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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 33.1915

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Nr. 3
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Drei Kirchen in einem Dorf, [2]: ein Gang durch die drei restaurierten Kirchen Ummendorfs, ihre Geschichte und Kunstgeschichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.16255#0075

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72

den Pilger an 14 Kapellchen mit Statio-
nenbildern. Frl. Freudenreich in Och-
senhausen hat die Außenseite der me-
tallenen Ladentüren mit solchen Kreuz-
wegstationen bemalt, und Bildhauer
Lämmle hat für die im Winter ver-
schließbaren Nischen der architektonisch
wohlgelungenen Kapellchen diese in Lin-
denholz geschnitzt, gefaßt sind sie von
Maler Walz in Ummendorf.

Auf der Ebene des Berges steht am
Rande eines stillen Föhren-, Lär-
chen- und Lindenhains ein hohes
K r e u z mit überlebensgroßem Kruzi-
fix. Das Werk, Zinkguß bronziert, iu
der Erzgießerei von Pelargus in Stntt-
gart hergestellt, verdiente sich auf der
Ulmer Kunstausstellung einen Preis
durch den weichen Guß, seine kräf-
tige und doch zarte, auf die fernere und
nähere Umgebung berechnete Formen-
gebung und den ergreifenden, von tief-
stem Seelenschmerz und höchster Erlöser-
liebe sprechenden Gesichtsausdruck.

Auf dem höchsten Vorsprung des
Waldhügels nach Südosten erhebt sich
das neue Kirchlein, ein Miniatur-
bild von St. Peter in Rom, in reinster
italienischer Renaissance erbaut. Ober-
amtsbaumeifter Frey ini Biberach hat
den Plan entworfen, und ein Ummen-
dorfer Maurermeister, Franz Xaver
Braun, den Bau ausgeführt. Auf zwei
zierlich eingefaßten, balustradenartigen
Doppeltreppen, die vor dem Eingang
zusammenführen, nach einer Jnschrift-
tafel 1890 von I. A. Baur und M. Maier
in Neuhausen erstellt, steigt man zum
Heiligtum. Sie überwinden das
hochgelegene Terrain zum Fundament
fitr die Kirche und bieten zugleich
Raum für eine Krypta mit Nischen
oder Grotten, dem sog. Grabe Christi,
das einen lebensgroßen G r a b ch r i -
st n s im Sarkophag aus karrarischem
Marmor von L ä m in l e enthält, auf der
Rückseite das Grab Mariä mit bcnt Erst-
lingswerk des oberschwäbischen Kirchen-
inalers B. Locher in München, das den
Tod Mariä darstellt. Derselbe Meister
hat in den Seitennischen das Grab des
hl. Joseph und das der Eltern Mariä,
Joachim und Anna, mit Darstellung des
Todes Josephs und Brustbildern seiner
Schwiegereltern geschmückt. Es scheint

glücklicherweise an Stelle letzterer, zu
legendenhafter Ikonographie eine bessere
Wahl getroffen worden zu sein. Jetzt be-
findet sich in der einen Seitennische je
auf Blechtafel gemalt von Frl. Freuden-
reich die hl. Familie von Nazareth, und
in der größeren, dem Eingang gegen-
überliegenden, das Bild der Muttergottes
als Königin der Engel, eine Kopie von
Deschwanden, mit aller Lieblichkeit des
Originals. In der Grotte an der Rück-
seite der Kirche ist jetzt der Auferste-
hungschristus, Statue von ?? Kopie ist
das altdeutsche Pietarelief in einer ande-
ren Nische an der Außenseite.

lieber dieser unterirdischen Kirche, die
ein Abbild der Krypta der Grabeskirche
sein sollte, erhebt sich die Oberkirche.
Ihr Grundriß ist das lateinische Kreuz.
Vorhalle, Langhaus, Querschiff mit
Krlppel, Chor, Sakristeiraum, alles in
einer Länge von 14,60 Meter und Breite
im Querschiff von 6,60 Meter. Der erste
und letzte Raum entspricht sich völlig in
den Maßen, lieber dem schmalen und
kurzen Eingang erhebt sich ein Rechteck-
aufsatz, nach italienischer Art außen ange-
bautes Türmchen, in dem vier Glöckchen
und die dreimal viertelnde Uhr sich be-
findet, fast wie Glockenspiel hört sich's
an. In drei Stockwerken baut sich die
prächtige Fassade auf, Eingangstor.
Fenster mit Säulenarchitektur, darüber
Schallöffnung mit doppelter Säu-
lenarkade, dariiber Giebel; kanel-
lierte Pilaster gliedern neben allem an-
deren Quader- und Säulenschmuck die
Außenfläche. Im hintersten Jnnenraum
ist eine kleine Empore auf Konsolen er-
baut, deren Brüstung Fütterungen mit
Pilastern schmücken. Ueberhaupt ist von
diesem damals seltenen dekorativen
Element der Renaissancekunst (Stuck)
reicher Gebrauch gemacht, deren Meister
die Neuhauser Schaller, Vater und
Sohn, waren: Gesimse, Bogen, Ecken,
Kapitelle der Pfeiler, Tonnengewölbe,
Rosetten, Girlanden, Blumen, Früchte,
Arabesken, Ornamente aller Art zieren
die Wände, Decke und Kuppel. Die Ge-
wölbe sind kassettiert. Licht strömt durch
die zahlreichen (acht) Fensterchen der
Kuppel. Diese ist mit Zinkblech gedeckt;
gekrönt wird sie von einein in vergolde-
tem Knopf über einer sog. Laterne ein-
 
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