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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 32.1914

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Nr. 10
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Baur, Ludwig: Friedhofanlage und Friedhofkunst, [5]
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Rueß, Bernhard: Baugeschichte des vom Reichstift Schussenried erstellten Wallfahrtstempels zu Steinhausen, OA. Waldsee, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.16254#0101

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92

9, Der wichtigste Teil des Grab-
schmuckes ist

das Grabdeu km al. .

Es ist zugleich vielfach und am meisten
der „Stein des Anstoßes" auf unseren
Gottesäckern.

Unsere heutige Grabmalknnst ist meistens
Steinnletzknnst, oder richtiger gesagt
Steinmetzarbeiten, die sich als ein hilf-
loser Versuch zur Nachahmung - italie-
nischer oder klassischer Vorbilder er-
weisen-: ans der einen Seite ein mit
aller Gewalt klassisch sich gebärdender
Formalismus, auf der anderen Seite
pathetische Nenaissanceformen, hier goti-
sierende Zierformen, dort Biederulaier
redivivus oder ein stil- und formloser
Naturalisnlus.

Es ist nicht ohne Wert, zunächst einige
der hauptsächlichsten Grundsätze namhaft
zu machen, von welchen eine glückliche
Lösung der Grabdenkmalpflege abhängig ist:

a) Das Grabmal soll das Ergebnis
des religiösen Glaubens, des persönlichen
Fuhlens und der künstlerischen Empfin-
dung sein.

b) Das Grabmal nruß auf die Um-
gebung abgestimmt werden, in welche es
zu stehen kommt: ein Mauergrab fordert
einen prinzipiell ganz anders gebauten
Grabstein, als ein freistehendes. Die
lctztereii sind bei uns xu der Regel zu
hoch, während ein Mauergrabmal hoch
und breit sein muß.

e) Sehr beachtenswert ist sodann die
Mahnung, die jenem einzelnen deutschen
Volksstamm besonders eigentümlichen
Grabmalformen nachdrücklich zu pflegen —
ein Gedanke, den Högg-Holtz in ihreni
Sammelwerk „Einsache christliche Grab-
müler. für Niedersachsen 1910" anssprachen
min zu verwirklichen strebten. —

Durchaus richtig ist aber auch der damit
verwandte Gedanke, den Högg an einer
anderen Stelle vertritt, wo er ganz zu-
tresfend sagt: „Uns wird viel zu
vielerlei an Formen angeboten,
iiicht nur von der schundigen Massen-
indnftrie, sondern auch von den gut und
künstlerisch geleiteten „Werkstätten für
Grabmalknnst". Allenthalben herrscht
eitle überreizt e Oi iginalitätssucht,bei Käufern
wie Verkäufern und Künstlern. D e r W e r t
der einheitlichen t y p i s ch e n F o r m

w ir d n ir ge n d s m e h r er kan nt"'). —
Und doch gestattet diese die wünschenswerte
individuelle Behandlung und reichen Wechsel
der Formen. Also: Wiederaufnahme der
alten bodenständigen Grabmaltypen2),
Kultivierung der in ihnen gegebenen typi-
schen Grundform und Variierung. Das
erst gibt Ruhe, Einheitlichkeit, Geschlossen-
heit der Gottesäcker, die nicht in Mono-
tonie ailsartet.

6) Zierliche, antikisierende Denkmäler
mit zarten -Profilen und Ornamenten ver-
langen ein hartes, dichtes, geschlossenes
Material wie Marmor, feiuköinigen Sand-
stein, Enville. Kräftige, monnmenlale,
wuchtige Formen mit großen Flächen ilnd
wenig Ornament passen für Muschelkalks.

Damit sind wir nun zu der wichtigen
Frage des Materials für das Grab-
denkmal geführt worden. Hier ist zweifel-
los eine berechtigte Forderung der neu-
zeitlichen-Friedhofkunst, daß man doch nicht
lauter Steindenkmäler, sondern neben ihnen
auch, Schmiede-Ei feil- und Holzdenk-
mäler errichten-möge.

(Fortsetzung folgt.)

Baugeschichte des vom Reichsstift
Bchussenried erstellten Mallfahrts-
tempels Zu Steinhaufen,

(Dll. waldsee.

Bon Stadtpfarrer B. Rueß in Fridingeii.

(Schluß.)

Der Abt aber hatte unter anderem gerade
etwa verarmte Klosterherrschaftslente in
den Stand setzen wollen, ihre beim Reichs-
stift ausstehenden Schulden decken zu können

1) E. Högg, Friedhofkunst in „Kunst und
Kirche" Leipzig (Teubner) 1913, S. 100.

2) Für unser Schwabenland dürften als
charakteristische alte Forinen bezeichnet werden:
das hölzerne und schiniedeiserne Kreuz und die
aufrecht stehende Steinplatte aus Sandstein mit
einem Kreuzchen daraus. Meines Wissens ist
bisher noch niemand dieser Frage für Schwaben
nachgegangen. Es wäre ber Mühe wert, sie in
Angriff zu nehmen. Vermultich ließen sich die
sichersten Anhaltspunkte in, ctivas abgelegeneren
Dörfern des bayrischen Schwabens gewinnen,
ivo sich die alte Art noch am unverfälschtesten
bewahrt hat.

^) Vergl. Dr. Grolma n n, Winke für die
Beschaffung eines Grabdenkmals (Flugblatt der
Wiesbadener Gesellschaft für Grabmalkunst).
 
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