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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 36.1918

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Nr. 4
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Breucha, August: Über die Stadtpfarrkirche zu Ehingen a. D.
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lieber die Stadtpfarrkirche zu
Ehingen ci. D.

Von Landgerichtsrat B v e u ch a.

Dem Wanderer, der vom Bahnhof
her nnsene Stadt betritt, fallen zwei
mächtige, das Stadtbild wirkungsvoll
beherrschende Bauwerke ins Auge, zur
Linken die lebhaft bewegte, von dem
schönen Turme malerisch überragte
Gruppe der Kollegiumskirche und des
ehemaligen Benediktinerkollsgiums, jetzi-
gen Konvikts, zur Rechten die gewaltige,
wenig gegliederte und etwas ungeschlachte
Masse der Stadtpfarrkirche. Man er-
kennt sofort: hier herrscht wie fast über-
all in Oberschwaben der Barock. Mäch-
tige Streben steigen von der Talsohle
auf und schaffen und stiitzen die Platte,
auf der wie auf einem emporgehaltenen
Teller der Ban der Pfarrkirche sich er-
hebt, während unten das harnilose Was-
ser der Schmtech ein silberiges Band
um Kirche und Stadt schlingt. Unsere
Altvorderen haben wahrlich den Städte-
bau verstanden: der Platz ist trefflich
gewählt, nahe der Oberstadt urtb der
unteren, zunächst deni Marktplatz und
dem Zusammenfluß der wichtigsten
Straßen und Gassen und doch abseits
vom Verkehr. Väterlich schaut dbr
altersgraue, noch ans der Gotik [tcmi-
men de Kirchturm herab in die Straßen
und Gassen, die Stuben und Werkstät-
ten, freundlich den Bürgern „die Zeit
bietend" und sie ermahnend, über der
Arbeit den lieben Gott nicht zu verges-
sen. Ein ungemein reizvoller und! stim-
mungsvoller Kirchplatz, von Bäumen
beschattet, mit alten Grabdenkmälern,
einer ganzen Kunstgeschichte in Stein,
geziert und von einem verwitterten
Madonnenbild auf hoher Steilnsäule
überragt, ist geeignet, deni Besucher
die Gedanken des Alltags zu verscheu-
chen und ihn zum Eintritt ins Heilig-
tum vorznbereiten.

Dieses ist eine Saalkirche von seltener
Großartigkeit. Das Schiff, welches auf
der linken Seite sieben, auf der rechten,
wo der Turm angebaut ist, fünf Kapel-
len begleiten, ist ein mächtiger, nnge-

urku-üde für sie Äeutfche Regierung in "den
ReichsbaMen. Vi-elleicht korrigiert »eine son-
nige Zukunft !d-as „explicit", «das ldsie süstere
Gegenwart unter dieselbe gesetzt hat.

teilter, mit e i n e m Blick 31t. fassender,
von e ine v Deckenwölbung! beherrsch-
ter Raum. Die damit hervorgehobenen
Eigenschaften der Weiträumigkeit und
Einheitlichkeit sind Merkmale des ba-
rocken Kirchpnbäus im allgemeinen.
Hier aber sind bemerkenswert die für
die Pfarrkirche eines Landstädtchens
sehr bedeutenden Ausmaße: Es beträgt
die Länge des Schiffes 42 Meter, seine
Breite ohne Kapellen 17,45 Meter, mit
diesen 22,5 Meter, die Höhe 13,5 Meter,
die Höhe der Seitenkapellen 9,8 Meter.
Was 174/2] bezw. 22 Meter lichte Breite
bedeuten, mag man daraus entnehmen,
daß die gewaltige St. Michaelskirche in
Miinchen 20 Meter, das Mittelschiff von
s^t. Peter in Rom 26 Meter lichte Breite
hat. Sieht man von den Klostermnn-
stern ab, so ist unsere Pfarrkirche jeden-
! falls eine der größten und großartigsten
! Barockkirchen Oberschwabens. Die Har-
! monie der Maße ist übrigens keine ganz
| reine, die Höhe entspricht nicht der un-
gewöhnlichen Breite. Das Mißverhält-
nis offenbart sich bei der Vergleichung
mit den viel glücklicheren Maßen des
Chores und tritt am deutlichsten an der
Wand, wo Chor und Schiff zusammen-
stoßen, in Erscheinung. Die Erklärung
für dieses Mißverhältnis gibt die Ban-
geschichte, um deren Aufhellung sich
Oberstud'ienrat Di\ Hehle in seiner
Schrift „Forschungen mtb Entdeckungen
zur Geschichte der St.-Blasius-Pfarrkirche
in Ehingen" vom Jahve 1914 große
Verdienste erworben hat. Die Kirche ist
nämlich nicht in der Barockzeit neu er-
richtet worden, sondern durch wieder-
holten Umbau der früheren dreischiffi-
gen gotischen Hallenkirche entstanden,
deren in einer Urkunde von 1497 vor-
koinmende Bezeichnung „der lange
Münster" vermuten läßt, daß, solange
der Raum in drei Schiffe zerlegt war,
diese verhältnismäßig eng und laug er-
schienen. In Ehingen hat man, um den
seit Vignolas Kirche al Gesu in Rom
und in Deutschland seit St. Michael
von Miinchen angestrebten und wohl
auch durch das Anwachsen der Pfarr-
gemeinde geforderten einheitlichen, wei-
ten Raum zu gewinnen, die beiden Pfei-
lerreihen des ehemals gotischen Mün-
sters entfernt, zudem die südliche Längs-
 
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