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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 40.1925

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Nr. 7-9
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Lösch, Stefan: Bildhauer Maximilian Schneiderhahn, [1]: ein Gedenkblatt als Beitrag zur Geschichte der schwäbischen Auslandsdeutschen
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Breucha, Hermann: Tintoretto
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https://doi.org/10.11588/diglit.15943#0093
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Eine solche Teilnahme, wie wir sic eben kurz geschildert, mußte für die Hinterbliebenen ein
erhebender Trost sein.

Erzbischof Msgr. Dr. John I. Glcnnon nahm die Einsegnung der Leiche selbst vor
und hielt eine ergreifende Ansprache an die Trauerversammlung: Die erhabene Aufgabe der
christlichen Kunst ist, die Realität unserer Religion zu veranschaulichen. Die Kirche steht
ein für die Realität des Glaubens. Wir wissen, daß unsere Religion aufgebaut ist auf der
großen Wahrheit der Menschwerdung Christi, der gekommen ist, um Sterbliche zu erheben.
Der christliche Künstler führt uns in die Betrachtung des Ewigen: er betrachtet selbst, er
betet, er weiht sein Leben und sucht die Seelen aus den vergänglichen zu den ewigen Dingen
emporzuziehen! Der Erzbischof sprach dann noch ehrende und tröstende Worte über die
50jährige Wirksamkeit des Verstorbenen auf dem Felde der christlichen Kunst, über seine
lebenslänglichen Betrachtungen der ewigen Religionswahrheite», über seine Liebe, Sorge
und aufopfernde Hingebung für seine Familie, über seine Treue zur alten Mariengemeinde.
Der hohe Redner schloß mit der Bitte, des edlen Toten in Gebet und Dankbarkeit ein-
gedenk zu bleiben, daß der Herr ihn, dessen Seele aufwärts blickte und aufwärts strebte,
erkennen lassen möge von Angesicht zu Angesicht, was er im Bilde geglaubt und gesucht.
Dan» betete die ganze Trauerversammlnng gemeinsam für den Toten.

Das schöne Wort, mit dem der geistvolle Erzbischof die Trauerrede schloß (Apoc.
14, 15: „Beati mortui, qui in Domino moriuntur. Requiscant a laboribus suis,
opera enim illorum sequuntur illos!“), gab in der gekürzten Fassung an einer
solchen Bahre und nach einem solchen Leben den Gedanken der trauernden Gemeinde, der
versammelten Gläubigen und der anwesenden Künstler den rechten weihevollen Ausdruck.
Noch nach Jahren und Jahrzehnten, während der entschlafene Künstler auf dem Kalvnricn-
friedhof in St. Louis einer ewigen Verklärung entgegenschlummert, werden die Augen
von Tausenden und Tausenden in den vielen Kirchen vom Staate Illinois auf seinen
„Opera“, seinen Kunstwerken, ruhen, werden an ihnen die Herzen sich erheben und in
ihnen die Tatkraft sich entzünden. Dem Künstler aber werden sie in Bewunderung ein
frommes Gedenken weihen, der vor einem halben Jahrhundert aus einem Schwarzwald-
tale übers Meer gezogen, der dem schwäbischen Namen in fremder Welt Ehre und
Achtung errang, und den Ruhm des deutschen Namens dort leuchten lassen wird, soweit
in jenen Gegenden die deutsche Zunge klingt! Wer aber so, wie dieser Erzbischof, diese
Gemeinde von St. Louis und diese Trauerversammlung einen Toten zu ehren wußte,
hat damit auch sich selbst und die alte deutsche Heimat geehrt!

Mit Wehmut und Hochgefühl konnte die Lateinschule Horb, die mit dem tote»
Künstler einen weiteren aus ihrer ruhmvollen Schülerschar des >9. Jahrhunderts im
Grabe ruhen weiß, seinem Namen einen Ehrenplatz anweisen unter den berühmten der
aus Horb und der nächsten Nachbarschaft Entstammenden: Bischof Paul v. Hafner,
UniversitätSprofessor Paul v. Schanz, Landgerichtspräsident Franz v. Schanz, Gymnasial-
rektor Vinzenz Schneiderhah», Gymnasialrektor Johannes Schermann und der vielen
andern! Dem toten Künstler sandte die frühere Schule die Grabinschrift:

„Ex Umbris et Jmaginibus
In Veritatem!

Auö den Schatten irdischer Bildhaftigkeit
Ins lichte Reich der ewigen Beschaulichkeit!"

lintoretto.

Von Hermann Breucha.

In Deutschland hat man ihn neuerdings wieder entdeckt. Man stieß auf ihn, als man
den Expressionismus durch Parallelen aus der Kunstgeschichte zu rechtfertigen suchte. In
Venedig hat man ihn wohl nie ganz vergessen. Der alte Mesner von San Giorgio zeigt
sicherlich schon sein ganzes Leben lang den Fremden Tintorettos Bilder in seiner Kirche mit
derselben Ehrfurcht, wie er es heute uns tat, und sein „molto bello“ vor dem Abendmahl

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