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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 33.1915

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Nr. 2
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Drei Kirchen in einem Dorf, [1]: ein Gang durch die drei restaurierten Kirchen Ummendorfs, ihre Geschichte und Kunstgeschichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.16255#0048

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45

und der Tauftag des Kindes, fand die
letzte Taufe in der alten Kirche
statt: diese muß also noch 1717 gestan-
den haben; ehe mit dem Abbruch begon-
nen wurde, wurde das Allerheiligste in
die Johanneskapelle übertragen, das an-
sehnliche Kirchlein am Ostrand des
Dorfs.

Diese vorletzte, Wohl zu klein gewor-
dene Kirche stand Wohl nicht an dem-
selben Platz wie der 1719 vollendete Ba-
rockbau. Im jetzigen Friedhof, der die
Kirche südwärts umgibt, fanden sich
nämlich öfters Grundmauern vor bei
Anlegung von neuen Gräbern, sodann
kamen bei Restaurationsarbeiten 1906
und 1906 unter dem Kirchenpflaster Ge-
beine zum Vorschein. Es muß also früher
gerade umgekehrt der gotische Barr, der
Zeitgenosse des später verkuppelten Gie-
belturms, die älteste Kirche an der Stelle
des heutigen Friedhofs, der Gottesacker
damals an der Stelle der heutigen
Pfarrkirche gestanden haben. So mag
sich auch die ganz freie Stellung des
Glockenturms ganz nach Art des italieni-
schen Campanile, abseits von Schiff und
Chor, jetzt verbunden durch Sakristei-
zwischenbau, natürlich erklären: Abbruch
des alten Langhauses und Aufbau an
anderem, mehr freies Terrain bietenden
Platz Z.

Endlich sei noch angemerkt, daß nach
Erinnerungen der älteren Leute bezw.
deren Vorfahren, wie auch nach dein
Grundriß der jetzigen Kirche der Vor-
gänger des heutigen Baus Galerien
gehabt haben muß. Die Anlage einer
doppelten Fensterreihe, oberen höheren
und unteren niedrigeren, die Analogie
mit ähnlichen Bauten, die alle solche be-
sitzen, lassen die Annahme einer auch von
der Westempore im Langhaus und Quer-
schifs umlaufenden Galerie als höchst
wahrscheinlich erscheinen. Von den
zum Teil jetzt abgebrochenen Klosterbau-
ten, die das Schloß und die Kirche Hin-
gaben, habe ein gedeckter Gang über die
Straße auf ein Abtschörlein geführt.
Spuren dieses alten Gangs, dessen sich
nach Erzählungen von Eltern und

st Aehuliche Isolierung des Turms in
Ehingen et. D. (Stadtpfarrkirche), Neufra,
OA. Gammertiugen, Garmisch (Oberbahern).

Großeltern manche Ummendorfer er-
innern, und dessen ursprüngliche Gestalt
auch in der Schloßabbildung im Saal
festgehalten ist, kann man am Südwest-
eck der Kirche noch sehen. Ebenso kamen
bei Neuanlegung des Pflasters unter
dem jetzigen Pfarrer Wiest Grundsteine
zum Vorfchein, Fundamente für die die
Emporen tragenden Pfeiler. Desgleichen
spricht dafür der Durchbruch des Chor-
bogens zur Kanzel. So bot die Ilmmen-
dorfer Kirche das sogenannte Vorarl-
berger Münsterschema, benannt nach
den berühmten, aus Vorarlberg stam-
menden Barockbaumeistern, wie Franz
Beer, Michael und Christian Thumb
aus Bezau im Bregenzerwald, den
Erbauern von Obermarchtal (Kloster-
kirche), Schönenberg (Wallfahrtskirche),
Friedrichshafen (Schloßkirche), Weissenau
und wohl auch Weingarten (Kloster-
kirche).

Aufs unzweideutigste und genaueste
instruiert uus iiber dieses zweite Got-
teshaus im Barockstil ein altes Doku-
ment der Pfarregistratur: /erurotationes
conceraeute8 novam Ecclesiam Paro-
chialem in Ummendorff. Dies führt
alle Daten vom Beginn der Unterhand-
lungen, Uontraetrm enm Helveto-
Italis operariis, Kontrakt mit Arbei-
tern aus der italienischen Schweiz
(16. August 1716), bis zur Weihe der
neuen Kirche, 4. November 1719, durch
Ferdinand Konrad von Geist, Weih-
j bischof von Konstanz, an. Am 16. August
1717 wurde mit der Absteckung des Bau-
platzes, den Ausgrabungen für das Fun-
dament begonnen, also jedenfalls an an-
derer Stelle, als die älteste gotische Kirche
stand, da der Abbruch der alten Kirche
erst am folgenden Tag begann, „incho-
ata est ciestructio veteris Templi“.
Uebereinstimmend mit der Taufbuchnotiz
vom 22. Aug. 1717 (14. Sonntag nach
Pfingsten), Oktav von Mariä Himmel-
fahrt, fand zum letztenmal Predigt, die
Feier von Messe, officium divinum, Ka-
techese und Rosenkranz statt, hernach
feierliche Prozession unter Läuten aller
Glocken mit dem Allerheiligsten aus der
alten Kirche zum Sacellum S. Johannis;
Weihe und Setzung des ersten Steins
12. September, 17. Sonntag nach Pfing-
 
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