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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 32.1914

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Nr. 6
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Rohr, Ignaz: Ein Museumsgang in London, [1]
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Pfeffer, Albert: Der Kirchenbau in Lautlingen, OA. Balingen, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.16254#0066

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wogt wie beim Abiturienten, der seine
Zeittafeln repetiert — die verkörperte
Intelligenz und Willensstärke in den
Porträts der beiden Pitt, die Rücksichts-
losigkeit und Brutalität im vierschrötigen
Tickschädel Cromwells, die Lust zum
Fabulieren in den Blicken des einen oder
andern der Prärafaeliten prägen sich
dauernd ein und bleiben für das Ge-
dächtnis feste Punkte selbst in der Flucht
der sich jagenden Erscheinungen und Ein-
drücke der Weltstadt. Auch der Laie in
der englischen Kunstgeschichte fühlt in-
stinktiv, daß in den Prärafaelitenporträts
der künstlerische Schwerpunkt der ganzen
Galerie liegt, kehrt immer wieder zu den-
selben zurück und möchte niehr von ihnen
sehen und erfahren. Diesen Wunsch er-
füllt die Tate-Ga lerie. Sie führt
auch den stolzen Titel Rational Gallery
of British Art, und sie verdient ihn.

Zunächst ist sie „national" im emi-
nenten Sinn, sofern sie in ihrem Ge-
bändekomplex und einem soliden Grund-
stock ihres Gemäldebestandes das Geschenk
eines Privaten, des Sir Henry Tate an
die Nation bedeutet, insbesondere aber,
sofern sie in ihrem Inhalt ein anschau-
liches Bild des „nationalen" Lebens in
England gibt. Dabei stellen erfreulicher-
weise Schlachten, Haupt- und Staats-
aktionen usw. ein verschwindend kleines
Kontingent, obgleich die Plastik von
Reynolds Stephens im Vestibül (Königin
Elisabeth und Raleigh spielen auf einem
Schachbrett, nicht mit Königen, Bauern
usw., sondern mit Schiffen) etwas ganz an-
deres erwarten läßt. Wohl aberführen die
Gemälde tu die schottischen Buchten und
die Schluchten von Wales, schildern das
in England so herzlich gepflegte Land-
leben, die so treu gehegten Hunde, Pferde,
Rinder, Schafe, die Lichtpunkte im All-
tagsgelriebe : Erntefest, Jahrmarkt, Pferde-
rennen, die tragischen Seiten: Abschied
des verschuldeten Gutsbesitzers vom Erbe
der Väter, Konflikt mit der Obrigkeit,
Verhaftung, Kerkerszenen, dann aber auch
Reiseeindrücke ans allen Weltteilen, wobei
der riesige Kolonialbesitz Englands sich
nicht einmal besonders ausdringlich geltend
macht. Die „kühle Denkart" Albions
bewährt sich auch hier. Wenn man z. B.
die Gemälde der Pariser, Berliner oder

Wiener Museen znsammenzählt, welche
die nationalen Waffentaten feiern, so ist
die Zahl derer zu London mit entsprechen-
den Sujets verschwindend klein. Dagegen
ziehen zwei Gruppen der Tate-Galerie
schon beim orientierenden Rundgang be-
sonders ait und wissen das Interesse
immer wieder von neuem zu entfachen.
Das ist die Ausstellung Turners und
die Samnllnng der Prärafaeliten.

Turner gilt heute als der Chorführer
noderner Malerei, sofern sie Licht und
Luft zu malen gelernt hat. Nur trennt
ihn ein volles Menschenalter von seinem
nächsten Nachfolger — Manet — der in
seine Bahnen einlenkte. Einzelne seiner
Gemälde werden zur Zeit mit gegen
200 000 Mark bezahlt, und man hat wie-
derholt falsche „Turners" ans dem Kunst-
markt einzuschmnggeln gewußt. Die ihm
zeitlich näherstanden, also ihn am besten
hätten verstehen können und sollen,
brachten es über sich, eine stattliche An-
zahl von Gemälden aus der Zeit seiner
Vollreife als wertlos ans dem Speicher
eines der großen Muffen Londons auf-
znstapeln. Heute nehmen sie den ver-
dienten Ehrenplatz in derselben ein. So
stellt sich sein Bild unwillkürlich vor die
Seele, wenn man die Nr. 1685 der
Tate-Galerie betrachtet: der Tod Chatter-
tons, der „Gefeierte" liegt in ärmlicher
Dachkammer auf hartem Lager, am
Boden eine Truhe mit Manuskripten —
daneben das Fläschchen, aus dem er sich
eben den Tod getrunken. (Forts, folgt.)

Der Airchenbau in Lantlingen,
GA. Balingen.

Aon Pfarrer Pfeffer, Laullingen.

(Schluß.)

Bei der Ausgestaltung des Grundrisses
ist darauf Bedacht genommen worden, daß
die Kirche in erster Linie eine sakramen-
tale Opferstätte, aber ailch ein brauch-
barer Predigtraum sein soll; daß der
Hochaltar möglichst von allen Plätzen aus
sichtbar, der Prediger ebenfalls in der
ganzen Kirche vernehmbar sein soll. Die
Kanzel wurde darum an der Ecke, wo
Chor und Schiff sich schneiden, alifgestellt;
diese Kanzelstellnng hat den Vorzug, daß
der Prediger die ganze Gemeinde, auch
 
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