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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 36.1918

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Nr. 2
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König: Die Veitskapelle in Mühlhausen a. N.
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https://doi.org/10.11588/diglit.21063#0033
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31

in Stuttgart befindet. Auf der Rück-
seite des Hauptstücks dieses Altars ist
das Bild des Gekreuzigten, auf den
Seitenflügeln knien, den Gekreuzigten
anbetend, die beiden Brüder Reinhart
und Eberhart, lieber den beiden Bild-
nissen befinden sich, schwarz auf weißem
Grund, in gotischer Minuskelschrift fol-
gende für die Baugeschichte wichtige An-
gaben :

lieber dem Bilde Reinharts: Do man
czalt von cristi gebürt MCOCLXXXY
tat am saut wenceßlaus tag wart bisse
tafel Vollmacht von dem Eirbn Reinhart
von Mülhusen burger zu Prag stiftet
diss. Kappel und aller ander ir zu ge-
hörd. Bittend got daz er im gnedig sey
amu.

lieber dem Bilde Eberharts: Do man
ezalt von cristz gebürt tnsend dryhudert
und achzyg iar an dem fritag vor saut
gyldn-tag starb Eberhart von Mülhnsen
burger czu Prag Reynhartz Bruder
stifters disser Kappell. Bittend Got
vor in.

Danach ist Reinhart von Mühlhausen
der alleinige Stifter der Kapelle wie
auch ■ des ursprünglichen Hochaltars.
Eberhart, der nur genannt wird als
Bruder des Stifters, starb am St. Gyl-
dentag anno 1380 (St. Aegidientag,

1. September), also erst nach der Grund-
steinlegung zttm Bau. Frühere Ansich-
ten, wonach der Tod Eberharts die Ur-
sache der Stiftung gewesen sei, werden
damit hinfällig.

lieber die Frage, warum Eberhart,
wenn er doch mit der Stiftung nichts
zu tun hatte, auf dem Altarbild neben
seinem Bruder als Stifter figuriere,
gehen die Ansichten auseinander. Wenn
man annimmt, Reinhart habe dem be-
reits verstorbenen Bruder auf dem Bild
noch ein Denkmal setzen wollen, so ist
dies ein annehmbarer Gedanke, mit
dem auch die Behauptung des Pfarrers
v. Breitschwert (Geschichte des Orts
Mühlhausen) sich vereinigen ließe, wo-
nach der Zweck der Stiftung eine ewige
Messe gewesen wäre zum Seelenheil des
Bruders.

Nun fragt es sich, wer waren die
Brüder Reinhart und Eberhart? Ihr
Beiname „von Mühlhausen" hat schon
zu allerhand Vermutungen verleitet.

Es gab nämlich schon im 13. Jahrhun-
dert ein Adelsgeschlecht • „von Mühl-
hansen" mit demselben Wappen wie das
der beiden Brüder (drei Mühlhauen).
Man zweifelte darum früher auch nicht,
dieselben als Nachkommen der im 13.
Jahrhundert urkundlich vorkommenden
Herren von Mühlhausen zu bezeichnen
und nannte sie „Ritter". Doch dagegen
spricht schon die Beifügung: Renhart,
„dem erbrn Man", eine Bezeichnung,
die nur Bürgern zttteil würde; sodann
nennt in einer am Sonntag vor Sankt
Johann (23. Dezember) von Winneden
datierten Urkunde ein jüngerer Reinhart
von Mühlhausen sich des alten Schult-
heißen „Sun von Mülhusen", und den
Stifter der Veitskapelle seinen Oheim,
„der gar ersam und wise, mein lieber
oheim, Renhart von Mülhnsen, Burger
zu Präge" (cf. Schriften des württ.
Altertumsvereins 11, S. 97 f.). Danach
waren Eberhard, Reinhart der Aeltere
und der alte Schultheiß von Mühlhau-
sen Brüder, die alle ans einer Bürger-
familie stammten und nichts zu tun hat-
ten mit dem alten Adel in Mühlhausen.
Wie ist es aber dann zu erklären, daß
die beiden Brüder dasselbe Wappen
führen wie das Adelsgeschlecht „von
Mühlhausen"? Nach Lange und ande-
ren Forschern nahmen sie, zu Reichtttm
und Ehre gelangt, das Wappen der
schon längst im Mannesstamm erlosche-
nen fielen Herren, der früheren Grnnd-
herren von Mühlhausen, wohl mit kai-
serlicher Bewilligung an. Die Besitz-
nachfolger der Grnndherreu, die Blan-
kenstein, führten ihr eigenes Wappen.
Die andere Ansicht, die Brüder haben
nach ihrer Einwanderung in Prag mit-
telalterlicher Sitte gemäß sich „von
Mühlhausen" genannt zur Bezeichnung
ihrer Herkunft, hält der Tatsache gegen-
über nicht stand, daß die beiden Brüder
sich eben doch zum Adel rechneten, wo-
für die Beweise nicht fehlen. Mehr als
einmal ist in der Veitskirche ihr Wap-
pen zu finden: über beiden Portalen,
sodann zweimal, oben und unten je in
der Mitte des reichvergoldeten Rahmens
an dem Hauptbild des früheren Hoch-
altars. Daß dieser Rahmen von der
Würde und dem Adel des Kirchenstif-
ters zeugen soll, beweisen die 24 Wap-
 
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