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mit ihnen" in Formen und Farben ge-
kleidet. Schlichte Leute ans dem Volke
sind in geschickter, chohlabgewogener
Komposition um den 31t Tische sitzenden
Heiland versammelt und forschen bit-
tend oder zögernd, ob er den vor dem
Tische niedergeknieten „verlorenen
Sohn" des Hanses aufnehmen werde.
Der mitleidsvolle Blick und die sich öff-
nenden Arme geben die Antwort.
Die Jahre 1896 bis 1897 beschäftigten
Steinhaufen mit der Darstellung der
Werke der Barmherzigkeit in dem vom
Grafen Lanckoronski M Ehren seiner
Gemahlin Fanita erbauten und nach
ihr Faniteum benannten Kindererho-
lungsheim bei Wien. Doch wurde das
letzte (Tote begraben) ersetzt durch das
Bild des guten Hirten. Die Technik
war reines Fresko, und sie hat sich
glänzend bewährt und trefflich erhalten.
Dein Wunsche des Bestellers entspre-
chend, porträtierte Steinhaufen in den
einzelnen Gestalten dessen Familienan-
gehörige, und von hier aus mag auch
der Verzicht auf prinzipielle Durchfüh-
rung der idealen Gewandung beein-
flußt sein. Dagegen verdient die Har-
monie zwischen den Linien und der
Stimmung des Hintergrundes und der
Handlung des Vordergrundes Beach-
tung. In ihrer Eigenart mahnen die
Szenen von ferne an Ptavis de
<’liavanne, ohne dabei an Selbständig-
keit cinzubüßen.
Wenige Jahre später ward dem Künst-
ler ein monumentaler Auftrag in
Frankfurt zuteil: die Bemalung der
Aula des Kaiser-Friedrich-Gymnasiums.
Bei der Wahl des Stoffes hatte er freie
Hand, und so wählte er denn aus Bi-
bel und Antike das, was ihm für die
Heranwachsende Jugend besonders an-
regend und wertvoll erschien. Im Mit-
telpunkt der Längswand malte er den
auf einer Rasenbank in einer anmuti-
gen deutschen Landschaft sitzenden Chri-
Ituv alv Lehrer. Daran reiht sich die
Warnung vor Sorgen für den kommen-
den Tag mit einem mutlos neben dem
Pfluge kauernden Landmann und
einem vom Arme der Mutter freudig
zu einem blühenden Bauin aufblicken-
den Kinde; daneben die Warnung vor
Zweiherrendienst mit einem unschlüssi-
gen Jüngling zwischen zwei um ihn
werbenden Königen, sodann die vor den
falschen Propheten, den schlechten Füh-
rern der Jugend mit drei Gestalten,
einem heftig gestikulierenden Fanatiker,
einem geschwätzigen Schwachkopf und
einem blinden Mystiker, vor ihnen
zwei Wölfe, daneben eine letzte Gruppe,
ein einem Jüngling den Wert des Gel-
des predigender Greis, dem ein Dieb
heiniiich seine Schätze aus der Truhe
nimmt. Auf der -entgegengesetzten
Seite des Mittelbildes reihen sich die
Darstellungen der Gleichnisse von dem
unfruchtbaren Baume, den die Rückkehr
des Herrn erwartenden Sklaven, der
engen Pforte und dem schmalen Weg
an, das erste mit einem anmutigen
. Garten und einer dessen Früchte ein-
heimsenden Gruppe aus der einen, dem
zum Umhauen des verkümmernden
Baumes bereiten Herrn und dem um
Aufschub bittenden Gärtner auf der an-
deren Hälfte, das zweite mit einer
Sklavenstube, deren Insassen teilweise
! eingenickt sind und auf das Zeichen der
I Rähe des Herrn sich aufraffen, das
i dritte mit einem durch ein Tor auf einen
j schmalen, ansteigenden Weg weisenden
! Engel. Unter dieser durch gemalte Pi-
laster auf fünf Felder verteilten Bil-
derreihe zieht sich ein schmaler Fries
. hin mit dem Sturm aus dem Meere
und seitwärts davon dem barmherzi-
gen Samariter bezw. dein verlorenen
Sohne zu je drei ineinander übergehen-
den Szenen. Auch hier hat es der
Künstler -verstanden, den Vorgang und
den Hintergrund einander anzuglei-
chen und trotz der Unterschiede einen
glücklichen Zusammenklang der verschie-
denen Darstellungen zu einem einheit-
lichen Gesamteindruck zu eriuöglichen.
Auf den Schmalseiten der Aula hat
die Antike das Wort.
