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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 37-39.1919/​21

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Nr. 1/2 (1920/21)
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Weser, Rudolf: Die Heiligblut-Reliquiare in Weingarten und Weißenau
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https://doi.org/10.11588/diglit.22108#0114
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'des heiligen Blutes bis auf dießm Tag
birgt.

Die Reliquie besteht aus mit Erde
vermengtem, von Maria Magdalena un-
ter dem Kreuz gesammeltem Blut, wel-
ches dieselbe mit nach Südfrankreich
brachte. Die Legende erzählt: Lazarus,
Martha und Magdalena und Maximin
und andere seien in ein lßckes Schiff
ohne Segel und Ruder gesetzt und ihrem
Schicksal überlassen worden. Nach-einer
wunderbaren Fahrt gelangten sie nach
Massilia (Marseille). In der Nähe der
Stadt lebte Magdalena als Büßerin
ltrxb fand ihre Ruhestätte in dem nach-
maligen Dominikanerkloster St. Ma-
ximin in der Diözese 21%. Nehlen an-
deren Reliquien wurde an ihrem Grabe
stets auch obgenanntes heiliges Blut
verehrt. Einen Teil desselben nahm
König Dagobert I. und übergab ihn der
Kathedrale zu Straßburg. Zum Dank
für den Frieden, welchen Kaiser Rudolf
zwischen Bischof Walter von Straßbstrg
und der Stadt Straßburg vermittelt
hatte, setzte die Stadt dem Kaiser 1266
ein ehernes Standbild und schenkt: ihm
die genannte Blutreliquie. Rudolf ver-
schloß dieselbe in d'rt kostbares Gefäß
mit angehängten Ringen und übergab
dieselbe 1283 dem Abte Heinrich von
Weißenau. Aus dem Vorstehenden geht
wohl hervor, daß die Beglaubigung der
Weißenauer Reliquie eine viel gesicher-
tere ist als die der Weingartener Reli-
quie.

Die Weißenaner Reliquie war früh
schon in weiten Kreisen bekannt. So
heißt >es im Lohengrin:

„Bi Ravensburg ein klostvr lit

Ouwü nennet man ez

in dem closter noch daz bluet Wirt

tegelichen funden

durch eine cristalle man ez siht;

vor wem ez sich birget,

die Wahrheit vergiht,

daz der mit Tode im jare Wirt

überwunden",

d. h. derjenige, der das heilige Blut,
wenn man es ihm zeigen will, nicht sieht,
der stirbt in diesem Jahr, so war der
Glaube.

Jahrhundertelang stand Me Reliquie
hoch irt Ehren und es wurde weither zu
ihr gewallfahrt-et. Es wurde auch ein

eigener Kult des heiligen Blutes in
Weißenau eingeführt. Abt Leopold
Mauch, 1708'—1722, errichtete eine Fünf-
Wunden-Bruderschast, die 1710 von
Papst Klemens X. genehmigt wurde.
Er erwirkte auch von Rom ein eigenes
Meßformular und Tagzeiten vom hei-
ligen Blute, wie dies 1686 für Mantua
und 1693 für Weingarten geschehen war.
1703 wurde beides genehmigt und das
Hauptsest auf den 22. Juli, den Sankt
Magdalenentag, festgesetzt. Auch eine
Prozession zu Pferde, ein Blutritt, fand
von Weißenau aus statt, wobei die Reli-
quie von einem berittenen Priester un°
ter Begleitung von zahlreichen Reitern
und einer Menge Volkes zu Fuß getra-
gen wurde. Die Oeschprozessibn am
1. Mai führte jedjährlich in das uralte,
seit dem 12. Jahrhundert dem Kloster
Weißenau gehörige St. Christina; am
Pfingstdienstag ging die Prozession nach
der seit 1229 zum Kloster gehörigen
Pfarrei Manzell, was, ein Weg von fast
3hbj Stunden war. Im alten Buchhorn
(Friedrichshofen) in der Heiligkreuz-
kirche uNd in der Pantaleonskirche zu
Hosen wurde haltgemacht. In Manzell
wurde die Reliquie bis zur Rückkehr der
Prozession der Verehrung ausgesetzt.
Beide Blutritte sind sät der Säkulari-
sation eingegangen.

Was das R e l >i q u i a r seihst betrifft,
so ist das von Kaiser Rudolf geschenkte
Reliquiar nicht mehr vorhanden. Je-
denfalls war es ein kostbares Gefäß. Die
anhängenden Ringe waren teils zur Zi r,
teils zur besseren Handhabung. Die
Lohengrinstelle zeigt, daß die Reliquie
in einen Kristall eingeschlossen war.

Das heutige Reliquiar, das
in dem prächtigem marmornen Kreuz-
altar der Kirche aufbewahrt ist, hat
Barockformen und stammt aus dem Jahr
1709. Es besteht aus einem großen
herzförmigen, mit ein geschlissenen Or-
namenten gezierten Kristall, in welchen
das mit Erde vermengte Blut eingelas-
sen ist. Außerdem befinden sich im
oberen Teil Reliquien vom heiligen
Kreuz, der Dornenkrone u. a. Um den
Kristall schlingt sich als Fassung goldw
nes, mit mehreren Amethysten und zwei
anderen Edelsteinen besetztes Ranken-
werk. lieber der als kleines Herz ge-
 
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