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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 32.1914

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Nr. 10
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Rueß, Bernhard: Baugeschichte des vom Reichstift Schussenried erstellten Wallfahrtstempels zu Steinhausen, OA. Waldsee, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.16254#0104

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— 95

Vermählung, Heimsuchung, Reinigung).
Das Hauptbild ist aber in der Mitte, wo
Maria als in den Himmel ausgenommen
und von Engeln nebst Heiligen umgeben
gefeiert wird. Um diese Darstellung der
Glorie der allerseligsteu Jungfrau grup-
pieren sich vier Szenen, in welchen je eine
vornehme Dame als die Vertreterin eines
Landes oder Weltteils huldigend auf Maria
hillweist- unter anderenr ist als eine solche
Verehrerin Mariä die Kaiserin Maria
Theresia von Oesterreich abgebildet, sie ist
die Repräsentantin Europas. Das Schluß-
bild aus bent marianischen Zyklus ist der
unter der Orgelbühne befindliche Tod
Mariä, der hier an bescheidener Stelle
angebracht wurde, damit die Glorie und
Verherrlichung Mariä umso großartiger
an dem Plafoild ins Auge fallen könne.
Ueber der Eingangshalle ist ein Bild der
Taufe Jesu. (Durch die heilige Tailfe in
die Kirche, durch diese Pforte in das
Steinhäuser Wallfahrtsgotteshaus!)

In das mit allen Mitteln der Kunst-
fertigkeit des 18. Jahrhunderts ausge-
stattete Wallfahrtsheiligtum wurde nun den
29. September 1735 unter den größten
Fest- und Feierlichkeiten in einer über
20 000 Teilnehmer zählenden Prozession
das ehrwürdige Guadeubild, die Schmer-
zeusmutter Maria mit dem Leichnam Jesu
auf dem Schoß darstelleitd, verbracht. Auch
mit Paramenten, Kelchen, Meßgewändern
und sonstigen kirchlichen Ausstattuugs-
gegenftänden wurde das neue Marieu-
heiligtunr reichlich versehen. Namentlich
prangt in ihm heiltzutage noch eine zier-
liche, kunstreiche gotische Monstranz aus
Silber; sie trägt am Fuß die Inschrift:
„Schussenried - Steinhaufen Ao 1513."
Sie zierte bereits die frühere Wall-
fahrtskirche und ist wahrscheinlich ein
Geschenk des verstorbenen Ables Jo-
hannes Wittmaier und des Kloster-
konventes von Schussenried. Anno 1753
erhielt das Gotteshaus auch einen Kreuz-
partikel. Derselbe war in Privatbesitz des
?. Remigius Jlger gewesen, welcher ihn
von einem guten Freund erhalten hatte.
Nach dem Tode des Ordensmannes hat
Abt Magnus Kleber den Kreuzpartikel für
den Wallsahrtstempel in Steinhaufen be-
stimmt. Derselbe wurde am Pfiugstdiens-
tag unter großer Soleuuität und unter

Teilnahme einer stattlichen Volksschar ein-
gesetzt. Der gleiche Abt verhalf der Kirche
in Steinhaufen auch zu einem schönen
Geläute, und zwar auch im Jahr 1753.
Bisher hatte der Turm nur zwei alte,
ziemlich geringe Glocken beherbergt. Diese
beiden wurden nun an den Gießer Johann
Melchior Ernst aus Memmingen abgegeben
und ihm der Auftrag erteilt, vier Glocken
für die Pfarrei neu zu gießen. Die größte
derselben sollte ein Gewicht von ungefähr
24 Zentnern und die übrigen ein ent-
sprechend geringeres erhallen. Meister-
Ernst lieferte ein neues Geläute im Gesamt-
gewicht von 46 Zentnern und 92 Pfund;
die größte der neuen Glocken wog
24 Zentner 30 Pfund, die zweite 11 Zentner
50 Pfund, die dritte 7 Zentner 90 Pfund
und die vierte 3 Zentner 22 Pfund.
Die größte dieser vier Glocken hängt
gegenwärtig noch in dem hohen schlanken
Kirchturm; an ihrem Mantel ist das
Wappen des Prälaten Kleber, das Bildnis
der schmerzhaften Gottesmutter Maria, der
Heiligen Magnus, Norbert und Johannes
Nepomuk zu sehen, ebenso die Inschrift:
„Haec campana cum reliquis fusa est
a Joh. Melchiore Ernst Memmingae
felici regimine reverendissimi prae-
lati D. D. Magni abb. Soreth." Leider
mußten die drei anderen Glocken im Laufe
der Zeit bereits umgegossen werden, und
zwar die dntte von Joh. Daniel Schmelz
aus Biberach anno 1781. Die kleinste
wurde im Jahr 1842 von Konrad Zoller
in Biberach neu gegossen. Die zweitgrößte
dagegen mußte derselbe Meister anno 1878
umgießen; sie ist geschmückt mit den Brld-
nisseu der hl. Kirchenpatroue Petrus und
Paulus, der schmerzhaften Gottesmutter
Maria und des hl. Joseph. — Aber nicht
bloß die Mehrzahl der Kircheuglocken hat
im Lauf der Jahre die Vergänglichkeit
des Irdischen bestätigt, ailch das Gebäude
selbst wurde schon mehrfach in einigen
Teilen reparaturbedürftig. Weil der hoch-
ragende Bau den Stürmen sehr ausgesetzt
ist, namentlich das Kircheudach von der
Heftigkeit des Wasserschlages sehr zu leiden
hat, mußten schon um die Mitte des vor-
vorigen Säkulums Holzbalken des Dach-
stuhles, welche zu faulen und ruinös zu
werden aufingen, repariert und sorgfältiger
mit Blech gegen eindriugendes Regenwasser
 
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