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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 36.1918

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Nr. 1
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Weser, Rudolf: Die Freskomaler Anton und Joh. Baptist Enderle von Söflingen, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.21063#0013
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11

diese Zeilen Veranlassung, daß noch
manches ans Tageslicht kommt, was bis
jetzt vergessen und mißachtet ist.

Das aber geht sicher aus dem Vor-
stehenden hervor, daß Enderle zu den
produktivsten Malern des Rokoko ge-
zählt werden muß. Man muß nur stau-
nen, welch große Anzahl von bedeuten-
den Werken dieser Künstler geschassen
hat. Zunächst waren Enderle die Ver-
hältnisse seiner Zeit günstig. Es war
die Zeit, wo im Süden besonders von
den Klöstern, aber auch von den Pfarr-
gemeinden eine rege Baulust entfaltet
wurde und wo man es liebte, Helle, hoch-
und weiträumige Kirchen zu erbauen,
in denen die Lichtstrahlen mit den Wer-
ken einer farbenfrohen Kunst ihr hei-
teres Spiel spielen konnten. Da sollten
die Heiligengestalten, das Leben, Ster-
ben und selige Gliick der Heiligen wie
eing eindringliche Predigt alltäglich dem
Auge und der Seele der Gläubigen vor-
geführt werden. Eine eingehende Kennt-
nis der Heiligen Schrift, eine Vertraut-
heit mit den Typen und Antitypen, ein
liebevolles Spiel mit einer großartigen
Symbolik sind besondere Kennzeichen
dieser Rokokokunst. Dabei konnte die
Phantasie des Malers reichlichen Stoff
finden. Da gab es schier unzählige Mög-
lichkeiten, ein und dasselbe Thema im-
mer wieder in neuen Variationen ab-
zuhandeln. Da war kein Hindernis, die
weiten Flüchen mit vielgestaltigen Ge-
danken zu überspinnen. Enderle ver-
stand diese^Zeit und ihre Forderungen.

Es war auch ein Glück für den jungen
Enderle, daß er so bald in eine Maler-
werkstätte kam, die schon einen, wenn
auch bescheidenen kirchlichen Kundenkreis
besaß. Durch seine Einheirat in das Ge-
schäft seines Vorgängers schuf er sich den
Boden zur Arbeit auf eigenes Risiko.

Bald fehlte es Enderle auch nicht an
Gönnern und Beschützern seiner Kunst,
welche ihm durch Empfehlung seiner
Person und seiner Arbeit immer wieder
neue Aufträge zuführten in dem Maße,
daß es ihm nie an Arbeit gebrach. Zu
diesen Gönnern zählten besonders die
Klöster in Schwaben, die feine Dienste
selbst gerne annahmen. So durfte er
sich der Begünstigung seines Strebens

erfreuen seitens der Kapuziner in Do-
nauwörth, der Klarissinnen zu Söf-
lingen, des Deutschordenshauses in Do-
nauwörth, der Benediktiner zu Heilig-
kveuz in Donauwörth, des Klosters Rot-
tenbuch, der Augustinerklöster in Wet-
tenhausen, Oberndorf am Neckar, Lanin-
gen u. a. m. Da konnte es nicht fehlen,
daß des Meisters Liebe zur Kunst immer
neue Schwingen erhielt und daß sich
sein Ansehen in weiten Kneifen Geltung
verschaffte.

Enderle war aber auch der Meister,
der diese Förderung in reichstem Maße
verdiente. Vor allem besaß er eine iiber-
aus gliickliche I n v e n t i o n s- und
K o m p o s i t i o n s g a b e. Wohl wer-
den ihm bei seinen zahlreichen und um-
fangreichen Werken geistliche und klöster-
liche Berater zur Seite gestanden haben,
wie wir das im Bisherigem gelegentlich
nachgewiesen haben. Es werden ihm
auch die reichhaltigen Kupferstichwerke
der Augsburgischen Stecher zur Verfü-
gung gestanden sein. Allein es kann
sich in den meisten Fällen von diesen
Seiten aus doch nur um den Hauptgedan-
ken gehandelt haben, der ihm insinuiert
wurde. Die, ganze Ausgestaltung der
Gedanken, die zweckmäßige Anordnung
des Inhalts der Gedanken, die Hervor-
hebung der Hauptsachen, die vorteilhafte
Gruppierung des einzelnen sind sein
ureigenstes Eigentum. Naturgemäß hat
ein Kirchenmaler oft die gleichen oder
ähnliche Stoffe zu behandeln. Sehr oft
trifft dies bei Enderle zu. Aber man
sieht, wie der Künstler es geflissentlich
vermeidet, in schematischer Weise zu ko-
pieren. Er weiß vielmehr immer wie-
der abzuändern und zu nüancleiren, zu
erweitern oder zu vereinfachen. Bei den
größeren gleichartigen Kompositionen
scheint es, als ob er sich mit der bis-
herigen Komposition nicht befriedigt
fände, und er sucht immer nach dem Bes-
seren und Feineren, nach größerer Voll-
endung. In der Anordnung des Stof-
fes ist es charakteristisch für Enderle, daß
er sich fernhält von aller lleberladung
mit Figurenwerk und Staffage. Alles
ist bei ihm wohlgeordnet, durchsichtig
und klar. Und das ist ein besonderer
Reiz, der in seinen Gemälden liegt, daß
sie eine so einfache und klare Sprache
 
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