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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 32.1914

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Nr. 10
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Baur, Ludwig: Friedhofanlage und Friedhofkunst, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.16254#0099

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90 —

fallen. Dann aber ist man dem Pfuscher-
urteil von Dilettanten schntzlos preis-
gegeben und das pflegt insgemein brutal
auszufallen. — Ich möchte daher eher
dafür plädieren, dein an sich richtigen
Grundgedanken dieser Fordenmg ans dein
Wege der gütlichen Beratung zu seinem
Rechte zu verhelfen. Man möge die Be-
steller von Grabdenkmälern ernstlich ver-
anlassen, auf die Nachbargräber bei der
Bestellung Rücksicht zu nehmen. Wo kom-
pletter Unverstand diese Rücksicht weigert,
mag der Friedhofverwaltung immerhin
ein Vetorecht konzediert werden. Even-
tuell wäre auch durch die Bepflanzung
eine etwaige ungünstige Wirkung auszu-
gleichen. Hier wäre ein eventueller ge-
linder Zwang wohl eher zu ertragen.

Auch die weitere Forderung ist wohl
beachtenswert: nicht jedes Grab soll gleich
groß sein wie das andere. Grässel schlägt
daher vor, die Gräberfläche nicht nach
einem schematisch gleichen Maß, sondern
nach den: Quadratmeter zu verkaufen *).
Dadurch würde die Monotonie der Gräber-
reihen von s e l b st durchbrochen. Es
würden dann schon in der Grabanlage
Unterschiede entstehen. — Unter der Vor-
aussetzung, daß dabei über ein vernünf-
tiges Maß nicht hinausgegangeu werde,
d. h. daß eine Maximalgrenze des er-
werbbareu Bodens wenigstens für das
Einzel- und Familiengrab eingehalten
werde, rvird man diese Forderung auch
für unsere gewöhnlichen Friedhöfe nicht
rnißbilligeil können.

b) Eine vielverhandelte Frage ist der
Grabhügel. Soll man Grabhügel ge-
stalten oder nicht? Die Meinungen dar-
über sind geteilt. Die einen verlangen:
Heine Hügel, sondern ebenen Nasenboden,
ans bem man dann, wenn nötig, etwa
durch eine kleine Buchseiufassung die Um-
grenzung des Grabes bezeichnen könnte.
Auch dies sei nicht nötig. Als Begrün-
dung führt man an, daß durch die Hügel
das Friedhofgelände zrr sehr zerhackt und
zerschnitten werde.

Diese Forderung geht ganz entschieden
zu weit. Der Grabhügel ist durchaus
die naturgemäße Andeutung dafür, daß
hier ein Toter liegt. Der Hügel ist auch

religionsgeschichtlich die älteste und blei-
bende Form des Grabes (tumulus). Wir
werden ihn also beizubehalten gute Gründe
haben. Auch die Ordnung des Münchener
Waldfriedhofs hat den Grabeshügel zu-
gelassen. Es ist nur gefordert — und das
ist in der Tat billig und recht — daß
der Hügel nicht kistenartig künstlich erhöht
werde; er soll vielmehr so gestaltet sein,
daß er wie eine leichte, sanft sich wöl-
bende Erdwelle, wie ein Belt aussieht,
unter welchem jemand schlummert ch.

Im engsten Zusammenhang mit der
Frage des G r a b Hügels steht die andere
der Gra b ein f assun g. Diese Grab-
einfassung war bisher in manchen Fried-
hoforduuugen vorgeschrieben, ltub zwar in
Stein.

Ihr praktischer Zweck ist einfach der,
den Grabhügel znsammenzuhalteu und
das Grab deutlich von seiner unmittel-
baren Umgebung abzngrenzen.

Andererseits ist nicht §u verkennen, daß
gerade auf diesen häßlichen Steiueiu-
fassitngeu ganz hervorragend der schlechte
Eindruck beruht, den die Gräberreihen
unserer Friedhöfe zeigeit. Daher sind sie
in neueren Friedhofordnungen gänzlich
verboten^). Dieses Verbot ist aber wenig-
stens in München motiviert worden niit
der Rücksicht auf den Charakter des Wald-
friedhofs. Wo diese Rücksicht wegfällt,
wo insbesondere unsere kleineren Friedhöfe
in Betracht kommen, da kann mau un-
möglich so weit gehen, und es ist auch
nicht nötig. Hier müssen allerdings als
ganz unzulässig jene hohen, oft bis
zu 50 und 60 cm ansteigenden Grabein-
sassnngen, die besonders bei der üblichen
engen Belegung die Gräber trogartig und
das Gräberfeld jämmerlich häßlich gestalten,
bezeichnet werden. — Wenn überhaupt eine
Steineinfassnng verivendet werden will, * 2

0 § 4 der Münchener Waldsriedhosordnung
bestimmt: „Wo Grabhügel angelegt werden

sollen, müssen sie eine in der Mitte nicht über
30 Zentimeter Höhe gewölbte Form erhalten.
Abgeböschte kastenförmige Grabhügel sind ver-
boten." S. Grässel S. 25.

2) So bestimmt § 5 der Münchener Wald-
sriedhofordnung: „Jede Einfriedung von Grab-
stätten ist verboten. Einfriedungen und Ein-
fassungen stehen int Widerspruch mit dem Ein-
druck der Freiheit, welchen die Natur des Waldes
gibt, und zerstören den schönen zusammenfassen-
deit Eindruck des Waldbodens."

') Grässel a. a. O. S. 6.
 
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