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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 33.1915

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Nr. 3
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Reiter, Joseph: Ein altes Titelblatt: Synagoge und Kirche
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Die Deckenfresken in der Pfarrkirche zu Trugenhofen, OA. Neresheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.16255#0082

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hat aus bcm Lande Aegypten, aus
dem Hause der Knechte oder der Knecht-
schaft. Es sollen dir keine fremden
Götter vor meinem Angesichte sein.

Das Gegenstück zu dem alttestament-
tichen Hohenpriester bildet der Hoheprie-
ster des Neuen Testaments, geschmückt
mit der päpstlichen Tiara, unter der
Kirche stehend. Seine rechte Hand ist
ausgestreckt, in der linken hält er ein
Buch, auf welchem Kelch mit Hostie, und
in seinem Arm ein großes Kreuz ohne
den Gekreuzigten. Da, wo der Hohe-
priester des Alten Bundes die Namen
der zwölf Stämme trägt, trägt der
Hohepriester des Neuen Bundes die
griechischen Buchstaben XP2 mit Cir-
rumflex Christus. Die Buchstaben
sind von Strahlen umgeben, und die
Strahlenbahn geht hinab bis zur Erd-
kugel, auf welcher man die Namen
Europa und Afrika lesen kann. Den
Raum zwischen beiden Priestern nimmt
eine große Kartusche ein mit der Jn-
schrift: Katholisch Mainzische Bibel oder
Heilige Schrift Alten und Neuen Te-
staments mit 234 Kupfern geziert.

Die Kartusche ist oben gehalten von
einem geflügelten Menschen, unten seit-
lich sieht man Löwe und Rind, und wei-
ter unten einen Adler mit ausgebrei-
teten Flügeln, welcher sich an der Erd-
kugel festgeklammert hat.

Es sind also hier die bekannten Attri-
bute der vier Evangelisten angebracht,
über deren Person und Attribute in der
Einleitung zum Neuen Testament fol-
gende Vorbemerkungen zu lesen sind:

„Wiewohl nun viele das Evangelium
beschrieben, so haben doch allein ihrer
vier glaubwürdige Zeugnuß und Bewäh-
inng von den Kirchen, welche gleichwie
die View Räder an dem Wagen des Herrn
den Glauben durch die vier Ort der
Welt, wie Ezechiel von ihnen geweissagt,
geführt und verkündigt haben. Sie
werden auch bedeut durch die vier ande-
ren Figuren, welche nicht betrüglich
seynd, sondern eine anmütige Heimlich-
keit in sich begreifen. Dann Matthäus
wird angezeigt durch einen Menschen,
darum, daß er bei der Menschheit Christi
verbleibt. Markus durch einen Löwen,
welcher handelt von der Auferstehung.
Lukas durch ein Rind, welcher schreibt >

von dem Priestertum. Johannes durch
einen Adler, der da entdeckt die heim-
liche Sakrament der Gottheit. Dann
Christus, der von allen Vieren beschrie-
ben wird, ist gewesen ein Mensch, ge-
boren aus einer Jungfrauen: Ein Rind
in seiner Opferung: Ein Löw in seiner
Auferstehung: Ein Adler in seiner

Himmelfahrt. Und wird also bedeut
durch den Menschen seine Menschheit:
durch das Rind sein Priestertum: durch
den Löwen sein Reich: durch den Adler
seine höchste verborgene Gottheit."

Es ist ein unbeachtetes Blatt, das
Titelblatt der Mainzer Bibel, aber es
führt eine beredte Sprache über die
ewige Weisheit, welche sich bis zur Voll-
endung in Christus in immer gnaden-
reicheren Formen geoffenbart hat. Die
Bilder unseres Blattes sind großartige
Seheinwerfer, und alles, was sie beleuch-
ten, läßt uns bekennen: Süß ist das
Licht, und lieblich den Augen, die Sonne
zu schauen. Aber das Gesetz ist nicht
bloß eine Lichtquelle, es ist auch eine
Kraftquelle, und das trifft ganz beson-
ders zu bei dem Gesetz des Neuen Bun-
des, das der Herr selbst am vollkommen-
sten erfüllt hat. Deshalb kann uns die
Kirche einerseits das Eece liomo -
Siehe da, den Jdealmenschen — zurufen,
andererseits uns auffordern, daß wir
ans den Brünnlein der Wunden Christi
Heil schöpfen. Diese Frohbotschaft -
Schauet und schöpfet — gilt dem ganzen
Erdkreis —- orbi — sie gilt auch — urbi
— dem goldenen Mainz, an welchem der
Rheinstrom vorüberfließt, um seinen
Segen noch in weite Fernen zu tragen.

Die Deckensresken
in der Pfarrkirche zu Trugenhofen,
GA. Neresbeim.

Nach der lateinischen Inschrift über
dem Portal ist die Pfarrkirche in Tru-
genhofen zu Ehren des Allerhöchsten
und des heiligen Georg und Leonhard
auf Kosten des Fürsten Karl Anselm
von Thnrn und Taxis im Jahre 1781
erbaut worden. Baumeister war der
ehemalige Wettenhauser Klosterban-
meister und Vater des einstigen Dom-
kapitulars von Rottenburg, nämlich
Joseph Dossenberger, der in jener Zeit
 
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