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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 37-39.1919/​21

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Nr. 4 (1920/21)
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König: Die neue Kunst, [2]: ein Beitrag zum Verständnis moderner Kunstbestrebungen$nElektronische Ressource
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https://doi.org/10.11588/diglit.22108#0138

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46

Die neue Kunst.

Ein Beitrag zum Verständnis moderner
Kunstbestrebungen.

Von Kaplan König, Obermarchtal.

(Schluß.)

Wir wollen im folgenden in Kürze
Einsicht zu gewinnen suchen in das
Schassen eines Expressionisten aus dem
Gebiet der religiösen Malerei, es ist
Joseph Eberz, zur Zeit Lehrer an der
Deberitz-Kunstschule in München. Er
studierte nach Absolvierung des Gymna-
siums aus den Kunstakademien in Mün-
chen und Stuttgart. Neben dem Ein-
fluß Hölzels war es besonders das Stu-
dium der Kölner Meister, die den An-
trieb gaben, den Weg starrer Gebunden-
heit zu verlassen und den eigenen Weg
zu gehen. Seine Werke sind überzeu-
gende Proben ausgesprochener Linien-
mystik. Die hageren, „entkörperlichten"
heiligen Gestalten geben der religiösen
Kunst von Eberz das Gepräge. Im An-
schluß am die großen Vorbilder in der
christlichen Kunst des Mittelalters ver-
schmäht auch er die natürlichen Propor-
tionen des Körpers, aber durchaus nicht
aus zeichnerischer Impotenz, sondern in
der Absicht, den seelischen Ausdruck zu
geben: darum die langen Hände der
Beter mit den schmalen Fingern, „das
gibt der betenden Hand ihre übernatür-
liche Größe. Das gibt den hängenden
Köpfen ihre klagende Traurigkeit und den
verzückten Leibern ihre auskrampfende
Linie". Die früheren Werke der Jahre
1913 bis 1916 erinnern zuweilen an
byzantinische Miniaturen, zuweilen an
Werke der gotischen Zeit. Die Anleh-
nung ist jedoch eine freie, und es ent-
stehen von Anfang an Bilder eigener
Kraft und Originalität, die aus nahe-
liegenden Gründen noch nicht heran-
reichen an die Monumentalität des Mit-
telalters. Wie wollte auch ein moderner
sensibler Mensch, der mit den Hemmun-
gen eines grundverschiedenen Zeitalters
zu rechnen und zu kämpfen hat, fertig
werden mit der grandiosen Seele des
Mittelalters! Gar kein Wunder, wenn
wir auf seinen Bildern die erlösende
Ruhe noch vermissen und wenn es allent-
halben noch flimmert. Es ist für einen
Menschen des 20. Jahrhunderts keine

kleine Ausgabe, auf dem Weg rastlosen
Suchens in den Geist der in jahrhun-
dertelanger Tradition bewährten Schule
des Mittelalters sich hineinzufinden.
Eberz ist der Bahnbrecher dieser Suchen-
den. Es wäre überaus wünschenswert,
daß die verheißungsvollen Anfänge auf
dem neuen Weg ausreifen würden zur
Vollendung. Auf jeden Fall ist heute
schon zu begrüßen, daß er als Katholik
von guter Erziehung, der seiner Kirche
den inneren Wert verdankt, die Kraft
hat, der Banalisierung religiöser Emp-
findungen nach moderner Weise und der
Rationalisierung nach Theosophenart
ernsthaft zu begegnen. —- Aus dem
Jahre 1913 stammt das von berufener
und unberufener Seite schon viel bespro-
chene „Herz-Jesu-Bild". Eberz malte
das Bild im Auftrag für die Konvikts-
kirche in Ehingen a. D. Der erste Ein-
druck beim Betreten der Kirche ist der,
daß das Bild ein Fremdkörper ist in
seiner klassischen Umgebung. Es Paßt
in die Konviktskirche wie eine Faust auf
ein Auge. Schon der expressionistische
Rahmen in seiner derben Natürlichkeit
wirkt hier beleidigend. Dem Bilde selber
ist es gar nicht wohl an seiner Wand. —
Der berechtigte Unwille, der den Be-
sucher in der Regel erfaßt, gilt in Wirk-
lichkeit nicht so fast dem Maler, als
denen, die im Unverstand es nicht besser
wußten. Nun, lassen wir das Bild, nach-
dem der Fehler schon gemacht ist, wo es
hängt. Dasselbe hat aus alle Fälle gute
Qualitäten und ist ein Typus Eberzscher
Linienmystik. Letztere wird durch die
Farbe noch gesteigert. Weniger gelun-
gen ist dem Künstler die symbolische
Darstellung des vom Herzen des Er-
lösers ausstrahlenden Lichtes. Die „ma-
terialistische Deutlichkeit" desselben hat
schon ^zu allerhand banalen Erklärungen
Anlaß gegeben, weil es eben das religiöse
Empfinden verletzt. Anderseits ist die
Komposition ohne den Lichtstrahl nicht
zu denken. —Aus dem Jahre 1914
stammen die Kartons zu den Kaisers-
lauterner Passionsbildern. Tiefe Reli-
giosität spricht aus denselben und der
Ausdruck wird immer mehr verinner-
licht (vgl. Christus begegnet Maria).
In der „Verspottung" feiert der leidende
Gottessohn einen Triumph über den
 
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