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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 33.1915

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Nr. 4
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Weser, Rudolf: Bodenfliesenfund in Söflingen
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Pfeffer, Albert: St. Notburga in der schwäbischen Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.16255#0102

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99

nützt worden. Sehr viele der ganz er-
haltenen Plättchen sind abgetreten durch
den (Se&tmtcf), die Muster sind nur mehr
teilweise sichtbar, oder auch ganz ver-
schv'unden. Legt man aber solch ein
Plättchen ins Wasser, so erscheinen noch
ein wenig Umrisse der früheren Zeich-
nung. Es gehören demnach diese Plätt-
chen einem früheren Bauwerke an, nach
dessen Abbruch sie nicht mehr als Zier-
steine beniitzt werden konnten oder woll-
ten, wndern nur noch als Bausteine und
Baufliclsteine dienten.

Wo K'aren nun Kiese Bodenfliesen vor-
her? Die Antwort auf diese Frage er-
teilt ein Blick auf die Geschichte des Klo-
sters Söflingen. Dasselbe entstand un-
gefähr 1230 in Ulm in arenai, im Gries.
1258 wurde es nach Söflingen ver-
pflanzt und 1278 wurde es erweitert und
vergrößert. In diesem Zustand verblie-
ben die Hauptbaulichkeiten im großen
und ganzen bis zum Jahre 1492. Nach-
dem kurz zuvor eine Klosterreform unter
heftige: Kämpfen zustande gekommen
war, wurde 1492 das Kloster neu erbaut
unter der tatkräftigen A e b t i s s i n
Elisabeth R e i ch n e r i n. Mit der
Feststellung dieser geschichtlichen Daten
wird die Frage ltacf) dem Alter der Söf-
linger Bodenfliesen ihrem Ende ent-
gegengereist sein. Schon in der Bauzeit
von 1258--4278 sind jedenfalls zahlreiche
Muster zur Bodenbeplattung verwen-
det worden. Im ganzen 13. Jahrhun-
dert werden noch ander'e Muster zur
Ausstattung der Klosterräumlichkeiten
notwendig geworden sein. Die verschie-
denartigen Muster, die 23 Zeichnungen,
werden wohl keine geringe Zijerde des
Klosters und seiner mehrfachen Baulich-
keiten gewesen sein, bis sie beim Neubau
1492 als unbrauchbar oder als ausge-
braucht beiseite geworfen wurden und
als Füllmaterial ein unrühmliches Ende
gefunden haben.

So vereinigt sich die Betrachtung der
allgemeinen Geschichte der Bodenfliesen,
das Studium der Zeichnungen und der
Blick auf die Geschichte dies Klosters Söf-
lingen zu einem sicheren Beweis für das
Alter dich er Denkmale eines alten, edlen
Kunsthandwerks.

Man könnte noch die Frage aufwer-

fen, ans welcher Werk st ä t t e die Flie-
sen stammen. Wenn unter den gefunde-
nen Plättchen sich auch ein Muster fin-
det (Nr. 2), das im Sammlungsgebäude
zu Ulm und bei der alten Münsterpfla-
sterung aufgefunden wurde, so ist ja
schon der Hinweis auf U l m gegeben.
Die Stadt Ulm besaß einien eigenen
Ziegel st adel und benötigte diesen
zur Herstellung der Ziegel sür den
Münsterbau und viele andere Bauten.
Es ist ohne weiteres anzunehmen, daß
man da auch Ziersliefen hergestellt hat.
Vielleicht läßt sich als positiver Beweis
für die Herkunft aus Ulm noch anfüh-
ren der Buchstabe U zwischen den Läusen
des Hirsches (Nr. 17). Derselbe ist doch
'nicht als eine Abkürzung fiir Ulner -
Olner Hafner (von olla) zu lesen,
sondern wird einfach als der Anfangs-
buchstabe des Wortes Ulm zu lesen sein.

Es mögen in dem alten Mauertrakt,
der für uns erfreulicherweise so ergiebig
war, und unter dem Wieswachs, der die
Stätte des alten Klosters deckt, noch
manche Stücke verborgen sein, die viel-
leicht später ans Licht kommen. Die von
mir aufgefundenen Fliesen sind nun nach
mehr als 420jö.hriger behaglicher Ruhe
wieder anferstanden und bekannt ge-
macht worden. Einige haben schon wie-
der eine Verwendung gefunden imb zie-
ren den Boden eines Bauernofens ini
Städtischen Museum zu Ulm, wohin auch
der ganze Fund des Jahres 1914 gewan-
dert ist, während der Fund des Jahres
1915 noch zur Verfügung des Finders
steht. Mögen die Leser unseres „Ar-
chivs" bei etwaigen Kirchenumbauten
und Renovationen auch ein wachsames
Auge haben ans die Bodenfliesen, diese
„mit Füßen getretenen" Werke einer
alten, weitverbreiteten und fleißig täti-
gen Kunst!

St. Notburga in der schwäbischen
Kunst.

Von Pfarrer A. Pfeffer, Lautlingen.

Zu den merkwürdigsten alemannischen
Heiligengestalten gehört die hl. Witwe
N o t b u r g a. Nicht um die am unte-
ren Neckar und am Mittelrhein verehrte,
 
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