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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 37-39.1919/​21

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Nr. 3 (1919)
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Unterkofler, Franz: Klerus und Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.22108#0082
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— 74 —

gebenden Faktor bei Neuerwerb, dazu
noch die Ungeduld im Anschaffen. Es
ist doch zu bedenken, daß für das Heilig-
tum nur Echtes, das Beste gut genug
ist, daß billiges Zeug, wie z. B. billige
Paramente, der Anschaffung nicht wert
find. Lieber noch länger entbehren und
warten, bis das nötige Geld da ist. Bei
der Wohltätigkeit unseres Voltes kann
viel erreicht werden. Dies geht umso
leichter, wenn der Geistliche seiner Auf-
gabe als Volksbildner sich bewußt bleibt
und in der Schule, Christenlehre, bei
Familienabenden den Schönheitssinn
weckt und den Geschmack veredelt.

Die Kirche fand es für wichtig genug,
bezüglich Darstellung und Inhalt christ-
licher Kunstwerke Feststellungen zu tref-
fen. So fordert sie, daß jedes ausgelas-
sene Wesen (omnis lasciyia) ferngehal-
ten, daß keine Bilder mit frechsinnlicher
Schönheit gemalt werden.

Ihre weitere Forderung, daß Bilder
(falsi dogmatis), welche das Volk zum
Irrtum verführen können, wegen fal-
scher Lehren verboten seien, gilt bereits
dem Inhalt eines Kunstwerkes.

Ein religiöses Kunstwerk muß echtes
religiöses Leben atmen. Der Geist der
Weltlichkeit und Verweltlichung ist des-
halb auszuschalten. Wir denken hier an
Bilder des Rokoko und neuer realisti-
scher Richtungen. In gewisser Aengst-
lichkeit können hierin Geistliche aber
auch zu weit gehen. Einen Leib brau-
chen auch die Heiligen, und ein von
einer starken, heiligen Seele durchgei-
stigter, schöner Leib wirkt auf gesunde
Menschen nicht sinnlich. Keppler meint
hiezu: „Nicht gefordert ist die Elimi-
nierung der Natur, womit alle darstel-
lende Kirnst aufhören würde, auch nicht
manichäische Unterdrückung und Verge-
waltigung derselben. Eine solche ver-
trägt sich mit den Fundamentaldogmen
des Christentums nicht. Die Natur ist
nicht in sich bös und schlecht, das Chri-
stentum geht nicht auf ihre Zerstörung,
sondern ihre Verklärung Wo

die Natur falsch behandelt wird, setzt
sich das Unnatürliche fest. Hierin wur-
zelt jene französische Geschmacksrichtung
mit ihren süßlich sentimentalen Dar-

4) Keppler a, a. £>., S. 14 ff.

stellungen, die abstoßen, weil unwahr,
nicht wirksam sind. Solche Zudring-
linge hat fraß Auge des Klerus scharf
zu bewachen. Das Streben, Suchen
nach etwas Besserem hat sie zu ver-
drängen. Korrekt blüibt die christliche'
Kunst, wenn sie die Tradition berück-
sichtigt. Das Tridentinum warnt vor
„imlalgines msolitae". Wenn vom Kle-
rus aber gefordert wird, er soll bei sei-
nem Kunstfördern aus Tradition sehen,
so darf dies durchaus nicht dahin ge-
deutet werden, daß alles Fortschritt-
liche, Moderne abzulehnen sei. Auch
die christliche Kunstgeschichte Ast Ent-
wicklungsgeschichte. Ein am Her-
gebrachten hängenbleiben, bedeutet Er-
starrung und Tod für die Kunst.
Was wir verlangen, ist: ein ruhiges
Abwägen und Abwarten, zeigt es sich
aber brauchbar, das Moderne, so scheuen
wir uns nicht, es in unsere Gotteshäu-
ser hineinzunehmen. Vergessest wir
nicht, auch die Gotik war für ihre Zeit
sehr neu, und doch wurde sie nicht. mit
Mißtrauen, aus Liebe zum Bisherigen,
behandelt. Also nicht zu sehr laudator
temporis acti sein.

Kunstfördernd soll der'Geistliche wir-
ken, wenn er selbst im Dienst der ars
sacra am Altar steht. Was hier ge-
fordert wird in dramatischer Hinsicht,
lehrt die Liturgik.

Die Kunsttätigkeit des Klerus soll
sich aber nicht allein auf das Gotteshaus
beschränken. Das Feld hiefür ist weit
größer. Oft ist der Geistliche der ein-
zige Mann in einer Gemeinde, der von
Kunst etwas versteht. Dies soll er zei-
gen 'im Interests des Heimatssinnes
und -schutzes. Ein Ort, wo sich dieser
mit religiösen Interessen trifft, ist der
Friedhof. Dieser verdient aber gewiß
unsere Liebe und künstlerische Für-
sorge. Gehen wir den Parochianen an
die Hand bei Anschaffung von Denk-
steinen, verwechseln wir dabei Stadt
und Land nicht, bringen wir den Cha-
rakter eines Ruheortes zustande durch
Bepflanzungen mit Gebüsch und Bäu-
men.

Wenn es die Aufgabe der Kunst ist,
unser Leben zu verschönern, so darf und
soll sie auch in unser Heim, unfern
Psarrhos, Einzug halten. Wer scharf be-
 
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