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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 37-39.1919/​21

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Nr. 1/2 (1920/21)
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Rohr, Ignaz: Die neue Kirche von Unterboihingen
DOI Artikel:
Egle, ...: Die hl. Cäcilia von Raffael
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https://doi.org/10.11588/diglit.22108#0105

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Paramentenschrcmke nova et vetera,
aber -alles in stilgerechter und solider
Ausführung. Auch hier ist alles würdig
und gediegen. — Es soll, nicht verschwie-
gen sein, daß -es an Bedwken und Wi-
derspruch nicht fehlte. Heute sind sie
verstummt. — Eines lyat die neue Kirche
vor fast allen übrigen voraus: eineHeiz-
einrrchtung nach dem Straßburger Sy-
stem. Auch sie hat viele Einwände her-
vorgerufen, bis sie erstellt war. Aber
ihr tadelloses Funktionieren, solange es
Kohlen gab, hat das Mißbehagen in
eitel Freude aufgelöst. Daß der ganze
Abbruch und Neubau sich trotz des raschen
Tempos ohne Unfall vollzog, half die
Stimmung in der Gemeinde wesentlich
Hetzen. Sie ist zu ihrem neuen, statt-
lichen, weiträumigen Gotteshause zu be-
glückwünschen. — Der alte Turm freb-
lich blickt etwas gedrückt auf den massi-
gen Neubau herab, der sich so kräftig an
ihm emporreckt bis an den Hals heraus.
Da jedoch die Mittel zu einem neuen
fehlten, muß er sich bescheiden, und man
kann es nur freudig begrüßen, daß man
ihm einen Kompromiß -erspart und kein
Hilfsstockwerk aufgestülpt hat. Er wäre
dadurch nicht nur uneins mit der Kirche,
sondern auch uneins mit sich selber ge-
worden. Einen gewissen Ausgleich hat
der Architekt geschaffen, indem er der
Westfassade eine etwas reichere Gliede-
rung gab. Noch reicher freilich ist die
Ostfassade -entwickelt: in der Mitte der
Polygone Chorabschluß, im Süden die
lichte, geräumige, innen in zwei Räume
abgeteilte Sakristei, im Norden die in
die Ecke zwischen Chorwand und Seiten-
schiff hineinkonstruierte Kapelle, die als
Grabkapelle am Karfreitag und für ähn-
lich; liturgische Zwecke treffliche Dienste
leistet. Alles <i!n allem: leine glückliche
Lösung einer schwierigen Frage in kriti-
scher Zeit. Die Gemeinde ist zu ihrem
neuen Gotteshaus zu beglückwünschen
und bif'e beteiligten Firmen können be-
stens empfohlen werden.

Die hl. Cacilia von Raffael.

Von Kaplan E g l >e, Deggingen.

Die von Stadtpfarrer Dr. Roth
(Wiesensteig) im „Archiv für christliche
Kunst", 1915, S. 29—22, veröffentlichte

neue Erklärung der „hl. Cäcilia von
Raffael" hat mit Recht Aufsehen erregt
und allerseits, zum Teil glänzendes Lob
gefunden. Dieselbe hat das unbestreit-
bare Verdienst, den musikalischen Sinn
des Gemäldes geklärt und den Nachweis
geliefert zu haben, daß das musikalische
Element nicht den Mittelpunkt und
Schwerpunkt des Kunstwerks bildet,
sondern nur mittelbare, dienende, sym-
bolische Bedeutung zur Beleuchtung des
Hauptgedankens besitzt. „Cäcilia will
nichts vom Vollzug der Ehe, verwirft
die ganze Hochzeit (auf dem Bild
dargestellt durch die Hochzeitsmusik-
instrumente, die sie zertritt), in
inbrünstigem Flehen betet sie zu
ihrem himmlischen Bräutigam", und
ihr Gebet wird zum tiesinneren
Gesang": „Laß mich rein und un-

befleckt bleiben, o Jesus (vgl. Bre-
mer: „Cantantibus organis Caecilr-
virgo in corde suo soli Deo doi
cantabat dicens: fiat, Domine, con
meum et corpus meum immacu-
latum, ut non confundar“) und „diestr
ihre Gesang findet ein Echo in dem
reinen Gesang der reinen, kleinen
Engel oben". Wie sie, lauschen voll
Wonne diesem Gesang auch die vier
Cäcilia umgebenden Heiligen, welche
ebenfalls Vertreter der Reinheit sind,
wenn auch mit dem Unterschied der un-
verletzten (Paulus-Johannes) und der
durch Buße wieder erworbenen (Mag-
dalena-Augustinus) Reinheit.

Aber gerade dieser Dualismus der
innocentiai servata und recuperata
befriedigt nicht, trotz der auf den ersten
Blick bestechenden Anspielung auf die
Oratio super populum in feria IV
post Diominicam II Quadragesimae,
an welcher statio ad s. Oaeciliiam ist.

Die dem Bilde zugrunde liegende,
dem Künstler vorschwebende Situation
ist, wie die Hochzeitsmusikinstrumente
zeigen und wie auch allgemein ange-
nommen wird, die der Heiligen ausge-
zwungene Hochzeit mit Valerian, die ja
auch den Kerngedanken der Legende
und der Liturgie bildet. Das ganze
Innere Cäcilias sträubt sich gegen diese
Vermählung und Vermählungsfeier.
Denn in ihrer Seele lebt eine andere,
heilige Liebe und klingen andere
 
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