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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 32.1914

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Nr. 6
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Pfeffer, Albert: Der Kirchenbau in Lautlingen, OA. Balingen, [3]
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Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.16254#0068

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Friedrichshafen und Regierungsbaumeister
Schlösser in Stuttgart. Ju gemein-
samer Arbeit haben sie einen neuzeitlichen
Kirchenbau geschaffen, der sich auszeichnet
durch architektonische Geschlossenheit, durch
Anpassen an die gegebenen Verhältnisse,
durch zweckmäßige Raumgestaltung, feinen
Takt in der Einhaltung der gebotenen
Grenzen und Sicherheit in der Auswahl
der Mittel zur künstlerischen Gestaltung
in der Gesamtheit wie in den Details.
Mit Recht haben sie die herkömmliche
Schablone im architektonischen Gestalten
des Kirchenbaus verschmäht — diese war
schon ausgeschlossen durch das neue Bau-
material mit seinen ganz eigenartigen
inneren Bedingungen — und haben den
Bau ganz von Innen heraus aus der
Zweckbestimmuug uud deu Bediuguugeu
des Materials entwickelt. Wenn die
Architekten sich im Stil leise an die
Bauten der Barockzeit angelehnt haben,
die uns zeitlich und unserem Empfinden
nach näher liegen, als gotische und
romanische Bauten, so behauptet sich doch
der Lautlinger Kirchenbau, fern von aller
öden sklavischenRachahmnng früherer Stil-
perioden, als eine selbständig durchgeführte
Leistung im Geiste der historischen Stile,
aber mit persönlichem Ausdruck, als eine
Dorskirche von echt heimatlichenr Wesen,
bodenständig, würdig und schön, in bestem
Sinne alt und neu zugleich, im Geist
der großen katholischen Vergangenheit
und im Dienste der gegenwärtigen Zwecke
entwickelt, als erster reiner Eiseubetoubau
innerhalb der Diözese ein beachtenswerter
Markstein in der Geschichte und Ent-
wicklung des Diözesaukirchenbaus.

Literatur.

Handbuch der Kunstwissenschaft.
Herausgegeben von Dr. Fritz Burger,
Privatdozent a. d. Universität, Lehrer a. d.
Akademie der Bildenden Künste München,
unter Mitwirkung einer Reihe anderer
Kunstgelehrter. 1.—10. Lieferung. Berlin-
Neubabelsberg (Akadem. Verlagsgesell-
schaft). Die deutsche Malerei,
VII. Teil: vom ausgehenden Mittelalter
bis zum Ende der Renaissance von Dr.
Fritz Burger. (Heft 1, 2, 3, 4, 5
bisher erschienen.) — Band III. Alt-
christliche und byzantinische Kunst, von
O. Wulfs (bisher Heft 1—5 erschie-

nen). *) Vollständig in etwa 45 Liefe-
rungeil ä 1.50 Mk.

Ein groß angelegtes, weit ausschanendes und
aufs glänzendste ansgestattetes Werk hat unter
dem oben angegebenen Titel zu erscheinen be-
gonnen und ist bisher bis zum 14. Heft ge-
diehen^); eine Kunstgeschichte, die einen eigenen
Platz in der kunstgeschichtlichen Literatur bean-
spruchen darf und wird. Das Werk verdient
die eingehendste Beachtung der Kunsthistoriker
nicht nur, weil es ein geradezu ideal ausge-
führtes Bildermaterial enthält — es ist mir
kein Werk bekannt, das in gleicher Reichhaltigkeit
und gleich feiner Ausführung ein gleich reiches
Bildermalerial darböte —, sonoern vor allem,
weil es die Kunstgeschichte auf ganz neue Grund-
lagen zu stellen versucht. Es soll hier zum
erstenmal der Grundsatz durchgeführt werden,
den künstlerisch formalen Standpunkt mit dem
historischen zu vereinen, indem die Anordnung
des Stoffes nicht nach äußerlichen Stilbegriffen
oder nur nach Künstlerpersönlichkeiten, sondern
ausschließlich nach künstlerischen Gesichtspunkten
vollzogen wird. Der Leser soll sich hier nicht
ein bloß äußerliches Wissen von den Dingen zu
eigen machen, oder durch ästhetische und kultur-
geschichtliche Spekulationen unterhalten, sondern
unter Anwendung der Methodik des Bergleiches
im wahrhaften Sinn des Wortes mit der Ge-
schichte der Kunst als einer Geschichte der mensch-
lichen Erkenntnis (sie!) vertraut gemacht
werden. Ich müßte eigentlich bei diesem Satz
meine Bedenken äußern, da ich der Meinung
bin, daß die Geschichte der Kunst nicht eine Ge-
schichte der menschlichen Erkenntnis sein kann
— das ist Sache der Geschichte der Philosophie —
daß Kunst, so sehr sie das intellektive Vermögen des
Menschen voraussetzt, doch nicht ohne weiteres
mit Erkenntnis gleichgesetzt werd en kann, und
daß künstlerische Produktion keineswegs zusammen-
sällt mit grüblerischem Spekulieren. Das Pro-
gramm des Herausgebers ist darauf eingestellt,
„die landläufigen Stilbegriffe zu verineiden,
um ohne diese aus den künstlerischen Erkenntnis-
formen selbst den Stilbegriff zu gewinnen, als
das, was er ist oder sein soll: eure ivechselnde
Anschanungsform, d. h. Theorie (!) über
die Einheit eines sinnlichen Vorstel-
lung s k o m p l e x e s von der Natur"
(S. VI). — Das ist etwas reichlich viel Philo-
sophie für eine Kunstgeschichte. Und so sehr ich
auch dem Grundgedanken des Herausgebers,
eine Kunstgeschichte aus dem Geist der einzelnen
Epochen heraus zu schreiben, sympathisch
gegenüberstehe und ihn für unbedingt richtig
halte, so kann ich mich doch des Eindrucks nicht
erwehren, daß in den Partien, die der Heraus-
geber (Dt. Burger) selbst geschrieben hat, von
apriorischen Konstruktionen und Spekulationen
der Stoff vergewaltigt werde, oder daß hiezu
mindestens eine große Gefahr bestehe. Auch die
Kunstgeschichte hat sich eben nach den Gesetzen

’) Heft 9 (— O. Wulff, Heft 4) habe ich
nicht erhalten.

2) Eine vorläufige Anzeige brachte „Archiv"
1913, Nr. 4, S. 44.
 
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