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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 40.1925

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Nr. 10-12
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Weser, Rudolf: Zur Ikonographie des Isenheimer Altars, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15943#0116
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so sprach: „Seht, das ist Gottes Lamm!"
der einzige Finger wundersam
war's, der unverbrannt blieb,
was da die falsche Rotte trieb
mit dem anderen Gebein.

So ward der Finger ganz allein
erhalten in der Christenheit
bis heut in großer Würdigkeit."

Das Wort vom „W achsen Christi und A b n c h m e » de S I o h a n n c s"
wird oft von den Vätern erklärt. Cyrillus erklärt: „Der Täufer tritt freiwillig vor dem
Ruhme Christi zurück; nicht so fast auS Liebe, als aus Wahrhaftigkeit und deswegen aus
Notwendigkeit tut er es". Nach Job. CbrysostomuS wollen die Worte sagen: „Ich habe
meine Pflicht getan, nun trete ich zurück""'"). Augustinus und Hieronymus schreiben'""),
„der Täufer bezeichne das Gesetz des MoseS und die alten Propheten, Jesus bedeute das
Gesetz des Evangeliums und die Gnade, bei deren Wachstum jene zurücktreten und ver-
schwinden" (qua crescente illa decreverint). Die Väter beziehen daS „Wachsen und
Abnchmen" schon auf die Lebenszeiten Jesu und Johannes'. So sagte Augustinus: „Johannes
ward empfangen zur Herbstnachtgleiche, geboren im Sommcrsolstirium, auf welches hin
die Tage a b n e h m e n; dagegen ist Christus empfangen zur Zeit der Frühlingsnachtgleiche,
geboren im Wintersolstitium, nach dem die Tage w a ch s e »", und an anderer Stelle:
„Johannes wird geboren, da die Tage anfangen abzunehmen, der Herr wird geboren, da
die Tage zu wachsen beginnen"'"').

Näherhin legt Gregorius daL Wort aus100): „Es entsteht die Frage, in was Christus
zugenommen und Johannes abgenommen hat; doch jedenfalls so: das Volk sah die Ent-
haltsamkeit dcS Johannes, erblickte ihn, wie er sich von allen fernhielt, und so hielten sie
ihn für Christus. Christus aber sehen sie mit den Zöllnern essend, mit den Sündern
wandelnd, und hielten ihn so nicht für Christus, sondern für einen Propheten. Da aber
im Verlauf der Zeit auch Christus, den man für einen Propheten hielt, als Messias an-
erkannt wurde, und Johannes, den man für den Messias hielt, als Prophet angesehen
wurde, da erfüllte cs sich, was von Christus sein Vorläufer vorausgesagt hat: dieser muß
wachsen, ich aber muß abnehmen. In der Meinung und Schätzung des Volkes nämlich
wuchs Christus, weil er als das erkannt wurde, was er war, und Johannes nahm ab,
weil man aufhörte, ihn zu nennen, was er nicht war." Das Zunehmen Jesu bezog sich
also auf den Zulauf des Volkes, auf die Anerkennung seiner Predigtweise, auf sein An-
sehen, ans seine Wunder, auf seine Verehrung. Das Abnehmen des Johannes aber bezog
sich auf die Ehre: er sagte selbst: „dieser ist größer als ich; ich bin nicht wert, ihm die
Schuhriemen zu lösen"; auf das Ansehen: Johannes sagte: „wer von oben kommt, ist
über alle"; auf den Zulauf des Volkes: Johannes schickt seiner Jünger zu Jesus; auf dir
Taufe: Johannes sagt: „ich taufe mit Wasser, nach mir kommt einer, der mit dem Feuer und
Hl. Geist tauft". Zuletzt ist nach einem schönen Worte deö hl. Augustinus: Joannes
minutus est in capite bei seinem Martyrium, Jesus crevit in cruce100). „Wenn
ich erhöht sein werde, werde ich alles an mich ziehen" (Joh. 12, 32) oder derselbe: capite
ille minuitur dum occiditur, hic vero attolitur in cruce107).

Man kann auch ganz gut Johannes als Vertreter des Alten Bundes nehmen mit
St. Augustin, der sagt: „Johannes war ein Bild des Alten Testamentes und trug in
sich die Form deö Gesetzes, und darum hat Johannes den Erlöser vorherverkündet, wie
das Gesetz der Gnade vorausging"100), und mit Ambrosius läßt sich demgentäß erklären:

1C2) Cyrillus bei Corn. a Lapidc in Joann. I, 30.

Maldonatus in Joann. c. 3.

"") Augustinus, tract 14 in Joann.

los) GrcgoriuS, hom. 20, in Evg. JoanuiS, bei Maldonatus in Joann. 3, 30.

,GG) Augustinus, serm. 10 in novis senil. 29. August. Brevier.

107) Augustinus, senno 21.

108) Augustinus, sermo 20 de sunclis (24. Juni).

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