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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 36.1918

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Nr. 3
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Brinzinger, Adolf: Die Marienkirche in Stuttgart
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Brinzinger, Adolf: Hofbaudirektor Joseph v. Egle: (1825-1899)
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https://doi.org/10.11588/diglit.21063#0071
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w

öümenttiefen aber nicht bedeutender ge-
wühlt werden, als es die erforderlichen
Fundamentverbreiterungen eben notwen-
dig machten. Nach vorheriger genauer
mathematischer Berechnung durch Egle
für die aufzunehmenden Lasten wurde
die Ausdehnung und Lage der Funda-
mentssohlen so festgestellt, daß ihre
Mehrbelastung infolge des Baus 1,7
Kilogramm pro Quadratzentimeter nir-
gends übersteigt, und daß ihre Schwer-
punkte annähernd den Schwer- und
Drucklinien der Baumassen entsprechen.
Die Bauausführung erfolgte unter der
tüchtigen speziellen Leitung des als
Bauführers funktionierenden Werkmei-
sters Karl Mayer. Für 120 000 M.
Beton wurde in den Grund eingelassen.
Der Rohbau kostete 735 668 M., die in-
nere Ausstattung etwa 200 000 M. Se.
Majestät König Karl wohnte der Kon-
sekration der Kirche bei.

Lwfbaudirektor ^osepb v. Lale.

(1825—1899).

Bon Adolf B r i n z i n g e r, Stadt-
pfarrer a. D.

Unter den neueren Architekten Würt-
tembergs gebührt ein Ehrenplatz dem
Hofbaudirektor Joseph v. Egle. Er ist
geboren in Dellmenfingen, OA. Ulm, am
23. November 1818, gestorben in Stutt-
gart am 5. März 1899, 81 Jahre alt.
Die Periode der Stuttgarter Renais-
sancebauten ist aufs engste verbunden
mit dem Dreigestirn: Leins (Billa Berg),
Egle (Polytechnikum) und GnauthlWürt-
tembergische Vereinsbank). Aus niede-
rem Stand hervorgegangen und in be-
scheidenen Lebensverhältnissen groß ge-
worden, erhielt er seine wissenschaftliche
Ausbildung im Baufach auf der Stutt-
garter Gewerbeschule, dem Wiener Poly-
technikum und der Berliner Akademie
der Künste, war dann als Zeichner bei
Bauten in Wien tätig, besuchte 1842 als
Korrespondent der „Allgemeinen Bau-
zeitung" Norddeutschland und England
und widmete sich in Paris, München und
Italien eingehenden Kunststudien. Nach
einer solchen gründlichen theoretischen
Vorbereitung kehrte der nicht bloß kiinst-
lerisch reich begabte, sondern auch mit
scharfem, praktischem Verstand ausgestat-

: tete junge Architekt nn Herbst 1848 in
; die Heimat zurück, wo alsbald eine
schöne Aufgabe seiner harrte. Er wurde
zum Vorstand der noch in den beschei-
densten Anfängen befindlichen Stuttgar-
ter Baugewerkschule berufen, die er in
46jährigem segensreichen Wirken zu einer
trefflich organisierten, in ganz Deutsch-
land als musterhaft anerkannten Unter-
richtsanstalt herangebildet hat. Ein
7 Jahre lang innegehabtes Lehramt am
Stuttgarter Polytechnikum legte er nie-
der, als er im Jahre 1857 zum ersten
Architekten des Hofes ernannt wurde,
zuerst als Oberbaurat, dann als Hofbau-
direkter. Daneben hatte er eine aus-
gedehnte Baupraxis. Er begann mit
bürgerlichen Wohnhäusern, Villen, Schul-
häusern. Ebensosehr wie die Schönheit
I der Bauten lag ihm ihre Dauerhaftig-
keit am Herzen. Er ging von der bis
dahin in Stuttgart üblichen Fachwerk-
konstruktion zunr unverblendeten Mas-
sivbau über und drang bald mit seinen
Prinzipien völlig durch. Er hat im Ver-
ein mit Leins der schwäbischen Residenz
in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhun-
derts hauptsächlich das architektonische
Gepräge aufgedrückt. Eine Anzahl, der
herrlichsten öffentlichen Gebäude in
Stuttgart sind sein Werk: so das Poly-
technikum und die Baugewerkschule, das
eine im edelsten Stil der slorentimschen,
die andere in dem der sranzösischen Re-
naissance gehalten. 1872—79 schuf er
im Stil der Frühgotik, die Formen der
Marburger Elisabethenkirche überneh-
mend und selbständig weiterbildend, die
ebenso erhabene als schöne Stuttgarter
Marienkirche, und mit der Tübinger
katholischen Kirche (Konviktskirche) lei-
stete er in bescheidenerem Rahmen nicht
minder Treffliches. Ferner war er bei
Erneuerung zahlreicher . alter Kirchen-
bauten beteiligt, leitete insbesondere die
Restauration der Eßlinger Frauenkirche,
der Gmünder Heiligkreuzkirche, der Got-
teshäuser in Weilderstadt, Urach, Rot-
tenburg am Neckar. Beim Ausbau des
Ulmer Münsters und Unterfangung des
Münsterturms fungierte er als oberster
fachmännischer Berater und stellte, über
die Schwere des Turms und über die
Tragkraft der Substruktionen desselben
genaue mathematische' Berechnungen am
 
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