wieder-
herstellungskosten in anerkennenswerter
Weise durch Dr. Gradmann ein Staats-
bettrag von 500 Mark erwirkt wurde.

Lin Merk fjans Mlorincks.

Von Gertrud Gr ad mann.

Zu den besseren Arbeiten der süd-
deutschen Spälrenaissance mag einst das
Steinbild „Christus am Kreuz" in Ober-
stadion gehört haben, das jetzt, ziemlich
beschädigt, im nördlichen Qnerschisf der
Pfarrkirche eingemauert ist (vgl. Kunst-
nnd Altertumsdenkmäler im Oberamt
Ehingen von H. Klaiber). Schon der
Gesamteindrnck des Reliefs (schwellende
Formen, virtuose Anatomie und pathe-
tischer Ausdruck) verrät den Stil Hans
Morincks, des Ausländers, der, aus Kärn-
ten stammend und in den Niederlanden
ansgebildet, im Jahre 1576 sich in Kon-
stanz niederließ. Aenßerliche Merkmale
in Hintergrund, Tracht, Handbewegnng
usw. liefert reichlich der Vergleich mit
ähnlichen Darstellungen in Konstanz Z. Die
im Chor von St. Konstanz stimmt in der

9 Fritz Hirsch, Rep. f. Kunstwiss. XX. 1897.
 
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