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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 32.1914

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Nr. 12
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Warncke, Johannes: Mitteilungen über einige in Lübeck befindliche mittelalterliche Pilgerzeichen, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.16254#0119
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von Lübeckern aufgesucht, so bestimntt
Marqmudus Volckerstorp 1406: „Item
schul men senden 10 Pelegberine to dem
hilghen Blöde to der Wilsnak, den schal
men gbenen 15 Mark, eynen yeweliken
24 ß“1) oder Hinricns Ghevenrot 1439:
„Item scholen myne Vormnndere senden
enen Pelegrimmen to der Wilsnacke, alse
ze erste tonen, to Tröste myner Zelen,
vnn ein des Arbeydes redeliken Ionen,
vnde de schal dar öfteren twe Wassene Bene
van 7 Mark punt Wasses“^) und andere.
Auch in Sühneverträgen wird Wilsnack
als Ziel der Sühnefahrt bestimmt, z. B.
1453: . . . „Ock schal he to der Wilsnacke
geilt, wenn er ein bat beqweme is . . “2 3 *).
Auch die vielen ans Schleswig-Holstein
und Dänemark kommenden Pilger mußten
ihren Weg über Lübeck nehmen, wie König
Christian I. von Dänemark 1462*).

Das zweite Zeichen ans der genannten
Glocke ist rund, bei 4,8 cm Durchmesser;
es umschließt einen Vierpaß, von dem nur
drei Teile sichtbar sind. In die beiden
frei gebliebenen Zwickel ist je ein kleiner
Kreis gelegt, beide vertreten sicher die
Oesen. Im Vierpaß selbst sieht man
drei Könige mit Kronen und über ihnen
Stern und Mond, wodurch die drei als
die heiligen drei Könige gekennzeichnet
werden (Abb. 5). Es ist dies demnach ein
Pilgerzeichen für Köln. Hier wurden näm-
lich die heiligen drei Könige verehrt. 1162
waren die in Mailand aufbewnhrten Ge-
beine derselben bei Eroberung der Stadt
an Kaiser Friedrich Barbarossa gekommen,
der sie dann denr Erzbischof Reinald in
Köln schenkte. Der vorhin genannte
Chronist Detmar schreibt darüber: „Indem
jare Christi 1163 do wurden ghenomen
de hilghen dre koninghe van Meylan; de
brachte de biscop Reynold to Colne, dar
se noch fiitt5 5)."

Als Gegenstück zu diesem Zeichen fand
ich ein zweites Kölner ans einer 1511
von dem Lübecker Gießer Peter Wulf ge-
fertigten Glocke in dem früher Lübeckischen,

1) v. Melle a. a. O. S. 115.

2) v. Melle a. a. O. S. 1-8.

s) Lüb. Urkundenbuch Bd. IX, S- 150, ebenso
auch Bd. VI. S. 650, Bv. VH. S. 208, 620 u. 531.

4) Zeitschr. d, Ner. f. Lüb, Gesch. u. Alter-
tumsk. Bd. IV, S. 283 ff.

5) „Die Chroniken der niedersächsischen Städte"
- „Lübeck". Bd. I, Leipzig 1884, S. 248.

jetzt Lanenbnrgischen Torfe Breitenfelde
bei Mölln. Es ist ebenfalls rund, jedoch
oben mit krabbenartigen Zieraten besetzt
und am Rande mit vier Oesen ver-
sehen. Die Höhe ist 4,7 cm und die
Breite 4,2 cm. Das Innere ist durch
eine Leiste geteilt. Oberhalb derselben
sieht man die heiligen drei Könige mit
Gaben vor Maria mit dem Kinde; über
dem ersten von ihnen, der kniet, ist wieder-
um der Slern sichtbar. Im unteren Ab-
schnitt ist ein hochbordiges Schiff dar-
gestellt mit fünf Gestalten, die ihre Hände
zum Gebet gefaltet haben. Hiedurch ist
die Legende von der hl. Ursula angedenlet,
die mit ihren 10 000 bekehrten Jungfrauen
den Rhein hinunterfährt und bei Köln mit
ihren Begleiterinnen den Märtyrertod er-
leidet. Ihre Gebeine wurden ebenfalls
in Köln aufbewahrt und verehrt*).

In derselben Kirche fand ich auf der
iur selben Jahre und ebenfalls von dem
genannten Lübecker Meister gegossenen
Schwesterglocke zwei weitere Zeichen, die
ich hier gleichfalls mitteilen möchte. Das
erste wurde ausgegeben für die Ablaß-
wallfahrt nach dem vom Kaiser Lothar
gegründeten Peter-Panlsstift zu Königs-
lutter. Es ist 5,4 cm hoch und 3,7 cm
breit und hat die Form eines Recht-
ecks mit viereckigem Giebel. Die vier
Oesen sind krabbenartig und sitzen an
den Ecken des Rechtecks. Durch einen
halben Kreisbogen wird das Innere in
zivei Flächen zerlegt; die obere enthält
eine Darstellung des Gekreuzigten, beseitet
von Paulus und Petrus, erkenntlich an den
Attributen: Schwert, bezw. Schlüssel. Der
Kreisbogen umschließt den Porträt-
kopf eines Kaisers mit Reichsapfel, Zepter
und Krone, davor den Adlerschild, der
untere Rand trägt anscheinend das Wort
„lütter“ in Minuskeln. Im herzoglichen
Museum zu Braunschweig findet
sich eine Doppelform dieses Zeichens

l) Auch für Köln gibt Melle et. a. O. mehrere
Belege, z. B. S. 41: Gerd Schuweshusen bestimmt
danach 1432: „Item mit ick, dat men enen Pele-
grillten sende tho dem hilghen Blöde tho der
Wilsnacke, ende enen andern to unser leuen
Vrouwen tho dem Eensedelingcn to sunte Enwolde
vn tho unser leuen Vrouwen tho Aken, vn tho
den hilghen dreu Koninghe» the Colne, vnde en
eres Arbeydes redeliken loneu vp dat se vnsen
Heren God truwelikeu vor litt) bidden".
 
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