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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 33.1915

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Nr. 3
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Rohr, Ignaz: Die "Ständige Kunstausstellung in Baden-Baden" 1915
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https://doi.org/10.11588/diglit.16255#0063
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— 00

Hauptsaales steht, kann nicht befremden,
and daß sie der Zeitstimmung entspricht,
wird inan dem Künstler zubilligen müs-
sen. Der Gesichtsausdruck ist sehr ernst,
im Auge aber spiegelt sich doch frohe Zu-
versicht und Zukunftsglaube. Die Ge-
mälde ringsum find harmonisch grup-
piert und zeigen Genre, Landschaft,
Porträt und Stilleben in reicher Ab-
wechslung. Wenn ich hier vor allem die
Werke von Hans Thoma nenne, so ge-
schieht es nicht aus Vorliebe des
Schwarzwälders für den Schwarzwälder
und Schwarzwaldpartien — Thoma hat
auch „Das Silberhorn im Berner Ober-
land" ausgestellt — sondern weil der
Meister feinen beiden Arbeiten (außer
der genannten noch „Das Albtal bei
St. Blasien") jene Klarheit, Ruhe und
Anmut zu geben wußte, zu denen er sich
durchgerungen und treu bekennt, un-
bekümmert um alle entgegengesetzten
Strömungen. Nur nebenbei sei erwähnt,
daß in seinem „Albtal" die herrliche
Kuppel von St. Blasien den Mittelpunkt
bildet, deren intellektueller Urheber ein
Schwabe, der Fürstabt Martin Gerbert
von St. Blasien war, ein gebürtiger
Horber und Verwandter der Familie
Schanz. Etwas von derselben Klarheit
eignet auch den drei Bildern von Schön-
leber: „Die Blau in Ulm", „Enzwehr"
und „Durch die Brandung", nur wollte
mich's bedünken, als wäre der Winkel
an der „Blau in Ulm" noch malerischer
und behäbiger, als ihn Schönleber ge-
sehen. Adam A. Oberländer hat die
Sauberkeit der beiden erstgenannten
Künstler auf ein anderes Gebiet übertra-
gen und mit einer kräftigen Portion
Humor gepaart. Wie „Der kranke junge
Löwe" so sorglich gebettet und vom Ein-
siedelmann gehütet wird, oder wie der
junge Faun den Papagei mit einer
Traube neckt, das vergißt man nicht
mehr, wenn man es einmal gesehen.
Moderner in der Auffassung sind Dill
(Werft in Holland, Venezianisches
Fischerboot, Oktoberabend an den
Wacholdern), Langhammer (Beim Som-
merheuen, Viehkoppel), Bergmann
(Herbst), noch moderner Henselmann
(„Drei Selbstbildnisse", ein Künstler-
gelage mit köstlichem Humor), Fehr mit
einem Interieur, Trübner (Muttergot-

tesbild vor dem Stift Neuburg); ruhiger
und klarer präsentiert sich Franz Lippisch
mit zwei Frauenbildern („Romagnola"
und „Herbst"). — Originell ist das Ar-
rangement an der Treppenwand. Die
Mitte nimmt Fehrs „Im Klosterstall"
ein: eine schwarzscheckige Kuh, flankiert
von zwei Zisterzienserinnen mit weißem
Habit und schwarzem Skaprtlier, die eine
melkend, die andere mit zwei hellblinken-
den Metalleimern und einem dunkeln
Milchtopf wartend — also die Farben
schwarz und weiß in dreifacher Auflage.
Zu beiden Seiten hängen Werke von
Lovis Corinth, ein „weiblicher Akt mit
Perlen", von jener derben Qualität von
Weiblichkeit, die Corinth ständig variiert,
und „Bildnis des vor. Frank", des auf
dem Felde der Ehre gefallenen Mann-
heimer Sozialistenführers, in der nur
andeutenden Weise Corinths gemalt.
Aber daß das Original dem Zwölf-
stämmevolk angehört, eigene Gedanken
wagt und auch das Zeug hat, sie zu ver-
treten, merkt man trotzdem. Wer an
ähnlichen „Andeutungen" seine Freude
hat, der betrachte Karl Hofers „Im
Wind" und „Daphnis und Chloe" oder
Walter Klemm („Gelände" und „Dorf-
straße") oder — freilich wieder eine an-
dere Nüance — A. Faures „Puppenthea-
ter in Neapel" und „Gartenfest". Zeich-
nen Feinheit und Klarheit die Land-
schaften von Thomaj und Schönleber aus,
so beweisen Hermann Göbel, Fritz
Scherer, Wilh. Link, daß man die Farben
auch breiter auftragen und vom Detail
abfehen kann, und sie haben den Beifall
der „Jungen" und das Befremden der
„Alten" für sich.

Derselbe Gegensatz macht sich fühlbar
auf dem Gebiete der Blumen- und der
Porträtmalerei. Es liegt eine gewisse
Wahlverwandtschaft darin, daß die Ma-
lerinnen mit Vorliebe Blumen darstel-
len. Fast durchweg eignet ihnen dabei
Sauberkeit der Malweise und Sorgfalt
bei Wiedergabe des Details, so bei
Sophie Ley (weiße Anemonen), Kläre
Buchholtz (Anemonen), Helene Stro-
meyer (gelbe Rosen), während die Män-
ner eine kräftigere und breitere Vor-
tragsweise belieben. Doch steht auf der
Grenze zu der kräftigeren Art auch Dora
Horn —- Zippelins mit Fuchsien; jen-
 
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