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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 37-39.1919/​21

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Nr. 1/2 (1920/21)
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Weser, Rudolf: Restaurierte Kirchen
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https://doi.org/10.11588/diglit.22108#0094

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Restaurierte Kirchen.

Von Stadtpfarrer Weser.

In dev Zeit des tenren Reifens ist es
kein Vergnügen, weit auseinandergele-
gene Orte aufzusuchen, um die künst-
lerische Tätigkeit der letzten Jahve kri-
tisch anzusehen und zu beurteilen. Allein
es sei gewagt, und wenn wir uns auch
lieber Siebenmeilenstiefel wünschten,
als die Fahrt auf den Schneckenbahnen
mit ihrem allezeit wechselnden Fahrplan.

Zuerst geht es dem Schwarzwald zu.
Unterwegs schaue ich in Keppler, Württ.
kirchliche Kunstaltertüm-r, nach, was
denn eigentlich in Böhringen, OA. Rott-
weil, los ist. Nicht viel. Eine Kirche
von 1842, aha: Scheuerstil! Dann aber
doch etwas Gutes: zwei Prozessions-
lampen mit ornamentierten Stangen
und kleinen Figürchen aus dem 18. Jahr-
hundert, und dann spätgotische Statuen
von Johannis Ev., Paulus, Petrus,
Katharina, und zwei Leuchterengel. Das
Inventar der Kunst- und Altvrtums-
denkmale vom Schwarzwaldkreis weiß
aber noch etwas weniger von Böhringen.
Es hat diesen Ort ganz vergessen, trotz
der gotischen Figuren; ist es möglich?

Nun muß aber doch Böhringen wie-
der etwas zu Ehren kommen, zumal da
der jetzige Pfarrherr Wohnhas die Kirche
restauriert hat mitten in den Kriegs-
jahren 1914—1918.

Mitten im Dorf steht der äußerlich
schmucklose Bau mit seinem kleinen
Dachreiter, umgeben von schattenden
Kastanienbäumen. Der verstorbene Ar-
tur Schöninger gab noch Gutachten und
Anleitung zu der Restauration. Bei
derselben kam es zunächst darauf an,
die Langwüligke'it des Jnnenraums
durch eine einfache Dekorationsmalerei
zu verscheuchen, welche von Kunstmaler
Traub in Zwiefalten ausgeführt wurde.
Die Dekorationsmalerei bildet den stim-
mungsvollen Rahmen für die Gemälde
an der Decke und am Chorbogen. Das
Deckengemälde, Mariä Krönung, zeigt
edle Farbenharmonie. Die Chorbogen-
wand schmückt eine Anbetung des Lam-
mes mit einer Reihe von Heiligenfigu-
ven: St. Silvester, der Kirchenpatron,
Stephanus, Bonisatius, Franziskus,
Aloisius auf der rechten Seite; links:

Cacilia, Agnes, Katharina, Elisabeth,
Notburga. Alle Gemälde sind von dem
Stuttgarter Kunstmaler Jul. Riester
geschaffen.

Auch die Altäre sollen neu erstellt wer-
den. Zunächst wurden die beiden Sei-
tenaltäre in Renaissanceformen von Bild-
hauer Hausch in Horb geliiesert. Auf
denselben fanden die Vier spätgotischen
Figurm Platz, nachdem sie von Traub
(Zwiesalten) neu gefaßt worden waren.
Dazu kam noch ein Antonius und eine
Pieta aus der Werkstätte Von Leins
(Horb). Von Hausch (Horb) sind auch
die beiden Beichtstühle gearbeitet. Eine
Fülle von Licht lassen die zwölf Fenster
einströmm, von denen nur die beiden
Chorfenster je ein Medaillon einschlie-
ßen (St. Thomas und St. Franz Xaver).
Sie stammen von Kunstglaser Wilhelm
in Rottweil.

Die Gemeinde hat zur Restauration
eifrig beigesteuert. Ein im Krieg ge-
fallener Landwehrmann hat im Schützen-
graben seiner Heimatkirche gedacht und
testamentarisch ein Fenster gestiftet.
Dasselbe ist jetzt sein schönstes Krieger-
denkmal geworden.

Die ganze Kirche aber ist ein Zeugnis
für den Opfersinn und religiösen Geist,
den die Gemeinde in der niederdrücken-
den Zeit der Kviegsnot bewiesen hat.

Aus dem Neckargebiet wechseln wir
jetzt hinüber ins Donaugebiet und fol-
gen so rasch wie möglich auf dem gemüt-
lichen Bähnchen ihrem Laufe, bis die
zwei' Türme von Obermarchtal üns
grüßen und der Bahnhof des lieblich
gelagerten, anstaltenreichen Untermarch-
tal uns zum Aussteigm mahnt. Dann
auf demselben linken Ufer der Donau
steigen wir eine kleine Höhe hinan nach
Neuburg. Auf einem breiten Felsvor-
sprung gegen das Donautal ruht das
Dorf und thront seine Kirche, deren
schlanker Turm nach den Türmchen von
Untermarchtal und nach den im Park-
wald fast sich neckisch bergenden Türmen
von Obermarchtal hinuntergrüßt. Ein
hübsches Bildchen des Aeuheren findet
sich im Inventar der Kunst- und Alter-
tumsdenkmal;, Donaukreis I Ehingen,
S. 102. Der alte Ort, schon 1171 ge-
nannt (Nuinburch), ursprünglich Besitz-
tum der Grafen von Berg, kam später
 
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