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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 32.1914

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Nr. 12
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Baur, Ludwig: Friedhofanlage und Friedhofkunst, [7]
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https://doi.org/10.11588/diglit.16254#0117

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Mitteln — ein besonderes Denkmal, wie
es eben gerade paßt, geschaffen würde.
Hier darf besonders darauf hingewiesen
werden, daß die Gesellschaft für christliche
Kunst (München, Karlstraße 6) im Be-
darfsfälle mit Vorlage geeigneter Projekte
bzw. durch Empfehlung von Künstlern für
Herstellung neuer Entwürfe gerne kosten-
los die Vermittlung übernimmt.

Das wird nun freilich in den meisten
Fällen daran scheitern, daß es den Leuten
zu unbequem ist. Sie wissen auch nicht,
mit wenr sie es zu tun haben, wie das
Grabmal anssieht rtitb was es kostet.
Das alles hat man eben viel bequemer
mit den schönen Musterbüchern, die der
Steinhaner schon am Tag nach der Be-
erdigung fix und fertig zum Gebrauch
vorlegen kann. — Viel wird darum schon
gewonnen sein, wenn es nur gelingt, die
Hinterbliebenen von einer überhasteten
Bestellung eines Mnsterkataloggrabsteins
abzuhalten und ihnen die Ueberzengung
beizubringen, daß die Bestellung eines
Grabsteins recht reiflich überlegt werden
müsse, und daß es noch viel Schönes
gebe, was nicht irr den Steinmetzmuster-
büchern stehe.

4. Die nachdrücklichste und nachhaltigste
Besserung wird selbstverständlich zrr er-
warterr sein von entsprechenden Verfü-
gungen und Forderungen seitens der
Friedhofsverrvaltnngen, bezw. Kirchen-
gerneinden oder bürgerlichen Gemeinden,
die eine Friedhofsordnnng aufznstellen
haben: d. h. also, um das Kind beim
Namen zu nennen, durch Zwang. In
der Tat verspricht sich ein großer Teil
derer, die in dieser Frage mit Besserungs-
vorschlägen Hervorgelreten sind, das meiste
zur Hebung der Friedhofknnst vom strengen
Zwang.

Graessel sagt (3): „Bei den heuti-
gen Zeitverhältnissen mit ihrer Unruhe
und Arbeitsteilung kann eben der Einzelne
nicht mehr sich über alles unterrichten ...
Es müssen heule diejenigen, die speziell
sich mit einer Sache hefassen, jene leiten
und führen, welchen das Eindringen in
das Wesen von ihnen ferner liegenden
Dingen nicht mehr nröglich ist. Und dies
geschieht .... am bestell durch Auf-
stellung von Richtpunkten, Vorschriften
und Verbot. Wohl kann durch die

Erlasfflng von Vorschriften keine Kultur
des guten Geschmacks hervorgerufen wer-
den ; aber die Kulturarbeit wird durch sie
a»l besten unterstützt, wie dies der Wald-
friedhof in München nach kurzer Hand-
habung der dortiger! Bestimmungen zeigt;
und es ist gerechtfertigt, gegen die Betä-
tigung von Unverstand und Protzentnnr
mit jedern brauchbaren Mittel zu Felde
zu ziehen, denn so weit darf die persön-
liche Freiheit der Einzelnen nicht gehen,
daß durch sie die allgerneinen Interessen
geschädigt werden." — Auch Högg plä-
diert für den Zwang: „Schaffen Sie
strenge Friedhofsordnungen! Aber lassen
Sie es dabei nicht bewenden, sondern
wachen Sie darüber, daß sie auch respek-
tiert werdet!! Scheuen Sie sich nicht vor
den! Vorwürfe, daß Sie die individuelle
Freiheit knebeln. Was gedankenlose
Brenschen ohne Gefühl und Geschmack
Freiheit nennen, ist nichts als Anarchie!" —
Ich kann mich damit nicht befreunden.
Es rnag ja sein, daß man in großen
Verhältnissen ohne strengen Zwang
nicht nnskonnnen kann. Aber solche-
Zmangsmaßregeln auf unsere mittleren
und kleineren Städte und Dörfer zu über-
tragen, geht über das Zulässige und ist
m. E. nicht ratsanr. Zwang ist Zwang!
Und nun vollends in einer so deli-
katen und persönlichen Angelegenheit, wie
es die Beschaffung eines Grabmals ist,
die grobe Zwangseinmischung von freinden
Leuten, von mehr oder minder gebildeten
Stadt- und Landbureaukraten ertragen
zu müsseu, scheint mir eine viel schlimmere
Sache zu sein, als ein weniger glückliches
Denktnal. Es ist in unserer Zeit so viel
Zivang tlnd bureankratisches Regitnetlt in
der Welt, daß wir ntis sehr besinnen
tnüssen, diese Ueberfülle noch zu vermehren.
— Dazu kommt aber, daß in unseren
Dörfertl und in den tneisteti kleineret!
Städten keine ästhetisch so gründlich ge-
schulten Leute zu finden sind, die imstande
wären, mit sicherem Geschmack in diesen
Dingen Urteile zu fällen. Solchen Leuten
ein solch weitgreisendes Einspruchrecht
geben, hieße eine dilettantische Diktatoren-
herrschaft etablieren, die gerade da mit
unerträglichsten ist, wo die persönlichen
Gefühle die feinfühligste Rücksichtnahtne
verlangen. Und endlich ist mit behörd-
 
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