Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 34.1916

DOI Heft:
Nr. 3
DOI Artikel:
Brinzinger, Adolf: Marie Ellenrieder: geboren in Konstanz am 20. Mai 1791, gestorben in Konstanz am 5. Juni 1863
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.16256#0083

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
80

von ihrer zweiten Reise nach Italien "
zurückgekehrt, ihre stille Vaterstadt nicht
mehr verließ. So mild, fromm, sanft
nnd vergeistigt wie ihre Persönlichkeit
war, sind auch ihre Bilder von keuschem
Adel, gläubiger Empfindung und inni-
ger Hingebung an das Unendliche, in
der künstlerischen Formgebung, Stili-
sierung und ini Kolorit so originell, daß
sie von bleibendem Wert sind. Klara
Siebert hat ein schönes Buch über sie
veröffentlicht ff. Ihren Forschungen
folgend, zeichnen wir im folgenden ihr
interessantes Lebensbild. Marie Ellen-
rieder ist geboren in Konstanz am 20. Mai
1791, aus gut situierter bürgerlicher
Familie, mütterlicherseits aus einer Ma-
lersamilie stammend, denn ihre Mutter
war eine Tochter des Malers Ludwig
Hermann, der für das Konstanzer
Münster das Martyrium des hl. Bar-
tholomäus, einen hl. Nepomuk und den
Tod des hl. Joseph gemalt hat. Der
erste Bürger in Konstanz namens El-
lenrieder war der Rheinmüller Johann
Kaspar Ellenrieder, der Sohn des 1737
verstorbenen Müllermeisters Thomas El-
lenrieder zu Grafenshafen bei Weißen-
horn. Sein Schwager war Steuerherr
zu Konstanz. Konrad Ellenrieder, Ma-
riens Vater, war Uhrmacher. Er kaufte
1789 das Zunfthaus der Fischer am
Bleicherstad. Kurz zuvor war die Stadt
Konstanz, das seit 1548 aufgehört hatte,
eine freie Reichsstadt zu sein, und zu
einer österreichischen Provinzialstadt her-
abgesunken war, unsanft aus seinem
Schlummer geweckt worden. Marie
wuchs als das geliebte Nesthäkchen der
vier Schwestern in dem auf Gebet und
Arbeit gestimmten bürgerlichen Haus-
halt heran. Sie war sehr lebhaft und
kräftig und erhielt beit ersten Unterricht
bei den Dominikanerinnen und zeigte
friihzeitig auffallendes Talent zum Zeich-
nen und Malen. Der Vater, strenge
darauf bedacht, seinen Kindern eine gute
Ausbildung zu geben, ließ ihr von An-
ton Einsle (1801—171), der verschiedene
gute Porträts gemalt hat, Unterricht er- 9

9 Marie Ellenrieder als Künstlerin und Frau,
von Klara Siebert, mit 12 Bildern. Frei-
burg, Herder 1916. 122 Seiten, geb. M. 2.80.

teilen, und Marie lernte bei ihm sauber
und pünktlich zeichnen. Sie malte bald
Aquarelle für Familien- und Freundes-
kreise. Ignaz v. Wessenberg, Bistums-
verweser von Konstanz, empfahl sie an
die Kunstakademie in München, wohin
sie am 27. Juli 1827 übersiedelte. Ihr
Lehrer wurde Johann Georg Langer.
Historienmaler und Kupferstecher, „der
im Ausdruck edler Grazie und sanfter
Hoheit bei Darstellung weiblicher Ge-
stalten besonders glücklich war". Langer
war noch ein Schüler des Klassizisten
Raphael Mengs (1728—79). Er ver-
langte von seinen Schülern eine tiichtige
Kenntnis des Handwerklichen in der
Kunst und technische Fertigkeit. Marie
lernte bei chm zeichnerische Sauberkeit
und Korrektheit. Sie wohnte im Land-
haus von Langer in Haidhausen an der
Isar. Sie fühlte sich daselbst sehr glück-
lich imb Langer rühmte ihren frommen
Sinn, rastlosen Fleiß und ihr großes
Talent. Nach zwei Jahren kehrte sie
nach Konstanz ins Elternhaus zurück
und Ende April 1816 wieder nach Mün-
chen, ging zuerst nach Zürich und dann
nach Sigmaringen, wo sie die Fürstin von
Hohenzollern und deren Kinder porträ-
tierte (Bild im Schloß in Sigmarin-
gen). In jener Zeit malte sie auch die
sehr charakteristischen Bilder ihrer El-
tern, Verkörperungen des selbstbewuß-
ten, biederen und frommen Bürgertums,
ferner das Bild des Herrn v. Secken-
dorff, das beste ihrer Frühwerke, voll
feinster Charakteristik und liebeooller
Vertiefung. Ebenso lebenswahr ist das
Bild ihres Protektors Ignaz v. Wessen-
berg, sowie ihre zwei Selbstbildnisse
(1818—19). Das erste stellt Marie dar
ini schwarzen Sanitkleid, mit schmaler
Spitzenkrause und goldenem Kreuz an
einer Doppelkette, energisch, mit großen
Augen, frisch und flott gemalt. Das
zweite Selbstbildnis zeigt sie mit der
Palette in der Hand, das Gesicht durch-
geistigt. NeunPorträts stammen aus jener
Zeit, „die sie in der Seele freuten", wie
sie schreibt. Auch eine Anzahl frischer
Kinderbildnisse malte sie damals. Sie
trieb auch das Klavierspielen und er-
lernte die italienische Sprache. Ihre
 
Annotationen