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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 37-39.1919/​21

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Nr. 1 (1919)
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Schneider, Franz: Ein spätgotisches Kruzifix
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Stolz, Eugen: St. Cutubilla
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https://doi.org/10.11588/diglit.22108#0028

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20

lögetö nahe bet den Schächern mit sich
brachte, hielt man es für angezeigt, die
Figuren, insbeiouder.' den Kruzifixus,
wegzunehmen, irm die Profanierung
und Beschädigung derselben unmöglich
zil machen. Die endgültige Wiederaus-
stellnng an bent alten oder an einem neu
ausgewählten Platz wollte man einer
friedlichen Zukunft überlassen.

Bei dieser Gelegenheit erst, als es
möglich wurde, dir Gestalt des Gekreu-
zigten in guter Beleuchtung und in der
Nähe zil betrachten, zeigte sich daß man
es hier mit einem hervorragenden spät-
gotischen Kunstwerk zu tun habe. Die
zwei anderen Figuren sind erheblich spä-
teren Datums und zeigen barocken Cha-
rakter. Der Kruzifixus ist lebensgroß
mit der öfters vorkommenden Fr.iheir
der etwas iiberlebensgroß gewählten
Dimensionen des Kopses. Die ganze
Gestalt zeugt von erstaunlicher Kennt-
nis der Anatomie des menschlichen Kör-
pers, wie man sie nur sehr selten unter
den vielen geschnitzten Kruzifixen trifft,
und ist in hohent Grad realistisch be-
handelt. Nicht etwa zum Nachteil oes
Eindrucks oder vollends des Antlitzes
des Heilands, das in seiner Abgezehrt-
heit, seiner die Entbehrungen und das
Leiden offenbarenden Falten und Run-
zeln, mit dem im Todeskampf schmerz-
lich verzogenen, halbgeöffneten Mund
und den 'ersterbenden Augen ungemein
ergreifend wirkt.

Merkwürdiger noch, wenn auch we-
niger für den Kunsthistoriker, mag man-
chenr Betrachter der Gestalt erscheinen,
daß die Dornenkrone nicht geschnitzt,
sondern kiinstgerecht ails gewachsenen
Dornenzweigen geflochten ist, und daher
abgenommen werden kann, und daß fer-
ner, am Hinterhaupt insbesondere, setzt
noch in Gips anmodellierte Haare, Lok-
ken, wenn auch vielfach verdorben, zu
finden sind. Früher, so berichtet ein
alter Augenzeuge voll lebhaften Inter-
esses, fyafren echte, ziemlich lange schwarze
Haare bezw. Locken den seltsam feier-
lichen Schmuck des DuldDhauptes ge-
bildet. Ob diese Veränderung des
Christuskopfes die erste, oder, was nicht
iinmöglich wäre, die zweite gewsien ist,
wird sich nicht leicht feststellen lassen.
Und noch eine andere Wandlung hat der

.Kruzifixus iiber sich ergehen lassen müs-
seii, wenn auch nur bezüglich seiner
Aufstelluug: Einstens, noch vor 70Jah-
ren habe, so erzählt der erwähnte Zeuge,
das Kruzifix in der St. Wolfgangskirche
(erbaut 1473) gestanden; über den Platz
daselbst stimmen die Ueberlieferungen
nicht überein. Welche näheren Beiveg-
griinde dazu geführt haben, das Chri-
stusbild obeii auf dem Hügel in der fla-
chen, breiten Nische aufzupflanzen, muß
weiteren Nachforschungen ziir Aufklü-
rung Vorbehalten bleiben. Die „Schä-
cher" sind ein Andachtsort, der vor allem
am Karfreitag die frommen Gläubigen
aus der Stadt ltnb den Filialgemeinden
in großen Scharen anzog, und es wird
eine schöne und lohnende Aufgabe sein,
diese Wallfahrt an irgend einem geeig-
neten Ort neu zu beleben und dem groß-
artigeii Kruzifixusbild einen seinem
Wert entsprechenden iind seine Erhal-
tung verbürgenden Platz anzuweisen.

F. Schneider, Prof.

St. (Lutubilla.

Von Stadtpfarrer Liz. E. Stolz

in Schelkliiigen.

In der um das Jahr 1500 erbauten
St. Ulrichskapelle des 1178 gestifteten
und 1535 der Reformation zugeführlM
Prämonstratenferstiftes Adelberg im
heutigen Oberamt Schorndorf steht als
Erinnerung an die alte Klosterherrlich-
keit der prächtige Flügelaltar mit Bildern
aus der Meisterhand von Bartholomäus
Zeitblom v. I. 1511. Unter den fünf
Statuen des Mittelschreins hat jene der
hl. Cutubilla schon länger das Interesse
der Kunstarchäologen und Hagiograp'hen
auf sich gezogen. Eine weitere Statue
der gleichen Heiligen findet sich auch an
der Chorwand der Kapelle. Ihr Attri-
but sind jedesmal zwei Mäuse. Sonst
ist die Heilige nicht weiter bekannt; selbst
das große Heiligenlexikon von Johann
Stadler kennt ihren Namen nicht.

Jüngst hat Pfarrer K. Brehm
(Sontheim) in der „Literarischen Bei-
lage" der „Augsburger Postzeitung",
1919, Nr. 9, S. 33 über die Adelberger
Heilige eine Vermutung mit überraschend
einfacher Lösung des Problems aufge-
stellt. Er schreibt nämlich a. a. O.: „Noch
 
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