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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 33.1915

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Nr. 1
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Rohr, Ignaz: Aus Englands Kathedralen
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https://doi.org/10.11588/diglit.16255#0019

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hoben, 167 m lang, hat einen rein nor-
mannischen Turin (44 in hoch). Im
Schiff mischen sich normannische, früh-
uiib hochgotische Elemente. Der Gesamt-
eindruck ist schwerfällig, trotz der geglie-
derten Pfeiler. Auffällig ist die Freude
an Apsiden. Der Chor hat drei (die
beiden äußeren in die Mauern eingebaut),
jedes Seitenschiff an der dem Chor zu-
gekehrletl Seite je zwei nebeneinander.
Der massige Hauptturnt ist einer der
wenigen mit spitzem Dach.

Die 1085 — 1108 erbaute und nach
deni Brand 1114 erneuerte Kathedrale zu
Chichesterff gehört gleichfalls bem
Uebergangsstil an, ist im Vergleich zur
Länge (125 m) etwas schmal (28 m)
und macht einen ziemlich schlichten Ein-
druck, betont aber mehr als manche andere
den Drang tiach oben, ist also wetliger
gedrückt. Die Stützen siitd gegliederte
Pfeiler.

Die Kathedrale von R o ch e st e r 2)
(93 m lang), 1130 vollendet, hat nor-
mannisches Schiff mit schweren, geglie-
derten Pfeilern. Die Dienste enden je-
doch schon unter bem Triforium, hätten
auch weiter keine Funktion, beim eine
Holzdecke schließt das Mittelschiff ab. Die
zwei vordersten Joche tiach Osten ver-
tnitteln, weml auch etwas gewaltsam, den
Uebergang zur Gotik.

Mehr Fluß und Eleganz zeigt die in
normannischer Zeit begonnene und in früh-
englischer Zeit bis zur Westfassade ver-
längerte Kathedrale voit Elp Z. Zwar
sind auch hier die Stützet! für die Holz-
decke viel zu kräftig. Aber die reiche
Gliederung, die Fortführung der Dienste
bis zntir Dach itnb die gegenseitig wohl-
abgewogenen Dimensionen der Bogeti,
des Triforiums und Lichtgadens schaffen
einen gewissen Ausgleich. Die Seiten-
schiffe sind gewölbt utld vereitiigen sich zu
einem Chorumgang. Auffällig sind die
Apsideti des westlichett Qnerschiffs. Das
östliche schließt rechtwinklig ab. Das
Triforinin stellt zwei Latizettfetlster nnge-
knppelt nebeneinander und darüber je ein
größeres Fenster mit Rundbogen; im * 3

*) Scott, Fig. 80.

ff Inneres bei Kuhn, Fig. 810, S. 461.

3) Inneres und Grundriß bei Kuhn, Fig. 811
und 813. Scott I, Fig. 76.

Innern sei aus ein Altarbild von Rossetti
utid Glasgemälde von Morris hingewiesen.

Etwas einfacher und monumentaler
wirkt die Kathedrale von Peter bo-
rough ff, eilte echte Normantienkirche,
143 m lang, 25 m breit und ebenso hoch.
Das TriforitlNl ist sehr energisch betont,
aber durch die kräftigen Scheidebögetl
wohl vorbereitet, und so ist der Gesamt-
eindruck ein ruhiger, vornehmer. Eine
Holzdecke schließt das Ganze ab.

In ihrer ursprünglichen Gestalt gehörte
bem normannischen Stil auch die Kathe-
drale von Canterburp2) an. Spätere
Umbauten ließet! von diesem Urbestatld
freilich wenig tnehr übrig. Aber derselbe
lebt itl eitler Reihe von Abbildern tioch
fort, bemt vermöge seiner kirchlichen Stel-
lung war Canterbury tonangebend. Es
war die Mutterkirche Englands, bis zur
Reformation das Ziel ungezählter Wall-
fahrer, als Grabstätte Thomas Beckets,
des Vorkämpfers bürgerlicher Freiheit,
auch ein politisches Nationalheiligtum.
Die Kathedrale entspricht in der ganzen
Ausgestaltung ihrer historischen Bedeutung.
Die Länge beträgt 155,5 rn, die des
Chors allein 88 m, die Breite 21,6 m,
die Höhe 24,4 m, die des Mittelturms
71,5 m, die der Westtürme 46 m. Trotz
der gewaltigen Länge etitsteht dennoch
nicht der Eindruck der Motiotonie. Denn
das Schiff und der Chor sind je mit
Querschiffen aus gestatt et; außerdem sind
dein Chor nach Osten seitlich die zwei
Türme an- und die Trinity-Chapel vor-
gelagert, und diese hat in der Corona,
der Grabkapelle Beckets, ihre Fortsetzung.
Das Mißverhältnis zwischen Länge und
Breite fällt kaum auf. Von der Nord-
seite her wird es ohnehin maskiert durch
Kloster-, Kapitels- und Bibliothekbauten,
und die drei Türme lassen die geringe
Höhe des Schiffes weniger auffällig er-
scheinen. Für das Studium der Gotik
in England ist Canterburys Dom inso-
fern sehr ausgiebig, als an ihm jede Stil-
art vertreten, die Baugeschichte sorgfältig
gebucht und ihre monumentalen und
literarischen Grundlagen aufs sorgfältigste

ff Innenansicht bei Kuhn, Fig. 813, S. 466.
Dazu Scott 1, Fig. 119.

ff Vgl. Dehio — v. Bezold, IV, Buch III,
Tafel 439, 1.
 
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