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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 37-39.1919/​21

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Nr. 3 (1919)
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Unterkofler, Franz: Klerus und Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.22108#0081

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Welches sich durch Schönheit seines
Schmuckes auszeichnet".

Zuletzt sei noch der Grundsätze ge-
dacht, welche Gregor der Große zur
Sache äußerte. Der Bischof Serenus
von Marseille hatte wegen grober Miß-
bräuche aus den Kirchen seines Spren-
gels die Bilder wegnehmen lassen. Der
Papst tadelte nun dies und schrieb ihm
unter anderem: „Es ist etwas anderes,
ein Bild anbeten, etwas anderes, aus
der gemalten Historie lernen, was man
anzubeten hat."

Wofür und wovon sprechen denn die
Wände der Katakomben? Entscheidend
über die Stellung der jungen Kirche zur
Kunst sind gerade die Katakombensunde.
Auch hier „werdet ihr sie an ihren Früch-
ten erkennen". Die Wände sind über-
füllt von Bildern. Die Autoritäten auf
diesem Gebiet, Kraus, de Rosst, weisen
viele dieser Darstellungen in die erste
christliche Zeit.

Die Madonnen aus dem Cömeterium
der Priskilla sollen ins erste Jahrbun-
de rt reichen.

Was sie in ihren Anfängen getan,
das setzte die Kirche fort in ihrer Ent-
wicklung. ,Jn den glaubensstarken Jahr-
hunderten des Mittelalters erschloß sie
der Kunst geradezu ein Land, das von
Milch und Honig floß. Die herrlichen
Dome der Gotik in Süd und Nord, die
Malschulen^ des Niederrheins, Schwa-
bens, dann die Meister des Trecento,
Quatro-, Einquecesto sind Zeugen des
Kunstsinnes, der Kunftbegeisterung und
des Kunstvermögens der Kirche. Von
ihr, von der Religion stammt fast all
der Inhalt des Kunstschasfens. Und
wie viele Künstler trugen das Kleid der
Kirche! Allein Fra Angeliko, Santo, der
Jesuit Snyders bis herauf auf die
Beuroner.

Es bleibt: Die Kirche erschloß einen
Felsquell fiir die Kunst, dessen Wasser
das klarste, weil reinste, erquickendste
ist. Es ließe sich so ins Endlose weiter
beweisen. Wir fragen lieber: „Ist

die Kirche nicht selbst Künstlerin in
ihrer Liturgie? Sei es eine schlichte
Funktion, sei es ein prunkvolles Ponti-
fikalamt in hoheitsvollem Dome, stets
das Stigma vollendeten Geschmackes,
vornehmer/ maßvoller Dramaturgik, ed-

| ler Rhythmus, das Höchstbestreben, gei-
stigen Inhalt in bestmögliche, vollendete
Form zu kleiden und so zu interpretie-
ren. Und dies Bestreben zeigt sie auf
allen Gebieten der Kunst. Sie ist
älteste und vielseitigste Künstlerin in
' der christlichen Aera. Ihre Kunsttätig-
keit in Musik, Rhetorik, hl. Poesie wäre
Stosf für eine eigene Abhandlung. Hier
nur der Gedanke: was steckt im Brevier,
im Missale an Poesie! Wir dürfen
ruhig sagen, Schillers Aussorderung an
die Künstler: „Der Menschheit Würde
ist in eure Hand gegeben, bewahret sie!
Sie sinkt mit euch — mit euch wird sie
sich heben", die Kirche ist ihr am läng-
sten, am reinsten gerecht geworden. Es
gab keine- Zeit, in der sie die Kunst ver-
gessen hätte. In den Bluttagen der
Katakomben blieb sie ihr treu, in den
Zeiten der Bilderstürme und der Re-
formation trat sie wie eine Lebensrette-
rin für sie ein, ging es ihr gut, so ging
es der Kunst erst recht gut.

Bei diesem warmen Sinn reger, ste-
ter Betätigung der Kirche für die
Kunst ist es aber nun doch ganz selbst-
verständlich, daß der Klerus zum aller-
mindesten nicht indifferent der Kunst
gegenüber sein darf.

Das erste, was von ihm gefordert
werden muß und kann, ist Interesse an
der Kunst, ein Vertrautwerden mit den
Grundlehren der Aefthetik und Kunstge-
schichte. Das Mindestmaß muß das
Kunstwissen sein, das in der Jetztzeit
von jedem Gebildeten verlangt wird.

In seinem Kunsthirtenbrief urteilt
aber der Regensburger Bischof: „So
wichtig das Verständnis des Klerus für
die Kunst ist, darüber geht die Förde-
rring derselben in der Gegenwart." Eine
solche kann nach ihm in verschiedener
Weise geschehen. Einmal durch den rich-
tigen Auftrag, der einem Künstler und
nicht Pfuscher gegeben werden muß.
Hiebei sind Form und Inhalt des
Kunstwerkes ins Auge zu fassen. Vom
Grad der äußeren' Vollkommenheit
hängt zum guten Teil der Wert und
Charakter des Kunstwerkes?: ab. Hier
gilt: „Kunst ist nicht Handwerk, und
Handwerk ist nicht Kunst". Was dann
nichts kostet, ist nichts wert. Der Kosten-
punkt spielt leider oft den ausschlag-
 
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