45
tor, gew. Junggesell, 50 Jahre alt, ge-
storben 13. März 1649; Abraham Bletz-
ger, Bruder bei S. Salvator, 70 Jahre
alt, gestorben 19. Juni 1660. In ihrer
Stellung folgten ihnen die Mesner.
Der erste Mesner auf S. Salvator, den
ich kenne, hieß Johann Philipp Schlei-
cher, gestorben 14. Februar 1708. „Bru-
der" nannte man in Gmünd auch sonst
die Mesnerdienst bei den Kapellen ver-
sehenden Personen, die auch verheiratet
sein konnten, so z. B. ist der S. Leon-
hardsbruder oder -Brüderle verurkun-
det. Diese „Brüder" scheinen die spä-
teren Salvator-Geschichtsschreiber mit
Eremiten verwechselt und ihre Tätigkeit
in frühere Zeit vorverlegt zu haben.
Nun aber wird mir ein Besucher des
Salvators entgegenhalten die I n -
s ch r i f t ü b e r d e r Kreuzigungs-
gruppe der unteren Kapelle, von der
man sagt, daß sie aus dem gewachsenen
Fels herausgehauen ist. Diese Inschrift
lautet:
Leulpta fuit praesens Christi pendentis
imago
Moenia Gamundiae quam prius urbis
erant.
Et venovata fuit, Mathias dum sceptra
tenebat
Anno bis trino Primus in imperio.
Mit dem ersten Distichon wird das
Bildwerk in die Zeit vor 1110 zurück-
datiert, in welchem Jahre Gmünd
Mauern erhalten hat. Zunächst ist dazu
zu bemerken, daß die Inschrift aus der
zweiten Hälfte dses 17'. Jahrhunderts
stammt und Wohl abhängig ist von den
gewaltsam archaisierenden „Mutmaßun-
gen" des Dr. Leonhard Friz. Stili-
stisch betrachtet, kann die Kreuzigungs-
gruppe keineswegs in die Zeit von 1100
oder noch früher, wie die Inschrift will,
gesetzt werden. Das Inventar der
Kunst- und Altertumsdenkmale von
Württemberg, Jagstkreis S. 418, nennt
das Werk überarbeitet und kennzeichnet
in Klammern das 13. Jahrhundert mit
einem Fragezeichen als mutmaßliche
Ursprungszeit. Da gibt es mm wohl
eine härtere Nuß zu knacken.
Leonhard Friz berichtet i12) von der
12) Friz II, S. 83.
Herstellung des Salvators: „weilen bei
dem Kruzifix die Bildnus Unser Lie-
ben Frauen entweders aus Bosheit der
bösen Menschen oder wegen eines an-
deren Ursach ist hinweggenommen, ist
ein andere dorthin gestellt worden, und
in dem Hochaltar neben dem Salvators
die Bildnus Moysi und Heliae auf bei-
den Seiten gestellt worden." Friz will
also sagen, daß die Bilder des Hoch-
altars (jetzt einziger Altar der unteren
Kapelle) Moses und Elias ilnd Wohl
auch des Salvators (Verklärung Christi)
ebenso wie die Statue der Muttergottes
bei der Kreuzigungsgruppe 1617 ff. neu
gemacht wurden. Nun fand ich bei
einer Untersuchung der Gruppe, daß
das Madonnenbild kein frei hingestell-
tes Bild ist, sondern ebenso wie das
Kruzifix und Johannes Evang. aus dem
Felsen gehauen und mit dem Fels am
Sockel verbunden ist. Daraus ergibt
sich für mich der Schluß, daß die Bilder
der Kreuzigungsgruppe gleichzeitig ge-
schaffen sind und daß sich Friz mit sei-
ner Darstellung im Irrtum befindet.
Da Friz erst nach 1646 seine Salvator-
geschichte geschrieben haben kann, so ist
es leicht möglich, daß er über die 1617 ff.
geschehenen Dinge nicht irrtumsfrei be-
richtet. Vielleicht hat er eine im Jahre
1619 (also nach teilweiser Vollendung
der unteren Kapelle) durch feindliche
Soldaten, welche im nahen Dorfe Groß-
deinbach einquartiert waren, geschehene
Demolierung des Salvators im Auge.
Damals sei von der umherziehenden
Soldateska des Dreißigjährigen Krieges
auch sonst an außer der Stadt stehenden
Kruzifixen mancher Unfug verübt wor-
den, wie die Chronisten berichten. Ein
Soldat habe sich auf dem Salvator die
Votivgeschenke angeeignet 'und einen
wächsernen Fuß unter frevelhaften Re-
den im Feuer zerschmelzen lassen. Der
Frevler sei dafür durch ein Fußleiden
gestraft worden, das die Amputation
seines Fußes nach sich zog. Die Ver-
wüstungen auf dem Salvator waren so
groß, daß 1654 die Altäre wieder neu
konsekriert werden mußten. Die erste
Konsekration fällt ins Jahr 1618. Nach
sorgfältiger Erwägung alles vorliegen-
den Materials und nach genauer stilisti-
tor, gew. Junggesell, 50 Jahre alt, ge-
storben 13. März 1649; Abraham Bletz-
ger, Bruder bei S. Salvator, 70 Jahre
alt, gestorben 19. Juni 1660. In ihrer
Stellung folgten ihnen die Mesner.
