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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 37-39.1919/​21

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Nr. 3 (1919)
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Rohr, Ignaz: Zur Baugeschichte der Klosterkirche in Zwiefalten
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Unterkofler, Franz: Klerus und Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.22108#0078

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an ein Riesenwerk wie der Münsterbau
wagen, daß der Klosterschlosser von
Goßenzugen an der Kunst Knoblauchs
emporwächst und das sVocheichertgitter
schon aus eigener Kraft schasst, daß die
Jnnenkunst in Christian von Riedlin-
gen und Meßmer von Hohentengen her-
vorragende Vertreter findet, so bekommt
man eine Ahnung davon, was jene Zeit
für die Kunst und die Kunst für jene
Zeit bedeutete. Erwägt man ferner,
daß die Prümonstratenser von Marchtal
gelegentlich bei den Benediktinern zu
Zwiefalten funktionieren, Kapuziner
daselbst Benediktionen vornehmen, Je-
suiten in derselben Zeit eine Mission
hatten und der Pfarrer von Andelsin-
gen bei den bedeutungsvollsten Gedenk-
tagen des Konventes predigt, so fällt
ein eigentümliches Licht auf das Schlag-
Wort vom ewigen Mönchsgezänk und
endlosen Klosterhader. Und bedenkt
man, daß zur selben Zeit die Kunst zu
Zwiefalten Brot, die Wissenschaft treue
Pflege, die notleidende Bevölkerung
Unterstützung und, nicht minder wichtig,
Anregung zur Selbsthilfe fand, daß im
selben Geiste wie Abt Weinemer von
Leinstetten im Kloster von Zwiefalten
auch sein Horber Landsmann Martin
Gerbert in St. Blasien auf dem Schwarz-
Wald, Frobenius Förster bei den Schot-
ten von St. Emmeram zu Regensburg,
Rupert Neß und Honorat Göhl zu
Ottobeuren wirkte, so kommt man zu
dem Schluß: die Säkularisation hat in
diesen Gebieten keineswegs ein nur
noch schwach flackerndes Licht vollends
ausgelöscht, sondern ein gesundes, zu-
kunftsfrohes Leben jäh abgerissen.

Klerus und Kunst.

Von Pfarrer U n t e r k o f l e r,
Hohenstadt.

Im „Korrespondenz- und Offerten-
blatt" für die gesamte katholische Geist-
lichkeit Deutschlands ist in Nr. 6, 1916,
eine Abhandlung des Münchener Pri-
vatgelehrten De. A. Wurm überschrie-
ben mit: „Der Klerus und sein Ver-
hältnis zur Kunst". Der Verfasser bil-
det drei Gruppen und urteilt: „Die
erste Gruppe besitzt kein oder soviel wie
kein Verhältnis zur Kunst. Diese liegt

ihrem Jnteressenkreis vollkommen fern.
Diese Gleichgültigen suchen freiwillig
keine Fühlung mit der Kunst oder
irgendwelchen Aufgaben in diesem Be-
reich, und tritt eine solche an sie heran,
so wird sie mit geringer Selbstbeteili-
gung und unter Einhaltung, der Nächst-
liegenden und bequemsten Wege er-
ledigt, so ziemlich wie ein Geschäft.

Dieser Gruppe steht eine andere
gegenüber, die wohl weniger zahlreich
sein dürfte. Sie umfaßt die, welche
ein wirkliches, aufrichtiges, fruchtbares
Verhältnis zur Kunst haben. Eine
systematische Ausbildung haben wohl
die wenigsten, dafür aber in der Regel
eine sehr kräftige, natürliche Hinnei-
gung zur Kunst. Eine deutliche An-
lage zu ihrer richtigen Auffassung ist
vorhanden." Auch sonst weiß er noch
Lobenswertes von diesen zu sagen,
fährt dann aller fort: „Zwischen diesen
beiden, ziemlich schmalen 1 Eckpfeilern
schiebt sich eine große Masse derjenigen
hin und her, die zwar in irgend einem
Grad ein Interesse oder ein Verständ-
nis für die Kunst haben, die aber darin
durch konventionelle oder individuelle
Verengung des Horizontes oder durch
Einbildung und Unaufrichtigkeit ver-
bildet sind."-

Wir glauben nun, dieses Urteil hängt
in der Luft ohne die Antwort auf die
grundlegende Voraussetzung: Hat der
Klerus, gerade dieser, überhaupt in
einem Verhältnis zur Kunst zu stehen,
enger zu stehen als der gebildete Laie?
Läßt sich von einem Verhältnis reden,
in das eine bindende Pflicht setzt?
Natürlich ergibt sich hieraus sofort die
weitere Frage: Worin besteht dann

diese Pflicht?

Wir vermerken, daß wir unter Kunst
hauptsächlich Architektur, Bildhauerer,
Malerei verstehen. Den Grundpfeiler
für ein Ja auf unsere Frage bildet wohl
die Definition des Wesens, die Dar-
legung der Aufgabe der Kunst. Was
ist, was will die Kunst? Fast so viel
Antworten als Fragesteller! Ueber den
ganzen Chorus dieser tönt aus ferner
großer Zeit aus Dantes Mund hin die
präzise, monumentale Antwort: „Die

Kunst ist Gottes Enkelin." (Inf. XI,
106.) Damit will doch gesagt sein:
 
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