Im Jahre 1905 schmückte Steinhau-
fen die Stuttgarter Hospitalkirche mit
„Jesus dem guten Hirten" und „Jesus
als Herrn des Weinberges", ersterer
bartlos, in öder Gegend ein in Dornen
verstricktes Mädchen findend, auf letzte-
mit ihnen" in Formen und Farben ge-
kleidet. Schlichte Leute ans dem Volke
sind in geschickter, chohlabgewogener
Komposition um den 31t Tische sitzenden
Heiland versammelt und forschen bit-
tend oder zögernd, ob er den vor dem
Tische niedergeknieten „verlorenen
Sohn" des Hanses aufnehmen werde.
Der mitleidsvolle Blick und die sich öff-
nenden Arme geben die Antwort.
Die Jahre 1896 bis 1897 beschäftigten
Steinhaufen mit der Darstellung der
Werke der Barmherzigkeit in dem vom
Grafen Lanckoronski M Ehren seiner
Gemahlin Fanita erbauten und nach
ihr Faniteum benannten Kindererho-
lungsheim bei Wien. Doch wurde das
letzte (Tote begraben) ersetzt durch das
Bild des guten Hirten. Die Technik
war reines Fresko, und sie hat sich
glänzend bewährt und trefflich erhalten.
Dein Wunsche des Bestellers entspre-
chend, porträtierte Steinhaufen in den
einzelnen Gestalten dessen Familienan-
gehörige, und von hier aus mag auch
der Verzicht auf prinzipielle Durchfüh-
rung der idealen Gewandung beein-
flußt sein. Dagegen verdient die Har-
monie zwischen den Linien und der
Stimmung des Hintergrundes und der
Handlung des Vordergrundes Beach-
tung. In ihrer Eigenart mahnen die
Szenen von ferne an Ptavis de
<’liavanne, ohne dabei an Selbständig-
keit cinzubüßen.
Wenige Jahre später ward dem Künst-
ler ein monumentaler Auftrag in
Frankfurt zuteil: die Bemalung der
Aula des Kaiser-Friedrich-Gymnasiums.
Bei der Wahl des Stoffes hatte er freie
Hand, und so wählte er denn aus Bi-
bel und Antike das, was ihm für die
Heranwachsende Jugend besonders an-
regend und wertvoll erschien. Im Mit-
telpunkt der Längswand malte er den
auf einer Rasenbank in einer anmuti-
gen deutschen Landschaft sitzenden Chri-
Ituv alv Lehrer. Daran reiht sich die
Warnung vor Sorgen für den kommen-
den Tag mit einem mutlos neben dem
Pfluge kauernden Landmann und
einem vom Arme der Mutter freudig
zu einem blühenden Bauin aufblicken-
den Kinde; daneben die Warnung vor
Zweiherrendienst mit einem unschlüssi-
gen Jüngling zwischen zwei um ihn
werbenden Königen, sodann die vor den
falschen Propheten, den schlechten Füh-
rern der Jugend mit drei Gestalten,
einem heftig gestikulierenden Fanatiker,
einem geschwätzigen Schwachkopf und
einem blinden Mystiker, vor ihnen
zwei Wölfe, daneben eine letzte Gruppe,
ein einem Jüngling den Wert des Gel-
des predigender Greis, dem ein Dieb
heiniiich seine Schätze aus der Truhe
nimmt. Auf der -entgegengesetzten
Seite des Mittelbildes reihen sich die
Darstellungen der Gleichnisse von dem
unfruchtbaren Baume, den die Rückkehr
des Herrn erwartenden Sklaven, der
engen Pforte und dem schmalen Weg
an, das erste mit einem anmutigen
. Garten und einer dessen Früchte ein-
heimsenden Gruppe aus der einen, dem
zum Umhauen des verkümmernden
Baumes bereiten Herrn und dem um
Aufschub bittenden Gärtner auf der an-
deren Hälfte, das zweite mit einer
Sklavenstube, deren Insassen teilweise
! eingenickt sind und auf das Zeichen der
I Rähe des Herrn sich aufraffen, das
i dritte mit einem durch ein Tor auf einen
j schmalen, ansteigenden Weg weisenden
! Engel. Unter dieser durch gemalte Pi-
laster auf fünf Felder verteilten Bil-
derreihe zieht sich ein schmaler Fries
. hin mit dem Sturm aus dem Meere
und seitwärts davon dem barmherzi-
gen Samariter bezw. dein verlorenen
Sohne zu je drei ineinander übergehen-
den Szenen. Auch hier hat es der
Künstler -verstanden, den Vorgang und
den Hintergrund einander anzuglei-
chen und trotz der Unterschiede einen
glücklichen Zusammenklang der verschie-
denen Darstellungen zu einem einheit-
lichen Gesamteindruck zu eriuöglichen.
Auf den Schmalseiten der Aula hat
die Antike das Wort.
Im Jahre 1905 schmückte Steinhau-
fen die Stuttgarter Hospitalkirche mit
„Jesus dem guten Hirten" und „Jesus
als Herrn des Weinberges", ersterer
bartlos, in öder Gegend ein in Dornen
verstricktes Mädchen findend, auf letzte-