Der erste Mesner auf S. Salvator, den
ich kenne, hieß Johann Philipp Schlei-
cher, gestorben 14. Februar 1708. „Bru-
der" nannte man in Gmünd auch sonst
die Mesnerdienst bei den Kapellen ver-
sehenden Personen, die auch verheiratet
sein konnten, so z. B. ist der S. Leon-
hardsbruder oder -Brüderle verurkun-
det. Diese „Brüder" scheinen die spä-
teren Salvator-Geschichtsschreiber mit
Eremiten verwechselt und ihre Tätigkeit
in frühere Zeit vorverlegt zu haben.
Nun aber wird mir ein Besucher des
Salvators entgegenhalten die I n -
s ch r i f t ü b e r d e r Kreuzigungs-
gruppe der unteren Kapelle, von der
man sagt, daß sie aus dem gewachsenen
Fels herausgehauen ist. Diese Inschrift
lautet:
Leulpta fuit praesens Christi pendentis
imago
Moenia Gamundiae quam prius urbis
erant.
Et venovata fuit, Mathias dum sceptra
tenebat
Anno bis trino Primus in imperio.
Mit dem ersten Distichon wird das
Bildwerk in die Zeit vor 1110 zurück-
datiert, in welchem Jahre Gmünd
Mauern erhalten hat. Zunächst ist dazu
zu bemerken, daß die Inschrift aus der
zweiten Hälfte dses 17'. Jahrhunderts
stammt und Wohl abhängig ist von den
gewaltsam archaisierenden „Mutmaßun-
gen" des Dr. Leonhard Friz. Stili-
stisch betrachtet, kann die Kreuzigungs-
gruppe keineswegs in die Zeit von 1100
oder noch früher, wie die Inschrift will,
gesetzt werden. Das Inventar der
Kunst- und Altertumsdenkmale von
Württemberg, Jagstkreis S. 418, nennt
das Werk überarbeitet und kennzeichnet
in Klammern das 13. Jahrhundert mit
einem Fragezeichen als mutmaßliche
Ursprungszeit. Da gibt es mm wohl
eine härtere Nuß zu knacken.
Leonhard Friz berichtet i12) von der
12) Friz II, S. 83.
Herstellung des Salvators: „weilen bei
dem Kruzifix die Bildnus Unser Lie-
ben Frauen entweders aus Bosheit der
bösen Menschen oder wegen eines an-
deren Ursach ist hinweggenommen, ist
ein andere dorthin gestellt worden, und
in dem Hochaltar neben dem Salvators
die Bildnus Moysi und Heliae auf bei-
den Seiten gestellt worden." Friz will
also sagen, daß die Bilder des Hoch-
altars (jetzt einziger Altar der unteren
Kapelle) Moses und Elias ilnd Wohl
auch des Salvators (Verklärung Christi)
ebenso wie die Statue der Muttergottes
bei der Kreuzigungsgruppe 1617 ff. neu
gemacht wurden. Nun fand ich bei
einer Untersuchung der Gruppe, daß
das Madonnenbild kein frei hingestell-
tes Bild ist, sondern ebenso wie das
Kruzifix und Johannes Evang. aus dem
Felsen gehauen und mit dem Fels am
Sockel verbunden ist. Daraus ergibt
sich für mich der Schluß, daß die Bilder
der Kreuzigungsgruppe gleichzeitig ge-
schaffen sind und daß sich Friz mit sei-
ner Darstellung im Irrtum befindet.
Da Friz erst nach 1646 seine Salvator-
geschichte geschrieben haben kann, so ist
es leicht möglich, daß er über die 1617 ff.
geschehenen Dinge nicht irrtumsfrei be-
richtet. Vielleicht hat er eine im Jahre
1619 (also nach teilweiser Vollendung
der unteren Kapelle) durch feindliche
Soldaten, welche im nahen Dorfe Groß-
deinbach einquartiert waren, geschehene
Demolierung des Salvators im Auge.
Damals sei von der umherziehenden
Soldateska des Dreißigjährigen Krieges
auch sonst an außer der Stadt stehenden
Kruzifixen mancher Unfug verübt wor-
den, wie die Chronisten berichten. Ein
Soldat habe sich auf dem Salvator die
Votivgeschenke angeeignet 'und einen
wächsernen Fuß unter frevelhaften Re-
den im Feuer zerschmelzen lassen. Der
Frevler sei dafür durch ein Fußleiden
gestraft worden, das die Amputation
seines Fußes nach sich zog. Die Ver-
wüstungen auf dem Salvator waren so
groß, daß 1654 die Altäre wieder neu
konsekriert werden mußten. Die erste
Konsekration fällt ins Jahr 1618. Nach
sorgfältiger Erwägung alles vorliegen-
den Materials und nach genauer stilisti-