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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 40.1925

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Nr. 1- 3
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Rohr, Ignaz: Zur Kunstgeschichte der St. Moritzkirche in Rottenburg-Ehingen auf Grund der Weitenauerischen Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.15943#0015
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El- Ulrichskapelle in der Nordosteckc (Sakristei und Archiv) 1490 angcbaut. Damit war
die Kirche fertig, so, wie sie der Chronist vorfand.

Seine Personalien sind kurz folgende: Michael Johann Evangelist Weitenaucr, der
Hl. Schrift Doctor, der St. Moritzkirche Chor- und 12 Jahre lang Pfarrherr und vom 17.
Juni 1687 an Propst, als solcher gestorben 17. 1. 17033), beginnt „als sonderbarer Lieb-
haber und unverdrossener Nachforscher alter Dinge und verloffener Geschichten" i. I. 1674
seine Chronik und vollendete sie „Dienstag vor St. Michaelstag" 1678. Die Ereignisse
bis zu seinem Tode sind von ihm noch eigenhändig eingetragen, die bis 1736 von anderer
Hand angefügt. Ein alphabetisches Register am Eingang erleichtert die Benützung und der
immer wiederkehrende Verweis auf das Stiftsprotokoll etc. die Nachprüfung. (Leider ist das
Protokoll verschwunden.)

Von der Stiftskirche feiner Tage hat er uns nachstehendes Bild gezeichnet, S. 51, f.:

Die Stiftskirche St. Maurizii zu Ehingen 4) hat einen massiven, „zierlichen, nicht
gar gerade gewölbten Chor", während die Decke des Schiffes „nur mit Brettern getäfcrt
und gemalt ist." Die Stützen des Mittelschiffes sind beiderseits 5 runde Steinsäulen. An
der hinteren Ecke gegen den Neckar steht der hohe, spitze Glockenturm, über dem Chor ein
kleines Türmchen mit dem Primglöckchen. „Dieses läutet man allezeit zur Mette anderthalb
Viertelstunden, wie auch zur Vesper; zur Achtuhrkirche aber immer eine volle halbe Stunde,
und ist die Rede unter dem Volk, daß man deshalb verordnet habe, so lange zu läuten, daß
die Herren Grafen von Hohenberg als Stifter, die auf der Weiler Burg wohnten, Zeit
genug hätten, in die Kirche herab zum Gottesdienst zu kommen." Im Chor steht der Hoch-
altar und beiderseits 6 saubere Chorherrenftühle, ein Pult „und Drapp" (i= Stufe, Tritt)
inmitten des Chors zum Gesang. Nach der „äußeren Kirche" zu unter dem Chorbogen ist
eine „Bühne mit einer schönen Orgel" darauf. Unter ihr sind drei Stühle für drei Kapläne,
eventuell die Mesner. Dahinter stebt, gegen das Volk (also das Schiff) gerichtet, ein schö-
ner Altar „mit lauter alttcstamcntlichen marianischcn Figuren um und um geziert." Er heißt
der Seclaltar, weil auf ihm täglich außer Montags eine hl. Messe für die Abgestorbenen
gelesen wird.

Rechts von ihm auf der Neckarseite befindet sich der St. Katharinenaltar, „baß hin-
umb im Eck undt nechft der Wandt" unsrer lieben Frauenaltar, der weiße Altar genannt,
weil er nicht bemalt war, sondern „mit vilen Bilder vorgeftelt wirt." An der Kirchenwand
entlang neben den Stiftergräbern steht der Oelbcrgallar, dann St. Ursula-, zu unterst
St. Annaaltar. Auf der Pfarrhofseite (Süden) steht gleich neben dem Chor St. Bern-
hardsaltar, privilegiert, darum hier jeden Montag die Seelenmesse. In der Kapelle in der
Ecke steht der hl. Kreuzaltar (jetzt St. Anna), eine Stiftung der MöhrhölteI von Wurm-
lingen mit deren Wappen. Weiter abwärts an der Seite ist St. Silvestersaltar. Beim
Haupteingang (Westseite) ist eine große „Vorbühne", so breit als die Kirche, für die Män-
ner, gegen den Neckar bin ein „andrer erhöhter Ort für die Klosterfrauen", gegenüber ein
anderer für vornehme Frauen. Auf der Nordseite nahe beim Chor sind „in einem Schwib-
bogen gegen den Neckar" sechs hangende Hohenbergerfchilde „mit den darob stehenden Helm-
zierdcn auf einem überzwerchen Balken", in der Mitte eine großes, altes Kruzifix niit
Maria und Johannes daneben, am Balken die Inschrift Anno Domini MCOCXXXVI
Jdibus Januarii obiit spectabilis Rudolph comes de Hohenberg- senior fundator
primus. An den Schilden stehen weitere Hohenberger Grafennamen. Unter den Schilden
sind Grabmale in Zeittracht, von einem säubern Geländer umgeben. „Sonst hängt und liegt
die ganze Kirche voller Epitaphien und Grabschriften." Sie ist umgeben von einem Höch-
ts Der Grabstein des Chronisten bcsinbet sich heute noch i» seiner Stiftskirche, und zwar an der
Südseite neben der Hinteren Türe. Er gilt zugleich dem Gedächtnis desjenigen unter seinen Vorgängern,
der mit der Würde des Propstes die des Kanzlers der benachbarten Universität Tübingen verband, bis
ihn die Reformation von der Hochschule verdrängte. Die Inschrift des Steines lautet: Hic sub sepul-

chrali lapide D.W.dman sonum tubae etiam exspecfat Joan. Evang. Woittenaner Rotfenburgo-Ehinganus.
Natus a. 1640 die 30. Jan. Presbyter ordinatus Conslantiae 10. Aprilis 1666. SS. Th. Doctor creatus Dilingae
die 13. Julii 1678. Collegii huius Plebanus per 12 annos et A" 1687 die 17. Jnnii electus Praepositus de col-
legio suo bene meritus pie in Domino obiit A° 1703 die 27. Jan. Requiescat in pace, nam vixit ut dixit,
obiit ut vixit.

4) Eingepfarrt waren Obernau, Niedcrnau und Weiler. Auch Altstadt (über dem Neckardurchbruch
oberhalb Rottenburg) hatte regelmäßigen, vom Stift zu besorgenden Gottesdienst.

3) Vom Chronisten bald mit zwei e, bald mit zwei ö geschrieben.

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